Entscheidungsstichwort (Thema)

Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz. Beschwerde gegen Durchsuchungsbeschluss

 

Verfahrensgang

AG Prenzlau (Beschluss vom 31.05.2002; Aktenzeichen 20 Gs 132/02)

StA Neuruppin (Aktenzeichen 358 Js 11767/02)

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 15.12.2004; Aktenzeichen 2 BvR 1873/04)

 

Tenor

Die Beschwerde des Beschuldigten gegen denDurchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Prenzlau vom31.05.2002 wird als unbegründet verworfen.

 

Tatbestand

I.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht die Durchsuchung der Wohn-, Geschäfts- und Nebenräume des Beschuldigten, seiner Person und der ihm gehörenden Sachen einschließlich der ihm gehörenden Kraftfahrzeuge nach §§ 102, 105 StPO und zugleich die Beschlagnahme der aufgefunden Beweismittel nach §§ 94, 98, 100 StPO angeordnet. Dabei hat es in den Gründen ausgeführt, der Beschuldigte sei verdächtig, im August 2001 von dem gesondert verfolgten Ronny Brast unerlaubt Betäubungsmittel erworben zu haben, Vergehen nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG. Das Amtsgericht hat weiter ausgeführt, der Verdacht gegen den Beschuldigten ergebe sich aus den Ergebnissen der im Verfahren 738 Js 20173/01 der Staatsanwaltschaft Neubrandenburg durchgeführten Telefonüberwachung. Es sei zu vermuten, dass die Durchsuchung zum Auffinden nachfolgender Beweismittel führen werde: Betäubungsmittel, BtM-Werkzeuge, Aufzeichnungen zum Kauf und Verkauf von BtM, Handy.

Gegen diesen Durchsuchungsbeschluss wendet sich der Beschuldigte im Wege der Beschwerde mit der er geltend macht, ein Durchsuchungsbeschluss habe nicht ergehen dürfen, weil die Ermittlungsergebnisse, auf die der Durchsuchungsbeschluss Bezug nehme, im Zeitpunkt seines Erlasses bereits älter gewesen seien als sechs Monate. Zur Untermauerung dieser Rechtsauffassung bezieht er sich auf den veröffentlichten Leitsatz einer Entscheidung des Landgerichts Berlin vom 24.09.2002, 508 Qs 115/02 (StV 2003, 68–69).

 

Entscheidungsgründe

II.

Die – trotz Abschlusses der Durchsuchungsmaßnahme im Hinblick auf die Notwendigkeit einer gerichtlichen Überprüfbarkeit des damit verbundenen Grundrechtseingriffs zulässige – Beschwerde ist unbegründet. Insbesondere erfüllt der angegriffene Beschluss, soweit in ihm die Durchsuchung angeordnet wird, die Anforderungen, die an die Bestimmtheit einer solchen richterlichen Entscheidung im Hinblick auf die Bezeichnung des Tatvorwurfs, die Begründung des Tatverdachtes und die Bezeichnung der zu suchenden Beweismittel zu stellen sind.

Dem Argument, ein Durchsuchungsbeschluss habe schon deshalb nicht ergehen dürfen, weil die Verdachtsmomente, die zu seiner Beantragung führten, bei seinem Erlass bereits älter waren als sechs Monate, ist nicht zu folgen.

Zu der hierzu vom Beschuldigten zitierten Entscheidung des Landgerichts Berlin vom 24.09.2002 liegt inzwischen eine ablehnende Besprechung vor (Heghmanns, NStZ 2004, 102–103), deren Ergebnis die Kammer folgt:

Das Landgericht Berlin musste seinerzeit den ihm vorgelegten Durchsuchungsantrag der Staatsanwaltschaft schon deshalb zurückzuweisen, weil es als Beschwerdegericht nach bindender Aufhebung eines vom Amtsgericht Tiergarten im Dezember 2000 erlassenen und vom Landgericht Berlin zunächst im August 2001 bestätigten Durchsuchungsbeschluss durch das Bundesverfassungsgericht – welche wegen unzureichender Tatbezeichnung und Verhältnismäßigkeitsprüfung erfolgt war – mangels Vorliegens einer im Beschwerdeweg überprüfbaren Entscheidung für eine Sachentscheidung nicht mehr funktionell zuständig war. Die in dem vom Beschuldigten zitierten Leitsatz hervorgehobenen Gedanken finden sich denn auch nur in einem obiter dictum, welches offenbar an die Adresse des nachfolgend wieder zuständigen Amtsgerichts gerichtet war. Soweit damit eine über die gegebene Entscheidungssituation hinaus geltende allgemeine Leitlinie für die Zukunft geschaffen werden sollte, ist dem nachdrücklich zu widersprechen.

Dabei muss dahingestellt bleiben, ob in dem konkreten in Berlin zu entscheidenden Fall angesichts der Verdachtslage ein Durchsuchungsbeschluss unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit noch hätte ergehen dürfen, nachdem seit Verfahrenseinleitung mehrere Jahre verstrichen waren. Ungeachtet dessen ist es aber schlicht sachwidrig, Durchsuchungsbeschlüsse ohne Vorliegen weiterer Versagungsgründe allein wegen des Zeitablaufs seit der Antragsstellung durch die Staatsanwaltschaft oder gar seit dem Bekanntwerden der für die Antragstellung relevanten Verdachtsmomente bei der Staatsanwaltschaft zu verweigern.

Die zur Begründung vorgenommene Anlehnung an die Sechsmonatsfrist für die Vollziehung einer Durchsuchungsanordnung, die das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 27.05.1997 (BVerfGE 96, 44) gesetzt hat, verkennt die grundlegenden Unterschiede beider Verfahrenssituationen. Denn die für die Verfassungsrechtsprechung maßgebenden Erwägungen, wonach die richterliche Autorisierung einer Durchsuchung materiell verloren gehe, wenn sich die der Entscheidung zu Grunde liegende Verdachtslage ändere...

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