Verfahrensgang
AG Münster (Aktenzeichen 33 M 289/11) |
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden den Gläubigern zu je 1/2 Anteil auferlegt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Wert für das Beschwerdeverfahren: 1.745,76 Euro
Gründe
Mit Beschluss des Amtsgerichts vom 27.11.2007 in dem Verfahren 85 IK 111/07 wurde über das Vermögen des Schuldners das Insolvenzverfahren eröffnet. Mit Beschluss vom 30.11.2010 wurde das Insolvenzverfahren aufgehoben. Der Schuldner ist seitdem in der Wohlverhaltensphase, die sechs Jahre ab Insolvenzeröffnung dauert. Die Gläubiger betreiben nunmehr gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung aus den vollstreckbaren Ausfertigungen aus der Insolvenztabelle lfd. Nr. 4-6 wegen Ansprüchen aus unerlaubter Handlung.
Auf Antrag der Gläubiger erließ das Amtsgericht am 26.01.2011 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, mit dem Ansprüche des Schuldners gegen die Drittschuldnerin, soweit sie nicht an den Treuhänder abgetreten sind, gepfändet wurden. Gemäß § 850f Abs. 2 ZPO wurde der monatliche pfandfreie Betrag auf 700,00 Euro festgesetzt.
Die Zustellung war zunächst versehentlich unterblieben. Mit Schreiben vom 24.02.2011 teilte der Rechtspfleger beim Amtsgericht den Gläubigern mit, dass nicht beabsichtigt sei, diese nachzuholen. Nach nochmaliger Prüfung sei festzustellen, dass das Vollstreckungshindernis gemäß § 294 Abs. 1 InsO vorliege. Der Schuldner sei in der Wohlverhaltensphase. Auch wenn der Insolvenzgläubiger in den Vorrechtsbereich pfänden wolle, der nicht von der Abtretungserklärung gemäß § 287 Abs. 2 InsO erfasst werde, finde § 294 Abs. 1 InsO dennoch Anwendung. Die Bearbeitung wurde im März von einem anderen Rechtspfleger übernommen, der die Auffassung seines Vorgängers nicht teilte und die Zustellung veranlasste.
Mit Schriftsatz vom 31.03.2011 hat der Schuldner Erinnerung gegen den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss eingelegt und sich insoweit auf das Vollstreckungsverbot gem. § 294 InsO bezogen.
Der Rechtspfleger hat der Erinnerung nicht abgeholfen und die Akten der zuständigen Richterin am Amtsgericht vorgelegt. Diese hat mit dem angefochtenen Beschluss vom 05.05.2011 den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 26.01.2011 aufgehoben und den Antrag der Gläubiger vom 20.01.2011 zurückgewiesen. Selbst nach § 89 Abs. 2 InsO sei eine Vollstreckung in den Sonderbetrag nur für Neugläubiger möglich, die Gläubigerin sei jedoch Insolvenzgläubigerin. Im Rahmen des § 294 InsO gelte nichts anderes.
Hiergegen wenden sich die Gläubiger mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 16.05.2011. Die Pfändung sei ausdrücklich auf den Sonderbetrag gem. §850f Abs. 2 ZPO beschränkt worden. Die Abtretung der pfändbaren Bezüge an den Treuhänder gem. § 287 InsO werde dadurch nicht berührt und damit andere Insolvenzgläubiger nicht benachteiligt. Es sei nicht hinnehmbar, dass der Schuldner während der Wohlverhaltensphase die gem. § 850f Abs. 2 ZPO für den Deliktsgläubiger pfändbaren Beträge behalten dürfe. Dies sei ein Wertungswiderspruch zu § 302 Nr. 1 InsO, wonach die Deliktsforderungen nicht unter die Restschuldbefreiung fallen würden.
Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.
Die Gläubiger haben im Beschwerdeverfahren weiter vorgetragen, sie seien zusätzlich Absonderungsberechtigte aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses des Amtsgerichts Münster vom 27.07.2007, Az. 22 M 2094/07, der dem Arbeitgeber des Schuldners bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens zugestellt worden sei. Ferner haben die Gläubiger beantragt, das Beschwerdeverfahren auszusetzen, weil sie im Restschuldbefreiungsverfahren die vorzeitige Versagung der Restschuldbefreiung beantragt hätten und dieses Verfahren vorgreiflich sei. Ferner sei § 294 InsO verfassungswidrig. Die Gläubiger haben Fristverlängerung von drei Wochen nach rechtskräftiger Entscheidung über den Versagungsantrag bezüglich der Restschuldbefreiung beantragt, um zu der Frage der Verfassungswidrigkeit weiter vorzutragen.
Der Schuldner hat beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Während der Dauer der Wohlverhaltensphase sei der Deliktsgläubiger nach dem Gesetz gerade nicht privilegiert.
Die Akten des Amtsgerichts Münster 85 IK 111/07 lagen der Kammer bei der Entscheidung vor.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig aber unbegründet.
Zu Recht hat das Amtsgericht den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 26.01.2011 aufgehoben und den Antrag der Gläubiger vom 20.01.2011 zurückgewiesen. Die Pfändung war und ist unzulässig, da das Vollstreckungsverbot des § 294 Abs. 1 InsO entgegen steht. Dieses Vollstreckungsverbot gilt für Insolvenzgläubiger, also auch für die hiesigen Gläubiger, uneingeschränkt. Der Gesetzeswortlaut sieht keine Ausnahme vor, nicht einmal die des § 89 Abs. 2 Satz 2 InsO, die allerdings auch nur für Neugläubiger gilt - was die hiesigen Gläubiger nicht sind.
Die Auffassung der Beschwerdeführer, dass § 294 InsO teleologisch zu reduzieren sei, fi...