Verfahrensgang
AG Oranienburg (Entscheidung vom 06.09.2011; Aktenzeichen 14 Ds 536/09) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Oranienburg vom 06.09.2011 wird als unbegründet verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beschwerdeführer.
Der Beschwerdewert wird auf 229,80 Euro festgesetzt.
Gründe
Das Amtsgericht hat mit zutreffender Begründung die von dem Verteidiger angesetzten Wahlverteidigergebühren als unverbindlich angesehen und jeweils auf angemessene Werte herabgesetzt. Das hiergegen gerichtete Beschwerdevorbringen hat keinen Erfolg.
Die Gebührenfestsetzung des Verteidigers war im vorliegenden Fall unverbindlich, weil die auch nach Auffassung der Kammer angemessene Gebühr um deutlich mehr als 20 % - nämlich um rund 35 % - überschritten und die Festsetzung damit unbillig war. Zutreffend ist zwar, dass der Rechtsanwalt bei der Gebührenbestimmung einen gewissen Ermessensspielraum hat, der auch unangreifbar sein soll, da eine exakt bezifferbare Gebührenbestimmung in Anbetracht der recht weiten Gebührenrahmen ohnehin nicht möglich ist. Eine Überschreitung der nach Auffassung des Kostenfestsetzungsbeamten angemessenen Gebühr um bis zu 20 % soll noch geduldet werden. Sollte diese Toleranzschwelle - wie hier - allerdings überschritten sein, setzt der Kostenfestsetzungsbeamte sein Ermessen an die Stelle desjenigen des Verteidigers und bestimmt unter Berücksichtigung aller in § 14 RVG genannten Kriterien die Gebühr selbst, jedenfalls soweit sie dem Antragsteller von der Staatskasse zu erstatten ist. Dabei ist dem Kostenbeamten ebenso ein Ermessensspielraum gegeben wie vorher dem Verteidiger.
Die von dem Kostenbeamten vorgenommene Bestimmung der Gebühr ist nicht zu beanstanden. Bei der Festsetzung der Gebühren ist stets das Spektrum der Fälle im Auge zu behalten, welches durch die Gebühr abgedeckt wird. Bei den für das Berufungsverfahren geschaffenen Gebühren ist zu beachten, dass diese Gebühren für sämtliche Berufungsverfahren gelten, mithin für die Berufung in einem Verfahren wegen eines Bagatelldeliktes bis hin zu der Berufung in einem Strafverfahren, welches am Amtsgericht vor dem Schöffen-, Jugendschöffen oder sogar erweiterten Schöffengericht verhandelt worden ist und bei dem als Rechtsfolge eine Freiheitsstrafe von bis zu vier Jahren im Raum stand. Entsprechendes gilt für die Schwierigkeit der Sachlage und den Umfang der anwaltlichen Tätigkeit.
Vor diesem Hintergrund kann nur festgestellt werden, dass der vorliegende Fall in jeder Hinsicht deutlich unter dem Durchschnitt lag. Die Berufung der Staatsanwaltschaft war auf die Rechtsfolgen beschränkt. Die Berufungsbegründung erschöpfte sich - nach einer Zusammenfassung der Strafzumessungserwägungen des Gerichts - in der Behauptung, die strafmildernden Umstände seien bei der Strafzumessung zu stark, die Vorstrafen des Beschwerdeführers nicht hinreichend berücksichtigt worden und es sei hier die Verhängung einer angemessenen Freiheitsstrafe, deren Vollstreckung allerdings zur Bewährung ausgesetzt werden könne, erforderlich. Der Umfang des Berufungsverfahrens war daher gering, eine umfangreiche Tätigkeit des Verteidigers ist nicht ersichtlich. Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit war deutlich unterdurchschnittlich. Auch die Bedeutung der Angelegenheit für den Beschwerdeführer kann nur als - wenn auch nur leicht - unterdurchschnittlich eingeschätzt werden, da selbst im Falle eines Erfolges der Berufung, nicht mit der Verhängung einer längeren Freiheitsstrafe zu rechnen gewesen wäre.
Auch aus dem Umstand, dass in der Berufungsverhandlung die Staatsanwaltschaft durch den Oberstaatsanwalt XXXXXX vertreten wurde, folgt nicht, dass die Staatsanwaltschaft dem Fall eine besondere Bedeutung beigemessen hat. Die Sitzungsvertretung in Berufungssachen wird am hiesigen Landgericht regelmäßig durch die Oberstaatsanwälte wahrgenommen, unabhängig von der Schwierigkeit und Bedeutung der Sache. Schließlich sind auch die Einkommensverhältnisse des Beschwerdeführers, der Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem Sozialgesetzbuch II bezieht, als deutlich unterdurchschnittlich einzustufen. Hinsichtlich der Terminsgebühr ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass die Hauptverhandlung insgesamt nur eine Stunde und 34 Minuten gedauert hat und hiervon 30 Minuten auf eine Unterbrechung zur Urteilsberatung entfielen. Unter Berücksichtigung dieser in die Abwägung einzubeziehenden Kriterien, ist die Festsetzung des Rechtspflegers nicht zu beanstanden.
Soweit der Verfahrensbevollmächtigte einwendet, dass die festgesetzten Gebühren noch unterhalb derjenigen für den bestellten Pflichtverteidiger liegen, ist dies unerheblich. Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass die Pflichtverteidigergebühren die untere Grenze darstellten, dann hätte er den Rahmen für die Wahlverteidigergebühren mit ihren jeweiligen Tiefstwerten nicht noch niedriger gesetzt. Es soll demnach Fälle geben, in denen der bestellte Verteidiger eine höhere Vergütung erhält, als der W...