Entscheidungsstichwort (Thema)
Zeitpunkt der Erhöhung der Mindestvergütung des Treuhänders
Leitsatz (amtlich)
1. Der in den Vorschriften der InsVV zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Verordnungsgebers gebietet es, für die Erhöhung der Mindestvergütung des Treuhänders durch die Anwendung des § 14 Abs. 3 S. 2 InsVV nicht auf das Datum der Eröffnung des Insolvenzverfahrens abzustellen, sondern auf den Zeitpunkt der Bestellung des Treuhänders.
2. Der Wortlaut des § 19 Abs. 1 InsVV steht dem nicht entgegen.
Normenkette
InsO § 63 Abs. 3; InsVV § 14 Abs. 3 S. 2, § 16 Abs. 2 S. 3, § 19 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Saarbrücken (Beschluss vom 09.01.2010) |
Tenor
In Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts Saarbrücken vom 09.01.2010 werden die Vergütung und die Auslagen des Treuhänders auf insgesamt 773,50 EUR festgesetzt.
Auf die festgesetzte Vergütung sind die bereits nach § 16 Abs. 2 S. 3 InsVV bewilligten Vorschüsse in Höhe von 357,– EUR anzurechnen.
Tatbestand
A.
Das Amtsgericht Saarbrücken hat durch Beschluss vom 15.12.2003 aufgrund eines Antrages vom 24.10.2003 wegen Zahlungsunfähigkeit das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet und den Beschwerdeführer zum Insolvenzverwalter ernannt.
Durch Beschluss vom 24.01.2006 hat das Insolvenzgericht dem Schuldner die Restschuldbefreiung angekündigt und den Beschwerdeführer zum Treuhänder bestellt.
Am 09.05.2006 ist das Insolvenzverfahren mangels zu verteilender Masse ohne Schlussverteilung aufgehoben worden.
Auf den Vergütungsantrag des Treuhänders vom 22.12.2009 hat das Amtsgericht durch Beschluss vom 19.01.2010 die Vergütung und die Auslagen des Treuhänders festgesetzt auf insgesamt 476,– EUR.
Den Vergütungsantrag im Übrigen hat das Amtsgericht zurückgewiesen und ausgeführt, § 14 Abs. 3 S. 2 InsVV finde keine Anwendung, da das Verfahren am 15.12.2003 eröffnet worden sei.
Dagegen hat der Treuhänder am 26.01.2010 sofortige Beschwerde mit dem Antrag eingelegt,
seine Vergütung auf insgesamt 773,50 EUR festzusetzen.
Er macht geltend, das Verfahren zur Erteilung der Restschuldbefreiung habe am 10.05.2006 begonnen.
Außerdem beziehe sich § 19 InsVV lediglich auf Insolvenzverfahren, nicht jedoch auf Verfahren zur Erteilung der Restschuldbefreiung.
Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie der erkennenden Kammer zur Entscheidung vorgelegt.
Entscheidungsgründe
B.
I.
Die gemäß §§ 11 Abs. 1 Rechtspflegergesetz, 293 Abs. 2, 64 Abs. 3, 4 InsO, 567 ff ZPO zulässige – insbesondere auch fristgerecht eingelegte – sofortige Beschwerde des Treuhänders ist begründet und führt zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung.
II.
Da der Treuhänder die durch Abtretung eingehenden Beträge an 33 Gläubiger verteilt hat, erhöht sich seine Vergütung gem. § 14 Abs. 3 S. 2 InsVV um 250 EUR zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer von 19 %.
1. Die Vorschrift des § 14 Abs. 3 S. 2 InsVV findet entgegen der Auffassung des Amtsgerichts zugunsten des Treuhänders Anwendung. Dem steht § 19 Abs. 1 InsVV nicht entgegen, wonach auf Insolvenzverfahren, die vor dem 01.01.2004 eröffnet wurden, die Vorschriften der InsVV in der alten Fassung weiter anzuwenden sind.
Die Nichtanwendbarkeit der Übergangsvorschrift in § 19 Abs. 1 InsVV folgt aus dem mit der Änderung der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung (InsVV) bezweckten Ziel (vgl. dazu unter 2.). und sie widerspricht nicht dem Wortlaut der Norm (dazu unter 3.).
2. Maßgebend für die Auslegung der für die Lösung dieses Falles ausschlaggebenden §§ 14 Abs. 3 S. 2 und 19 Abs. 1 InsVV ist der in diesen Vorschriften zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Verordnungsgebers, so wie er sich aus ihrem Wortlaut und aus dem Sinnzusammenhang ergibt.
Dem Ziel, den im Gesetz objektivierten Willen des Verordnungsgebers zu erfassen, dienen die nebeneinander zulässigen, sich gegenseitig ergänzenden Methoden der Auslegung aus dem Wortlaut der Norm, aus ihrem Zusammenhang, aus ihrem Zweck sowie aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte (vgl. dazu BGHZ 46, 74-87, zitiert nach Juris Rn. 20-22).
Für das Verständnis der genannten Vorschriften ist deren Entstehungsgeschichte von besonderer Bedeutung.
Die Änderung der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung war eine Reaktion auf die Entscheidungen des Bundesgerichtshofes vom 15.01.2004 (ZIP 2004, 417, 424). Darin hat der BGH ausgeführt, dass die Mindestvergütung in massearmen Regelinsolvenzverfahren und in massearmen Verbraucherinsolvenzverfahren nicht auskömmlich und als unverhältnismäßiger Eingriff in die Berufsfreiheit der Verwalter verfassungswidrig sei. Nach § 63 Abs. 3 InsO habe der Verwalter einen Anspruch auf eine seiner Qualifikation und Tätigkeit angemessene Vergütung.
Daraufhin hat das Bundesjustizministerium unter anderem die InsVV um § 14 Abs. 3 S. 2 ergänzt, wonach sich die Mindestvergütung des Treuhänders je 5 Gläubiger, an die durch Abtretung eingehenden Beträge zu verteilen sind, um 50,– EUR erhöht.
Diese Änderung der InsVV ist wie folgt begründet worden (Vgl. ZIP 20...