Leitsatz (amtlich)
1. Die Kostenentscheidung des Gerichtes der ersten Instanz kann im Rahmen eines Beschlusses nach § 522 Abs. 2 ZPO korrigiert werden, nachdem eine Kostenentscheidung gem. § 308 Abs. 2 ZPO von Amts wegen getroffen werden muss.
2. Musste lediglich für einen von mehreren Klageanträgen ein Sachverständigengutachten eingeholt werden und ist der Kläger diesbezüglich unterlegen, obsiegt aber in den anderen Klageanträgen, so können die Kosten für das Sachverständigengutachten als ausscheidbare Kosten gem. § 96 ZPO analog dem Kläger auferlegt werden.
Verfahrensgang
AG Nürnberg (Entscheidung vom 14.04.2010; Aktenzeichen 30 C 40085/08) |
Tenor
Die Kammer beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Nürnberg vom 14.04.2010, Az. 30 C 40085/08, durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, jedoch mit der Maßgabe, dass die Kostenentscheidung des Urteils des Amtsgerichts neu gefasst wird wie folgt:
Die Kosten des eingeholten Sachverständigengutachtens hat der Kläger alleine zu tragen. Von den übrigen Kosten erster Instanz hat der Kläger 1/3, der Beklagte 2/3 zu tragen.
Gründe
1.
Das Rechtsmittel hat in der Hauptsacheentscheidung keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts.
Es wird zunächst auf die zutreffende Entscheidung des Amtsgerichts Bezug genommen. Lediglich ergänzend ist folgende Stellungnahme veranlasst:
...
2.
Das Berufungsgericht neigt jedoch dazu, die Kostenentscheidung derart abzuändern, dass die Kosten für das Sachverständigengutachten gem. § 96 ZPO analog dem Kläger auferlegt werden.
2.1
Die Kostenentscheidung des Gerichtes der ersten Instanz kann im Rahmen eines Beschlusses nach § 522 Abs. 2 ZPO korrigiert werden, nachdem eine Kostenentscheidung gem. § 308 Abs. 2 ZPO von Amts wegen getroffen werden muss (vgl. LG München I, ZWE 2009, 455 f.; LG Kaiserslautern, Beschluss vom 16.10.2007, Az.: 1 S 82/07, zit. nach [...]; für die entsprechende Behandlung im früheren Revisionsannahmeverfahren: BGH, NJW-RR 1995, 1211; NJW-RR 2001, 642).
2.2
Die Kammer beabsichtigt, § 96 ZPO anzuwenden.
Dieser ist vorliegend zwar nicht direkt anwendbar, weil der Kläger mit seinem Klagantrag zu 3., auf den sich die Einholung des Sachverständigengutachtens bezogen hat, unterlegen ist.
Sein Rechtsgedanke, dass eine Partei nicht mit Kosten belastet werden soll, die ausschließlich der Gegner verursacht hat, ist jedoch auch vorliegend anwendbar (vgl. Matthies, Zur Anwendung des § 96 ZPO bei Punktesachen, JR 1993, 181; AG Hamburg, Urteil vom 14.08.2006, Az.: 644 C 689/04 - zitiert nach [...]). Er ist Ausdruck des Sparsamkeitsgrundsatzes und der Kostengerechtigkeit (vgl. Musielak/ Wolst , 6. Aufl. 2008, § 96 Rn. 1).
Hätte der Kläger seine drei Anträge in drei separaten Klagen gestellt, hätte er die Kosten für das Sachverständigengutachten hinsichtlich des Antrags, hinsichtlich dem er unterlegen ist, ebenso tragen müssen. Es erscheint daher unbillig und lediglich dem Zufall geschuldet, dass vorliegend wegen der Klagehäufung der Beklagte Kosten eines Sachverständigengutachtens tragen soll, dessen Ergebnis war, dass der Beklagte rechtmäßig gehandelt hat.
Entsprechend hat der Bundesgerichtshof § 96 ZPO dann für analog anwendbar erklärt, wenn in einem selbständigen Beweisverfahren mehrere Streitgegenstände anhängig gemacht worden sind, in einem späteren Hauptsacheverfahren jedoch nur diejenigen Teile klagweise geltend gemacht wurden, die nach dem Ergebnis aus dem selbstständigen Beweisverfahren begründet waren; in einem solchen Fall sind die Kosten aus dem selbstständigen Beweisverfahren dem Kläger anteilig aufzuerlegen (hierzu BGH, NJW-RR 2000, 1240).
Vor diesem Hintergrund ist ohne Belang, dass den Kläger kein Verschulden an der Erfolglosigkeit des Angriffsmittels trifft (vgl. Musielak/Wolst, 6. Aufl. 2008, § 96 Rn. 3).
Stellungnahmefrist: 30.08.2010
Fundstellen