Leitsatz (amtlich)

Eine separate Kostenausgleichsvereinbarung hinsichtlich der Abschluss- und Vertriebskosten einer Versicherung, die die vollständige Zahlung der vereinbarten Kosten auch für den Fall der vorzeitigen Kündigung vorsieht, stellt ein Umgehungsgeschäft zu § 169 Abs. 5 Satz 2 VVG dar und ist nichtig (§ 134 BGB).

 

Tenor

  • 1.

    Die Klage wird abgewiesen

  • 2.

    Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

  • 3.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des auf Grund des Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Zahlung ausstehender Raten für eine Kostenausgleichsvereinbarung.

Unter Vermittlung der ... schlossen die Parteien am 17. März 2009 zeitgleich einen fondsgebundenen Rentenversicherungsvertrag sowie eine separate Kostenausgleichs-vereinbarung bezüglich der Abschluss- und Einrichtungskosten der Versicherung in Höhe von insgesamt 8.452,50 EUR ab. Dieser Betrag war vertragsgemäß in 48 monatlichen Raten zu zahlen, in dieser Zeit war eine verminderte Beitragszahlung auf die Versicherung vereinbart. Mit seiner Unterschrift bestätigte der Beklagte den vollständigen Erhalt aller erforderlichen Unterlagen bezüglich beider Verträge, auch bestätigte er mit seiner Unterschrift Kenntnisnahme der entsprechenden Widerrufsbelehrungen. Vereinbarter Versicherungsbeginn war der 01.05.2009. Der Antrag auf Abschluss des Versicherungsvertrages wie der Antrag auf Abschluss der Kostenausgleichsvereinbarung waren in einem einheitlichen Formblatt enthalten. In diesem Formblatt wurde auf die Abstraktheit beider Verträge hingewiesen sowie darauf, dass die Auflösung des Versicherungsvertrags grundsätzlich nicht zur Beendigung der unkündbaren Kostenausgleichsvereinbarung führe.

Der Beklagte zahlte für die Monate Mai, Juni und Juli vertragsgemäße Raten auf Versicherung und Kostenausgleichsvereinbarung, ab dem 01.08.2009 leistete er keine Raten mehr.

Mit Schreiben vom 29.03.2010 erklärte der Beklagte den Widerruf, hilfsweise die Kündigung der fondsgebundenen Rentenversicherung nebst Kostenausgleichsvereinbarung. Ferner erklärte er mit Schriftsatz vom 17.05.2010 die Anfechtung sowohl des Versicherungsvertrages als auch der Kostenausgleichsvereinbarung und hilfsweise die Aufrechung mit Schadensersatzansprüchen aus Prospekthaftung in Höhe des klagweise geltend gemachten Anspruchs.

Mit ihrer Klageforderung macht die Klägerin im Wesentlichen die ausstehenden Raten für den vereinbarten Kostenausgleich in Höhe des abgezinsten Barwertes geltend, weil der Beklagte sich seit dem 21.01.2010 mit dem vollständig fällig gewordenen Betrag in Verzug befinde.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 7.050,88 å nebst 13% Zinsen p.a. hieraus seit dem 21.01.2010, 10,- å Mahnkosten und 530,- å Inkassokosten zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze und das Protokoll der mündlichen Verhandlung wird Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Klägerin ist kein vertraglicher Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten ausstehenden Raten zuzuerkennen. Die zu Grunde liegende Kostenausgleichsvereinbarung ist als Umgehungsgeschäft zu § 169 Abs. 5 S. 2 VVG nichtig gemäß § 134 BGB.

Nach den genannten Vorschriften ist ein Rechtsgeschäft nichtig, das den Abzug noch nicht getilgter Abschluss- und Vertriebskosten vom Rückkaufswert einer Versicherung vorsieht.

Die vorliegend gewählte Art der Vertragsgestaltung, das heißt die Vereinbarung über die separate Zahlung der Abschluss- und Vertriebskosten des Versicherungsvertrages, die trotz Beendigung des Versicherungsvertrages unabhängig von der Dauer seines Bestehens in voller Höhe vereinbarungsgemäß fällig werden, verstößt als Umgehungsgeschäft gegen den Rechtsgedanken, der § 169 Abs. 5 S. 2 VVG zu Grunde liegt.

Eine Gesetzesumgehung liegt nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung dann vor, wenn die Gestaltung eines Rechtsgeschäfts objektiv den Zweck hat, den Eintritt einer Rechtsfolge zu verhindern, die das Gesetz für derartige Geschäfte vorsieht, eine Umgehungsabsicht ist nicht erforderlich (BGHZ 110, 230, 233f. m.w.N.). Die Nichtigkeit eines Umgehungsgeschäftes zu einer Verbotsnorm ergibt sich bereits im Wege der Auslegung aus der umgangenen Norm (BGH, Urteil vom 15.01.1990, II ZR 164/88), auszugehen ist jeweils vom Inhalt und Zweck der maßgeblichen Vorschrift. Will diese nur einen bestimmten Weg zur Erreichung eines an sich zulässigen Erfolgs verbieten, ist das den gleichen Erfolg auf andere Weise herbeiführende Geschäft wirksam, es ist dagegen unwirksam, wenn es den verbotenen Erfolg durch Verwendung von Gestaltungsmöglichkeiten zu erreichen sucht, die scheinbar nicht von der Verbotsnorm erfasst werden (BGH, Urteil vom 13.01.1972, VII ZR 81/70). Bei der vorzunehmenden rechtlichen Be...

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