Entscheidungsstichwort (Thema)
Therapieunterbringung nach Sicherheitsverwahrung
Leitsatz (amtlich)
Das Therapieunterbringungsgesetz (ThUG) findet nicht nur auf die Fälle Anwendung, bei denen sich der Betroffene in Sicherungsverwahrung befindet oder befunden hat, sondern auch auf diejenigen, in denen Sicherungsverwahrung nachträglich angeordnet aber nicht vollzogen worden ist, nachdem diese Anordnung letztinstanzlich nur deshalb aufgehoben worden ist, weil das Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung zu berücksichtigen ist.
Normenkette
StGB § 66 Abs. 3 S. 1; ThUG §§ 1-3, 14 Abs. 1, § 5 Abs. 1 S. 3, § 10 Abs. 4, § 11 Abs. 1, § 19; SThUZVollzG §§ 5-9; FamFG § 23 Abs. 1, § 326 Abs. 2-3
Nachgehend
Tenor
1. Die vorläufige Unterbringung des Betroffenen in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung zur Therapieunterbringung wird für die Dauer von drei Monaten, d.h. bis zum 01.12.2011, angeordnet.
2. Die sofortige Wirksamkeit dieses Beschlusses wird angeordnet.
3. Bei der Zuführung zur Unterbringung darf die Antragstellerin – erforderlichen-falls mit Hilfe der polizeilichen Vollzugsorgane – Gewalt anwenden und die Wohnung des Betroffenen ohne dessen Einwilligung betreten.
4. Der Geschäftswert wird auf 3.000,00 Euro festgesetzt.
Tatbestand
A.
Die Antragstellerin hat mit Schreiben vom 12.07.2011 beantragt, das gerichtliche Verfahren gegen den Betroffenen mit dem Ziel seiner Therapieunterbringung einzuleiten. Sie erstrebt die Unterbringung des Betroffenen in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung sowie den Erlass einer diesbezüglichen einstweiligen Anordnung.
Der Betroffene ist seit seinem 20. Lebensjahr mehrfach wegen Tötungs- und schwerer Gewaltdelikte in Erscheinung getreten:
Durch Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 11.12.1979 (Az.: 2. – 27/70) ist der Betroffene wegen Mordes und fortgesetzter Unzucht mit einem Kind zu einer Jugendstrafe von 10 Jahren verurteilt worden, durch Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 09.05.1980 (Az.: 4 – 4/80) wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und durch Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 28.09.1989 (Az.: 1 – 2/89 SchwG) wegen vorsätzlichen Vollrausches – als Rauschdelikte hatte der Betroffene die Tatbestände der Körperverletzung, der versuchten Vergewaltigung sowie des versuchten Totschlags durch Unterlassen erfüllt – zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren und 6 Monaten; in dem letztgenannten Urteil ist zudem die Unterbringung des Betroffenen in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet worden unter Hinweis auf eine bei dem Betroffenen festzustellende Persönlichkeitsstörung und dessen Neigung zur Begehung schwerster sexuell motivierter Straftaten.
Durch Urteil des Landgerichts Trier vom 28.02.1991 (Az.: 2 Js 2399/90 / 5 KLs) ist erneut die Unterbringung des Betroffenen in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet worden, nachdem dieser in schuldunfähigem Zustand den Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung verwirklicht hatte.
Die letzte noch ausstehende (Rest-)Freiheitsstrafe des Betroffenen, die auf das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 28.09.1989 zurückging, endete am 22.06.2007. Im Anschluss daran wurde der Betroffene auf Grund eines Unterbringungsbefehls des Landgerichts Saarbrücken vom 15.06.2007 gemäß § 275 a Abs. 5 StPO a.F. einstweilen untergebracht.
Noch während der Haftzeit hatte das Landgericht Saarbrücken mit Urteil vom 04.04.2007 (Az.: 14 – AR 26/06 SchwG) nachträglich die Unterbringung des Betroffenen in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Beschluss vom 10.02.2009 (Az.: 4 StR 391/07) dieses Urteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Das Landgericht hat daraufhin mit Urteil vom 17.07.2009 (AZ.: 2 Ks 2/09) erneut die Unterbringung des Betroffenen in der Sicherungsverwahrung nachträglich angeordnet und mit Beschluss desselben Tages den Unterbringungsbefehl vom 15.06.2007 aufrechterhalten.
Auf die hiergegen von dem Betroffenen eingelegte Revision hat der BGH mit Beschluss vom 12.05.2010 (Az.: 4 StR 577/09) das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 17.07.2009 sowie den Unterbringungsbefehl des Landgerichts Saarbrücken vom 15.06.2007 aufgehoben und entschieden, dass der Betroffene in dieser Sache sofort auf freien Fuß zu setzen sei. Zur Begründung ist ausgeführt, zwar habe das Landgericht die Voraussetzungen des § 66 b Abs. 3 StGB a.F. rechtsfehlerfrei bejaht, doch sei diese Bestimmung gemäß § 2 Abs. 6 StGB i.V.m. Artikel 7 Abs. 1 S. 2 MRK nicht auf Taten anwendbar, die vor ihrem Inkrafttreten begangen worden sind.
Der Betroffene wird seit seiner Freilassung am 12.05.2010 dauerhaft durch die Polizei überwacht; zudem steht er unter Führungsaufsicht. Gegen die polizeiliche Observierung hat der Betroffene Klage vor dem Verw...