Verfahrensgang
AG Osnabrück (Entscheidung vom 21.05.2010; Aktenzeichen 80 XVII 131/04) |
Nachgehend
Tenor
1.)
Die Beschwerde des Betreuers XXX vom 21.06.2010 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Osnabrück vom 21.05.2010 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
2.)
Der Beschwerdewert beträgt bis zu 2.000,00 EUR.
3.)
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Amtsgericht die dem Beschwerdeführer als Berufsbetreuer aus der Landeskasse zu erstattende Vergütung für die Zeit vom 01.12.2007 bis 28.02.2010 auf 2.376,00 EUR festgesetzt und den weitergehenden Vergütungsantrag des Beschwerdeführers zurückgewiesen. Die hiergegen eingelegte Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
Das Amtsgericht hat die Betreuervergütung ordnungsgemäß nach § 5 VBVG festgesetzt. Die Vergütung des Beschwerdeführers war so festzusetzen wie bei Betroffenen, welche ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem Heim haben. Zwar befindet sich der Betroffene nicht in einem Heim, sein Aufenthalt in der Justizvollzugsanstalt im Rahmen seiner Strafhaft ist jedoch einem Heimaufenthalt gleichzustellen.
Die Justizvollzugsanstalt erfüllt die von § 5 III VBVG aufgestellten Voraussetzungen für den Heimbegriff (OLG München FamRZ 2006, 1562, OLG Hamm FamRZ 2007, 501). Heime nach § 5 VBVG sind Einrichtungen, welche dem Zweck dienen Volljährige aufzunehmen, ihnen Wohnraum zu überlassen, sowie tatsächliche Betreuung und Verpflegung zur Verfügung stellen oder vorzuhalten und die in ihrem Bestand von Wechsel und Zahl der Bewohner unabhängig sind und entgeltlich betrieben werden. In der Justizvollzugsanstalt findet tatsächliche Betreuung statt. Der Betrieb ist gemäß § 50 StVollZG nicht kostenlos. Der Betroffene hat in der Justizvollzugsanstalt auch seinen gewöhnlichen Aufenthalt. Er hatte im Abrechnungszeitraum dort seinen Lebensmittelpunkt.
Für die Begründung des gewöhnlichen Aufenthalts reicht es aus, wenn sich aus den Umständen ergibt, dass der Aufenthalt an diesem Ort auf eine längere Zeitdauer angelegt ist und der neue Aufenthaltsort künftig neuer Daseinsmittelpunkt sein soll (BGH, FamRZ 1981, 135 m.w.N.) Auf den Willen des Betroffenen, einen gewöhnlichen Aufenthalt zu begründen, kommt es dabei nicht an. Es ist entscheidend, ob der Betroffene in der Justizvollzugsanstalt von Beginn der Haft an seinen Daseinsmittelpunkt hatte. Das hängt nach der Rechtssprechung davon ab, ob eine Entlassung des Betroffenen aus der Haft absehbar war und ob außerhalb der Justizvollzugsanstalt noch eine Rückkehrmöglichkeit nach der Haft weiter bestanden hat (OLG München FamRZ 2006, 1562, OLG Hamm FamRZ 2007, OLG Oldenburg, Beschluss vom 20.06.2006, 5 W 72/06). Dem vermag die Kammer jedoch im vorliegenden Fall nicht zu folgen.
Der Betroffene wird voraussichtlich am 29.01.2011 aus der Haft entlassen. Er hat weiterhin eine Wohnung in Osnabrück angemietet, in welche er beabsichtigt, nach dem Haftende zurückzukehren und in welcher er bisherige Hafturlaube verbracht hat. Diese Umstände führen nach Ansicht der Kammer aber nicht dazu, dass der Betroffene im Abrechnungszeitraum in der Justizvollzugsanstalt keinen gewöhnlichen Aufenthalt begründet hätte. Bei der zu verbüßenden Haftstrafe handelt es sich um eine zeitlich über eine Untersuchungshaft hinausgehende Maßnahme. Der Betroffene hält sich während der Strafhaft dauerhaft in der Justizvollzugsanstalt auf. Etwaige zeitlich begrenzte Hafturlaube ändern hieran nichts. Nach den äußeren Umständen hat der Betroffene daher in der Justizvollzugsanstalt auch seinen Lebensmittelpunkt. Die bloße Anmietung einer Wohnung außerhalb der Justizvollzugsanstalt und eine etwaige Rückkehrmöglichkeit nach Haftende haben hierauf keinen Einfluss. Mangels gegenteiligen Vortrags des Beschwerdeführers geht die Kammer auch davon aus, dass es sich bei dem Betroffenen nicht um einen Freigänger gehandelt hat.
Diese Auslegung entspricht auch dem Sinn und Zweck des § 5 VBVG. Hiernach sind Betreuungen weniger Zeitaufwendig, wenn sich die Betroffenen in einem Heim befinden, weil dort regelmäßig umfangreiche Betreuungsmöglichkeiten bestehen und weniger Regelungsbedarf vorherrscht. So verhält es sich auch in der Justizvollzugsanstalt im Rahmen der Strafhaft. Der Betroffene wird umfassend in seinen Angelegenheiten betreut. Der Zeitaufwand des Betreuers ist regelmäßig geringer.
Die Rechtsbeschwerde war gemäß § 70 FamFG zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 131 KostO.
Fundstellen
Haufe-Index 4021426 |
JurBüro 2011, 545 |