Entscheidungsstichwort (Thema)
Beweislast. Aktivlegitimation bei Geltendmachung von Arztkosten
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Darlegungs- und Beweislast bei der Behauptung, dem privat krankenversicherten Geschädigten fehle es an der Aktivlegitimation bezüglich geltend gemachter Arztkosten.
Normenkette
BGB § 249 Abs. 2 S. 1; VVG § 86
Verfahrensgang
AG Homburg (Urteil vom 16.09.2009; Aktenzeichen 7 C 143/08) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Homburg vom 16.9.2009 – 7 C 143/08 – abgeändert und der Beklagte verurteilt, über die erstinstanzliche Verurteilung hinaus weitere 872,94 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.6.2008 zu zahlen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen der Kläger zu 23%, der Beklagte zu 77%; die Kosten des Berufungsverfahren trägt der Beklagte.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Der Kläger macht gegen den Beklagten Ersatzansprüche aus einem Unfallgeschehen geltend, das sich am 21.9.2006 ereignet hat. Die Einstandspflicht des Beklagten für die Unfallfolgen ist rechtskräftig festgestellt. Soweit in der Berufung noch von Belang sind im Streit Arztkosten in Höhe von 872,94, die für die Heilbehandlung des Klägers angefallen sind. Der privat krankenversicherte Kläger hat dargelegt, er habe diese Kosten selbst übernommen und keine Abrechnung mit seiner Krankenversicherung, der…, vorgenommen.
Die Beklagten meinen, der Kläger sei darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass er keine Abrechnung vorgenommen habe und daher kein Forderungsübergang auf die Krankenversicherung eingetreten ist.
Das Erstgericht hat die Klage, soweit sie auf Zahlung der Arztkosten gerichtet ist, abgewiesen und ausgeführt, der Kläger habe – obwohl ihm dies ohne weiteres möglich gewesen sei – weder substantiiert dargelegt noch unter Beweis gestellt, dass ein Forderungsübergang, der für den Bestand seines Anspruchs und damit seine Aktivlegitimation entscheidend sei, nicht stattgefunden habe. Dies gehe zu seinen Lasten, da er insoweit darlegungs- und beweisbelastet sei.
Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger den hinsichtlich der Arztkosten nebst gesetzlichen Zinsen abgewiesenen Zahlungsanspruch weiter. Er meint, das Erstgericht habe die Darlegungs- und Beweislast verkannt. Der Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhobene Berufung ist begründet. Das Erstgericht hat den Anspruch des Klägers auf Ersatz seiner Heilbehandlungskosten zu Unrecht verneint.
1. Auch das Erstgericht ist davon ausgegangen, dass die geltend gemachten Arztkosten im Rahmen der Schadensersatzpflicht des Beklagten Teil des zu ersetzenden Gesundheitsschaden des Geschädigten sind und daher grundsätzlich in voller Höhe von dem Beklagten gem. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB zu ersetzen sind. Dies ist zutreffend und in der Berufung nicht im Streit.
2. Entgegen der Ansicht des Erstgerichts ist der Kläger auch aktivlegitimiert. Zur Begründetheit der Klage gehört zwar, dass das eingeklagte Recht dem Kläger zusteht (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 30. Aufl., vor § 253 Rdn. 39). Dies ist hier indes zunächst nicht zweifelhaft, weil der Kläger der aus dem streitgegenständlichen Unfallgeschehen Geschädigte ist, dem die Ersatzansprüche aus der erlittenen Körperverletzung und damit die angefallenen Heilbehandlungskosten in eigener Person zustehen. Dafür dass diese Aktivlegitimation nachträglich entfallen ist, ist nach allgemeinen Beweislastregeln (statt aller: Thomas/Putzo aaO vor § 284 Rdn. 17 f., 24 m.w.N.) derjenige darlegungs- und beweisbelastet, der sich darauf beruft, mithin der Beklagte. Dieser hat sich indessen lediglich darauf beschränkt, die Aktivlegitimation des Klägers zu bestreiten.
3. Anlass dafür, eine Umkehr der Darlegungs- und Beweislast zugunsten des Geschädigten anzunehmen, besteht hier nicht. Ob, wie dies das Erstgericht annimmt, davon ausgegangen werden kann, dass die Rechteinhaberschaft des privat krankenversicherten Geschädigten regelmäßig wegfällt, weil der Versicherte seine private Krankenversicherung in Anspruch nimmt mit der Folge, dass die Ansprüche gem. § 67 VVG a.F. bzw. § 86 VVG n.F. auf den Versicherer übergegangen sind, kann die Kammer nicht überprüfen und bleibt zumindest zweifelhaft. Denn die Inanspruchnahme der privaten Krankenversicherung in den Fällen, in dem ein Schädiger für die unfallursächlichen Behandlungskosten vollumfänglich aufzukommen hat, hängt letztlich von der jeweiligen Entscheidung des Geschädigten ab. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Geschädigte, der seine private Krankenversicherung in Anspruch nimmt, umständehalber Gefahr läuft, seine Prämienrückzahlung zu verlieren und zugleich diesen Verlust nicht als eigenen Vermögensschaden gegenüber dem Geschädigten geltend machen zu können (vgl. Küppersbusch, Ersatzansprüche bei Personenschaden, 10. Aufl., Rdn. 761 m.w.N.). Insbesondere ist der Geschädigte aber nicht ver...