Verfahrensgang

AG Güstrow (Urteil vom 04.04.2000; Aktenzeichen 69 C 92/00)

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 19.12.2001; Aktenzeichen 1 BvR 218/01)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers und auf die Anschlussberufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Güstrow vom 04.04.2000 – Az.: 69 C 92/00 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger und an Frau …, Herrn …, Frau … und Herrn … als Gesamtgläubiger 2.426,24 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 01.08.1997 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen, die weitergehende Berufung und die weitergehende Anschlussberufung werden zurückgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens 1. Instanz tragen der Kläger und der Beklagte je 50 %. Die Kosten der Berufung trägt der Kläger. Von den Kosten der Anschlussberufung tragen der Kläger 17 % und der Beklagte 83 %.

 

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegte und gleichermaßen begründete Berufung hat lediglich hinsichtlich der Nebenentscheidung teilweise Erfolg. Die zulässige Anschlussberufung hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Rückzahlung von 2.426,24 DM gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB. Um diese Summe ist der Beklagte ungerechtfertigt bereichert. Weder aus dem anwaltlichen Geschäftsbesorgungsvertrag noch aus einem anderen Rechtsgrund hat der Beklagte Anspruch auf diesen Betrag.

Von den 25.000,00 DM, die dem Beklagten „zur Begleichung der Unkosten für das Haus Kösterstraße 9” überlassen worden sind, stehen ihm mithin lediglich 22.573,76 DM zu.

Für die Beräumung und den Verkauf des streitgegenständlichen Grundstücks kann der Beklagte gemäß §§ 6, 11, 25 Abs. 2, 26, 118 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BRAGO eine Summe von 5.045,28 DM beanspruchen.

Die Abrechnung auf der Grundlage der BRAGO ist nicht zu beanstanden. Der Beklagte ist in dem hier in Rede stehenden Sachverhalt (auch) anwaltlich tätig geworden und hat nicht lediglich Verwaltungs- bzw. Maklertätigkeit ausgeführt. Auf welchem dieser Gebiete der Tätigkeitsschwerpunkt liegt, ist nicht entscheidend. Für die Anwendung der BRAGO ist es ausreichend, wenn die rechtliche Betreuung des Mandanten jedenfalls nicht ganz unwesentlich ist (Riedel/Sußbauer, BRAGO, 8. Aufl. 2000, § 1 Rn 41). Dass der Beklagte auf Wunsch der Erbengemeinschaft auch rechtsberatend tätig sein sollte, ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass seine Anwesenheit bei Abschluss des Kaufvertrages vor der Notarin Feilert erwünscht war. Welchen anderen Hintergrund als den einer möglicherweise erforderlichen Rechtsberatung der Wunsch nach Anwesenheit des Beklagten bei diesen Verhandlungen gehabt haben sollte, ist nicht erkennbar. Im übrigen spricht auch § 118 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO selbst für eine Anwendung der Vorschrift im vorliegenden Fall. Denn der dortige Gebührentatbestand betrifft gerade auch den Fall der Anwesenheit des Rechtsanwalts bei einer Verhandlung oder Besprechung. Wenn aber eine konkrete Tätigkeit bereits einem einzelnen Gebührentatbestand der BRAGO zuzuordnen ist, so kann diese Tätigkeit auch nach der BRAGO abgerechnet werden.

Etwas anderes lässt sich auch nicht aus § 1 Abs. 2 BRAGO herleiten. Den dort aufgelisteten Tätigkeiten ist gemeinsam, dass der Rechtsanwalt in diesen Fällen nicht im Auftrag einer Partei und in deren Interesse tätig wird, sondern selbständig arbeitet und nicht an Weisungen eines Auftraggebers gebunden ist. Dies trifft auf die Arbeit des Beklagten in dem hier zu entscheidenden Fall nicht zu.

Zu Recht hat der Beklagte seiner Abrechnung die Mittelgebühr zu Grunde gelegt. Dies entspricht in Bezug auf vorliegenden Fall der Billigkeit. Zwar mögen die juristischen Probleme hier einfach gelagert gewesen sein. Dem steht jedoch die große Bedeutung der Angelegenheit für die Auftraggeber gegenüber.

Dem Beklagten steht gleichfalls die sogenannte Mehrvertretungsgebühr gemäß § 6 BRAGO zu. Mit dieser Vorschrift trägt der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung, dass das Vorhandensein mehrerer Auftraggeber grundsätzlich mehr Arbeitsaufwand für den Rechtsanwalt bedeutet. Ob indessen im Einzelfall durch die Mehrzahl der Auftraggeber tatsächlich auch mehr Arbeitsaufwand entstand, ist wegen des Pauschalcharakters der Gebühr nicht zu prüfen (BGH NJW 1994, 2296).

Der Beklagte kann die Mehrvertretungsgebühr für drei weitere Auftraggeber verlangen. Denn Mitglieder der auftraggebenden Erbengemeinschaft waren neben dem Kläger die verstorbene Frau Otte sowie Günter und Lisa Schütz. Demgemäß fiel eine Mehrvertretungsgebühr von 1.233,90 DM an. Die vom Amtsgericht festgesetzte Gebühr von 822,60 DM war insoweit zu korrigieren.

Wie oben ausgeführt, hat der Beklagte auch Anspruch auf die Besprechungsgebühr gemäß § 118 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO. Seine Anwesenheit bei Abschluss eines notariellen Vertrages als Beobachter oder Berater reicht aus, um den Gebührentatbestand zu erfüllen. Es ist nicht erforderlich, dass der Rechtsanwalt bei der Verhandlung oder Besprechung das Wort ergreift (Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, BRAGO, ...

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