Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattung von Rechtsanwaltsgebühren

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Erstattung von Rechtsanwaltsgebühren im Verkehrsunfallprozess, die zur Einholung einer Deckungszusage bei dem Rechtsschutzversicherer des Geschädigten für ein beabsichtigtes Klageverfahren gegen den Schädiger angefallen sind.

 

Normenkette

BGB §§ 249, 280 Abs. 1-2, §§ 286, 823 Abs. 1; StVG §§ 7, 18; VVG § 115 Abs. 1 Nr. 1; ZPO § 91 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Ottweiler/Saar (Urteil vom 31.08.2010; Aktenzeichen 2 C 98/10)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Ottweiler vom 31.8.2010 (2 C 98/10) wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin verlangt restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall, der sich am … in … ereignet hat und bei dem die Einstandspflicht der Beklagten nicht mehr im Streit steht. Soweit in der Berufung noch von Belang, beauftragte die Klägerin ihren Prozessbevollmächtigten mit der Durchsetzung ihrer Forderungen, die dem Haftungsgrund nach unstreitig gestellt, aber in der von Klägerseite gestellten Zahlungsfrist bis zum 12.2.2010 nicht bezahlt wurden. Hierzu unterzeichnete sie am 4.3.2010 eine Prozessvollmacht für ein durchzuführendes Klageverfahren gegen die beiden Beklagten. Ihr Anwalt fertigte zunächst einen Klageentwurf sowie am 8.3.2010 ein Schreiben an die Rechtsschutzversicherung der Klägerin mit dem Ziel, eine Deckungszusage zur gerichtlichen Geltendmachung ihrer Ansprüche zu erreichen. Diesem Schreiben lag der Klageentwurf bei. Die Rechtsschutzversicherung erteilte sodann Deckungszusage. Für diese Tätigkeit macht der Prozessbevollmächtigte eine Gebührenforderung in Höhe von insgesamt 316,18 EUR geltend. Die Klägerin hat unter anderem Freistellung von dieser Forderung geltend gemacht.

Das Erstgericht hat die Klage insoweit abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, eine anwaltliche Hilfestellung zur Einholung einer Deckungszusage sei umständehalber nicht erforderlich gewesen. Angesichts der Tatsache, dass die Erstellung des Klageentwurfs bereits durch die Beauftragung zur Geltendmachung von Forderungen gegen die Beklagten abgegolten worden sei, wäre es der Klägerin ohne weiteres möglich gewesen, in einem kurzen Formschreiben den Klageentwurf ihrer Versicherung vorzulegen und um Deckungszusage zu bitten. Im Übrigen ergebe sich insbesondere aus den vorgelegten Vollmachten des Prozessbevollmächtigten nicht, dass ein eigener kostenpflichtiger Auftrag zur Einholung der Deckungszusage an den Anwalt erteilt worden sei.

Mit der zugelassenen Berufung verfolgt die Klägerin ihren Freistellungsantrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet. Das Erstgericht hat zu Recht angenommen, dass der Schädiger nicht für etwaige Gebühren des Rechtsanwalts aus der Einholung der Deckungszusage einzustehen hat und ein Freistellungsanspruch daher nicht begründet ist.

1. Zutreffend ist das Amtsgericht davon ausgegangen, dass der Geschädigte eines Verkehrsunfalls auf der Grundlage von §§ 7, 18 StVG, § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 115 VVG vom Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer nach § 249 BGB den erforderlichen Herstellungsaufwand verlangen kann. Bei der Beurteilung der Frage, ob und in welchem Umfang der dem Geschädigten zustehende Schadensersatzanspruch auch die Erstattung von Rechtsanwaltskosten umfasst, ist zwischen dem Innenverhältnis des Geschädigten zu dem für ihn tätigen Rechtsanwalt und dem Außenverhältnis des Geschädigten zum Schädiger zu unterscheiden. Voraussetzung für einen Erstattungsanspruch ist grundsätzlich, dass der Geschädigte im Innenverhältnis zur Zahlung der in Rechnung gestellten Kosten verpflichtet ist und die konkrete anwaltliche Tätigkeit im Außenverhältnis aus der maßgeblichen Sicht des Geschädigten mit Rücksicht auf seine spezielle Situation zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig war (BGH, Urteil vom 19. Oktober 2010 – VI ZR 237/09, Rdn. 15 m.w.N., JURIS).

2. Ob die Klägerin im Innenverhältnis zu ihrem Rechtsanwalt zum Ausgleich der in Rechnung gestellten Gebühren wegen der Einholung einer Deckungszusage verpflichtet ist, hat das Erstgericht mit Recht offen gelassen. Im Streitfall bedarf dies – auch wenn bereits die Entstehung eines Gebührenanspruch aus unterschiedlichen Gesichtspunkten zweifelhaft sein kann (vgl. hierzu die ausführliche Darstellung bei LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 9.9.2010 – 8 O 1617/10; JURIS Rdn. 32 f. m.w.N. zum Streitstand) – keiner Entscheidung, weil die anwaltliche Tätigkeit aus der Sicht des Geschädigten jedenfalls nicht zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich war.

a) Teil der Schadensabwicklung ist auch die Entscheidung, den Schadensfall einem Versicherer zu melden. Ist es aus Sicht des Geschädigten erforderlich, anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, so gilt dies grundsätzlich auch für die Anmeldung des Versicherungsfalles bei dem – wie hier – eigenen Versicherer (vgl. z...

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