Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundlage für die Schätzung von Mietwagenkosten für Wiederherstellungsaufwand nach Verkehrsunfall
Leitsatz (amtlich)
Die Erhebung „Marktpreisspiegel Mietwagen Deutschland 2008” des Fraunhofer Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation erweist sich bei den hiesigen regionalen Verhältnissen als geeignete Grundlage für die Schätzung von Mietwagenkosten, die nach einem Verkehrsunfall regelmäßig als erforderlicher Wiederherstellungsaufwand ersetzt verlangt werden können, wobei auf die dort ermittelten Tarife ein Zuschlag von 15 % angemessen ist, um regionale Schwankungen sowie Mehrkosten wegen sofortiger Verfügbarkeit und telefonischer Anmietung zu berücksichtigen.
Normenkette
BGB § 249; ZPO § 287
Verfahrensgang
AG Völklingen (Urteil vom 22.04.2009; Aktenzeichen 5C C 1025/07) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Völklingen vom 22.4.2009 – 5C C 1025/07 – abgeändert und die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits. Die Kosten der Nebenintervention trägt die Streithelferin.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Klägerin begehrt restlichen Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall, der sich am 2.10.2007 um 8.00 Uhr ereignete. Die volle Einstandspflicht der Beklagten steht außer Streit. Umstritten ist lediglich der Ersatz der von der Klägerin verlangten Mietwagenkosten für die 16-tägige Anmietung eines Ersatzfahrzeuges der Marke Ford Focus Turnier. Die Anmietung erfolgte auf Vermittlung der Reparaturwerkstatt der Klägerin bei der Streithelferin, die das Fahrzeug eine Stunde nach dem Unfall der Klägerin zur Verfügung stellte und bei Mietende bei der Reparaturwerkstatt wieder abholte. Am Unfalltag waren Mitarbeiter der Streithelferin der Klägerin, die einen Arzttermin wahrnehmen und mehrere Grabpflegearbeiten durchführen wollte, auch beim Umladen der im Unfallwagen geladenen Blumen und Blumenerde behilflich. Die Streithelferin berechnete der Klägerin für das Mietfahrzeug insgesamt 1.903,19 EUR, wobei sie ihren sog. Selbstzahlertarif Gruppe 5, einen darauf erhobenen pauschalen Zuschlag von 15 % sowie Kosten für eine Haftungsreduzierung und für das Zustellen und Abholen des Fahrzeuges in Ansatz brachte. Hierauf zahlte die Beklagte lediglich 881,79 EUR. Mit der Klage verfolgt die Klägerin die Erstattung der restlichen Mietwagenkosten (1.021,40 EUR) nebst Zinsen und weiteren vorgerichtlichen Anwaltskosten von zuletzt noch 57,24 EUR.
Sie hat die Ansicht vertreten, die von der Streithelferin berechneten Kosten lägen nach dem Schwacke-Mietpreisspiegel im Bereich des üblichen Normaltarifs für sog. Selbstzahler und seien daher in vollem Umfang von der Beklagten zu übernehmen. Voller Ersatz stünde ihr auch deshalb zu, weil sie unter zeitlichem Druck gestanden habe und es ihr daher nicht möglich gewesen sei, noch Alternativangebote einzuholen. Da die Streithelferin vermehrte Kosten wegen der unbestimmten Dauer der Anmietung, des Hol- und Bringservices und der Hilfe beim Umladen auszugleichen gehabt habe, sei auch der auf den „Selbstzahlertarif” erhobene Aufschlag von 15 % als erforderlicher Aufwand zu erstatten.
Die Streithelferin der Klägerin hat die Auffassung vertreten, der 15 %-ige Aufschlag sei auch durch ihren erhöhten Beratungsbedarf bei Unfallersatzleistungen, den Verzicht auf Kautionen und dem damit einhergehenden Forderungsausfallrisiko sowie den zusätzlichen Vorhaltekosten für die kurzfristig einsetzbaren Unfallersatzfahrzeuge gerechtfertigt gewesen.
Die Beklagte hat sich dagegen mit der Behauptung zur Wehr gesetzt, die Preiserhebung des Schwacke-Mietpreisspiegels sei fehlerhaft. Dies gelte sowohl für den Schwacke-Mietpreisspiegel für das Jahr 2003 als auch für den des Jahres 2006. Beide könnten keine geeignete Schätzungsgrundlage für die Ermittlung eines Normaltarifs darstellen, den die Klägerin allein erstattet verlangen könne. Auffällig im Schwacke-Mietpreisspiegel 2006 sei insbesondere ein gegenüber 2003 erheblicher Anstieg bei der Ermittlung der für das Unfallersatzgeschäft relevanten Wochenpreise im Normaltarif von bis zu 37 %. Hintergrund seien die fehlende Anonymität der Schwacke-Erhebung und die interessengerichteten Angaben der Autovermieter, die den erstattungsfähigen Normaltarif irreal in die Höhe zu treiben versuchten.
Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Amtsgericht die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung der restlichen Mietwagenkosten von 1.021,40 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3.10.2007 und vorgerichtlichen Anwaltskosten von 155,30 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.2.2008 verurteilt.
Zur Begründung hat der Erstrichter ausgeführt, dass die angefallenen Mietwagenkosten in voller Höhe zur Schadensbeseitigung erforderlich gewesen seien, was sich zwar nicht aus dem Schwacke-Mietpreisspiegel 2006 ergebe, da dessen Erhebungsgrundlage und Ergebnisse zweifelhaft s...