Verfahrensgang
AG Saarbrücken (Entscheidung vom 24.11.2005; Aktenzeichen 108 M 5557/05 W) |
Tenor
1.
Auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin vom 22.12.2005 wird der Beschluss des Amtsgerichts Saarbrücken (Rechtspfleger) vom 24.11.2005 (Az.: 108 M 5557/05 W) insoweit aufgehoben, als der Antrag der Gläubigerin auf Verminderung des Pfandfreibetrages gemäß §850 f Abs. 2 ZPO zurückgewiesen wurde.
Das Amtsgericht Saarbrücken wird angewiesen, den pfandfreien Betrag unter Berücksichtigung der in dem vorliegenden Beschluss vertretenen Rechtsauffassung festzusetzen.
2.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Schuldnerin auferlegt.
3.
Der Streitwert wird auf 300,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die Gläubigerin hat den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses gegen die Schuldnerin wegen eines durch Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Saarbrücken vom 12.07.2005 (Az. 5 C 1106/04) titulierten Kostenerstattungsanspruchs beantragt und gleichzeitig beantragt, den pfandfreien Betrag der Schuldnerin aufgrund §850 f Abs. 2 ZPO auf 700,00 Euro festzusetzen.
Mit dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 12.07.2005 wurden die zunächst im Kostenfestsetzungsverfahren nicht berücksichtigten Gerichtskosten, die von der Schuldnerin an die Gläubigerin aus dem Verfahren vor dem Amtsgericht Saarbrücken 5 C 1106/04 zu erstatten waren, festgesetzt. In dem Verfahren 5 C 1106/04 hatte die Gläubigerin Klage auf Feststellung erhoben, dass die titulierten Ansprüche der Gläubigerin gegen die Schuldnerin aus dem Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Stuttgart vom 23.07.1986 (Gz.: 86-0182226-0-3) auf vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlungen beruhen. Das Amtsgericht Saarbrücken hat mit Versäumnisurteil vom 27.12.2004 (Az. 5 C 1106/04) auf den Feststellungsantrag der Gläubigerin erkannt.
Mit als Anlage zum Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 24.11.2005 beigefügten weiteren Beschluss vom 24.11.2005 wies das Amtsgericht den Antrag auf Verminderung des Pfandfreibetrages gemäß §850 f Abs. 2 ZPO zurück. Zur Begründung führte es aus, Prozesskosten, die bei Geltendmachung eines Anspruchs aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung entstanden seien, teilten als prozessualer Anspruch nicht die Rechtsnatur des Hauptanspruches.
Der dagegen eingelegten sofortigen Beschwerde der Gläubigerin half das Amtsgericht nicht ab.
Die Gläubigerin ist der Ansicht, bei den Kosten für die Feststellungsklage handele es sich um eine adäquate Folge der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung, auch für diese Kosten gelte daher das Vollstreckungsprivileg des §850 f Abs. 2 ZPO.
II.
Die sofortige Beschwerde ist gemäß §11 Abs. 1 RpflG, §793 ZPO zulässig, sie ist auch begründet.
Gemäß §850 f Abs. 2 ZPO erfolgt eine Herabsetzung des unpfändbaren Betrages auf Antrag des Gläubigers, wenn die Zwangsvollstreckung wegen einer Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung betrieben wird. Auch die Verfahrenskosten zur Durchsetzung der Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung sind adäquate Folgen eben dieser unerlaubten Handlung. Dem Gläubiger steht wegen der entstandenen Verfahrenskosten neben dem prozessualen auch ein materiellrechtlicher Kostenerstattungsanspruch zu. Wegen dieser engen materiellrechtlichen Verbindung erstreckt sich der Umfang der Priviliegierung nach §850 f Abs. 2 ZPO auch auf die notwendigen Prozesskosten (vgl. KG, Beschluss v. 29.10.1971 in Rechtspfleger 1972, Seite 66; LG Ellwangen, Beschluss v. 05.03.2003 in JurBüro 2003, Seite 660; Thomas-Putzo, ZPO, 27. Aufl., §850 f. Rn. 8 b; Musielak, ZPO, 4. Aufl., §850 f ZPO, Rn. 9; LG Stuttgart, Beschluss v. 13.07.2004 in Rechtspfleger 2005, 38, zitiert nach [...]).
Das Vollstreckungsprivileg muss sich dabei auch auf die Verfahrenskosten erstrecken, die durch die Erhebung einer Klage auf Feststellung, dass die Forderung auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung beruht, entstehen. Nach dem Beschluss des BGH vom 05.04.2005 (Az. VII ZB 17/05, abgedruckt in NJW 2005, 1663 f.) kann der für das Vollstreckungsprivileg des §850 f Abs. 2 ZPO erforderliche Nachweis, dass die Forderung auf einer vorsätzlichen, unerlaubten Handlung beruht, allein durch die Vorlage eines Vollstreckungsbescheides durch den Gläubiger nicht geführt werden. Dazu bedarf er eines Titels, der seine Berechtigung zu einem erweiterten Vollstreckungszugriff für das Vollstreckungsgericht erkennen lässt. Der Bundesgerichtshof führt hierzu aus, dass der Gläubiger zur Erlangung eines solchen Titels Feststellungsklage erheben muss. Auch die Verfahrenskosten für die Feststellungsklage, die der Gläubiger zur Erreichung des Vollstreckungsprivilegs für die ihm aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung zustehende Forderung erheben muss, sind dann adäquate Folge der unerlaubten Handlung und daher vom Vollstreckungsprivileg des §850 f Abs. 2 ZPO umfasst.
Die sofortige Beschwerde ist daher begründet. Dem Amtsgericht wird gemäß §572 Abs. 3 ZPO die Festsetzung des Betrages übertragen, der nach §850 ...