Tenor
1. Der Beklagte wird verurteilt, von dem Grundstück G1 in O. ausgehende Geräuscheinwirkungen auf das Grundstück G2 des Klägers in O. zu unterlassen, die in der Nachtzeit (0-6 Uhr sowie 22-24 Uhr) 40 dB(A) überschreiten.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits einschließlich denen des selbstständigen Beweisverfahrens (AG Offenburg – Az. 4 H 3/18) haben der Kläger 3/4, der Beklagte 1/4 zu tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger unter Ziffer 1.) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 11.000,00 EUR, im Übrigen sowie für den Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages.
Der Streitwert wird auf 20.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Unterlassungsansprüche wegen Lärmbelästigung.
Der Kläger ist Eigentümer des Anwesens G1 in O. Dieses liegt in einem allgemeinen Wohngebiet i.S.v. § 4 BauNVO. In unmittelbarer Nachbarschaft des vorgenannten Anwesens liegt auf dem Grundstück G2 die Gaststätte, deren Betreiber der Beklagte ist.
Die Gaststätte des Beklagten wird auch für besondere Events genutzt, u.a. Hochzeits- und Geburtstagsfeiern sowie sonstige Partys.
Der Kläger leitete im Jahr 2018 ein selbstständiges Beweisverfahren beim Amtsgericht Offenburg (Az. 4 H 3/18) zur Bestimmung der von der Gaststätte des Beklagten in der Nachtzeit ausgehenden Lärmimmissionen auf sein Grundstück ein.
Der Kläger behauptet, dass der Beklagte die Betriebsart seiner Gaststätte als Schankwirtschaft in eine Gaststätte mit Musikdarbietungen geändert habe. Hierdurch würden Störungen für das Grundstück des Klägers bis spät in die Nacht und den frühen Morgen durch Lärm verursacht, was nicht durch die gaststättenrechtliche Erlaubnis der Stadt O. abgedeckt sei.
Der Kläger ist der Ansicht, dass er deshalb vom Beklagten Unterlassung des Betreibens einer Gaststätte mit Musikdarbietungen verlangen könne. Die erteilte Gaststättenkonzession habe keinen Einfluss auf seine zivilrechtlichen Abwehransprüche.
Der Kläger hat seine Klage mit Schriftsatz vom 12.02.2021 um einen Hilfsantrag erweitert.
Der Kläger beantragt zuletzt,
1.) Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, zu unterlassen, eine Gaststätte mit Musikdarbietungen auf dem Grundstück G2, O. zu betreiben.
2.) Hilfsweise: Der Beklagte wird verpflichtet, solche Einwirkungen durch Geräusche zu unterlassen, durch welche die Benutzung des Grundstücks des Klägers wesentlich beeinträchtigt wird, insbesondere Lärmemissionen durch den Betrieb der Gaststätte mit Musikdarbietungen, die zu Immissionsrichtwerten tags von über 55 dB (A) und nachts von über 40 dB (A) am Haus des Klägers führen, zu unterlassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte behauptet, dass es in der Gaststätte nicht mehr als die 12 von der Stadt O. genehmigten Tanz- oder Musikveranstaltungen im Jahr geben würde. Er habe längst Maßnahmen ergriffen, um Lärmbeeinträchtigungen zu vermeiden.
Der Beklagte ist der Ansicht, dass die Klage abzuweisen sei, da der Kläger gegen die ihm erteilte Gaststättenkonzession auf dem Verwaltungsrechtsweg hätte vorgehen müssen. Im Übrigen fehle es an der Wiederholungsgefahr.
Hinsichtlich des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst dazugehöriger Anlagen verwiesen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Beiziehung der Akte des Amtsgerichts Offenburg mit dem Az. 4 H 3/18. Auf den Inhalt der beigezogenen Akte sowie auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 07.04.2021 wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Klage ist im Hauptantrag unzulässig.
Eine Unterlassungsklage muss die beanstandete Handlung so konkret wie möglich beschreiben, damit Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts klar umrissen sind, der Beklagte sich erschöpfend verteidigen kann und in der Vollstreckung Klarheit über den Verbotsinhalt besteht (Saenger/ders., ZPO, 8. Aufl. 2019, § 253 Rn. 19; Zöller/Greger, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 253 Rn. 13b).
Diesen Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO wird die Klage auf Unterlassung des Betriebs einer „Gaststätte mit Musikdarbietungen” – worauf in der mündlichen Verhandlung hingewiesen wurde – nicht gerecht, da es sich hierbei um keinen eindeutig definierten Fachbegriff handelt, sodass in der Vollstreckung Unklarheit über den Verbotsinhalt bestünde.
Auch aus der klägerseits vorgebrachten Fundstelle aus dem Beck'schen Prozessformularbuch ergibt sich nichts Abweichendes (vgl. den Musterantrag von Elzer in: Mes, Beck'sches Prozessformularbuch, 14. Aufl. 2019, Stand: 04.03.2018, 5. Klage eines Wohnungseigentümers auf Unterlassung).
Die großzügigere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für Geruchsimmissionen gilt für Geräuschimmissionen gerade nicht (BGH, Urteil vom 30.10.1998 – ...