Leitsatz (amtlich)
1. Der korrekten Bezeichnung der einzelnen Tagesordnungspunkte einer Wohnungs-Eigentümerversammlung kommt wegen der Appellfunktion der Tagesordnung eine besondere Bedeutung zu.
2. Wäre eine WEG-Verwalterin im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung gehalten gewesen, ihre Abberufung aus wichtigem Grund in die Tagesordnung einer Eigentümerversammlung aufzunehmen, hat sie diese Verpflichtung aber durch die Beschlussfassung über ihre Weiterbestellung umgangen, unterliegt dieser Wohnungseigentümer-Beschluss den für einen Abberufungsbeschluss maßgeblichen Beurteilungskriterien. In einem solchen Fall kann die Verwalterin bei dieser Beschlussfassung auf Grund des Stimmrechtsausschuss nach § 25 Abs. 5 WEG nicht die ihr von anderen Wohnungseigentümern übertragenen Stimmrechtsvollmachten ausüben.
Verfahrensgang
AG Saarbrücken (Beschluss vom 21.11.2005; Aktenzeichen 1 WEG II 74/05) |
Tenor
I. Unter entsprechender Aufhebung des Beschlusses des Amtsgerichts Saarbrücken vom 21.11.2005 wird der Beschluss zu TOP 6 der Eigentümerversammlung vom 28.04.2005 über die Weiterbestellung der Antragsgegnerin zu 2) für ungültig erklärt.
II. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
III. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens und des erstinstanzlichen Verfahrens tragen der Antragsteller zu 16 % und die Antragsgegner als Gesamtschuldner zu 84 %; die außergerichtlichen Kosten der weiteren sofortigen Beschwerde tragen die Antragsgegner als Gesamtschuldner in vollem Umfang. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten findet nicht statt.
IV. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens und der Geschäftswert erster Instanz, dieser unter entsprechender Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts Saarbrücken vom 21.11.2005, werden jeweils auf 45.724,96 Euro festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer sowie die Verwalterin der Wohnungseigentumsanlage in
In der Eigentümerversammlung vom 28.04.2005 wurde unter TOP 6 folgender Beschluss gefasst (vgl. die Niederschrift. Bl. 6 ff d. A.): „Weiterbestellung der GVI-mbH ab 01.01.2006 bis 31.12.2009 bei unverändert gleichen Kosten für 13,50 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer pro Monat und Wohneinheit.
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18 Ja-Stimmen gegen |
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13 Nein-Stimmen bei |
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3 Stimmenthaltungen |
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von zwei Eigentümern erfolgte |
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keine Abstimmung”. |
Diesen Beschluss hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 25.05.2005, bei Gericht eingegangen am 27.05.2005, angefochten.
Er ist der Meinung, der Beschluss zu TOP 6 sei sowohl aus formellen als auch aus materiellen Gründen aufzuheben.
In formeller Hinsicht sei zu berücksichtigen, dass in das Abstimmungsergebnis sechs Stimmen eingeflossen seien, die die Antragsgegnerin zu 2) in – nicht weisungsgebundener – Vollmacht abgegeben habe. Insoweit sei die Antragsgegnerin zu 2) aber von der Ausübung ihres Stimmrechts ausgeschlossen gewesen. Denn obwohl bereits vor der Versammlung vom 28.04.2005 zwei Miteigentümer die Abberufung der Antragsgegnerin zu 2) verlangt hätten, habe dies einen Tagesordnungspunkt „Abberufung der Verwaltung” nicht zur Abstimmung gestellt, vielmehr habe sie durch die Beschlussfassung über ihre Weiterbestellung eine ausdrückliche Beschlussfassung über die Abberufung aus wichtigem Grund, bezüglich derer sie nicht hätte mitabstimmen können, umgangen. Blieben die in Vollmacht abgegebenen Stimmen bei der Stimmauswertung unbeachtet, wäre der Beschluss über die Weiterbestellung nicht zustande gekommen.
Zudem sei der Beschluss über die Weiterbestellung einer Entlastung der Antragsgegnerin zu 2) gleichzutun, die dieser zuvor für das Jahr 2003 verweigert worden war. Für die Abstimmung über die Entlastung gelte ebenfalls ein Stimmrechtsausschluss.
Inhaltlich rügt der Antragsteller, dass die Weiterbestellung wegen der vorrangigen Abstimmung über die Abberufung, die auf Grund des Stimmrechtsverbots auch Erfolg gehabt hätte, nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entspreche. Als wichtige Gründe für eine Abberufung der Antragsgegnerin zu 2) nennt der Antragsteller u. a. das Fehlen einer korrigierten Abrechnung für 2003, obwohl diese angekündigt worden sei, ferner das an die Eigentümergemeinschaft gerichtete Schreiben der Antragsgegnerin zu 2) vom 12.04.2005 (Bl. 83 ff. d. A.), das Verhalten der Antragsgegnerin zu 2) in der Versammlung vom 28.04.2005, insbesondere die Beschneidung des Rede- und Fragerechts der Eigentümer, mehrfache Verstöße gegen die Vermögensinteressen der Eigentümergemeinschaft (z. b. Kündigung des Hausmeisters ohne Rücksprache bzw. Vollmacht mit der Folge einer Abfindungszahlung; Nachtragsarbeiten im Rahmen der Dachterrassensanierung ohne Beschlussfassung durch die Eigentümerversammlung; unzulängliches Mahnwesen) sowie die Weigerung, einem ehemaligen Verwaltungsbeiratsmitglied Einsicht in Belege zusammen mit einem Sachverständigen zu gewähren. Insgesamt sei das Vertrauensverhältnis zwischen Verwaltung und Eigentümergemeinschaft bzw. Beirat zerrüttet.
Der Antragsteller hat in erster Instanz beantragt,
- den Beschluss zu TOP 6 der Eigentümerversammlu...