Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachweis einer unfallursächlichen HWS-Verletzung. Deliktsrecht. Notwendigkeit der Zurückverweisung an das Gericht erster Instanz wegen noch ausstehender umfangreicher Beweisaufnahme
Leitsatz (amtlich)
Zur Führung des Nachweises einer unfallursächlichen HWS-Verletzung.
Normenkette
ZPO §§ 286, 522 Abs. 1 S. 2, § 529 Abs. 1 Nr. 1, § 538 Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
AG Saarbrücken (Urteil vom 20.12.2007; Aktenzeichen 5 C 751/07) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Saarbrücken vom 20.12.2007 (5 C 751/07) wird insoweit als unzulässig verworfen, als sich der Kläger gegen die Abweisung seines Anspruchs auf Zahlung einer restlichen Kostenpauschale von 5 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.06.2007 wendet. Im Übrigen wird das Urteil nebst dem zugrunde liegenden Verfahren aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.
2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Der Kläger macht restliche Schadensersatzansprüche sowie Schmerzensgeld wegen eines Verkehrsunfalls vom 13.4.2006 in Saarbrücken geltend, für den die Beklagte als Haftpflichtversicherer des Schädigerfahrzeuges unstreitig einstandspflichtig ist. Der Unfall ereignete sich, als der Fahrer des bei der Beklagten versicherten Pkws Audi aus dem Tankstellengelände Kant-/Martin-Luther-Straße sich auf die Linksabbiegespur eingliedern wollte und dabei das Vorfahrtsrecht des auf dieser Spur fahrenden Klägers missachtete. Der Anstoß erfolgte an dem klägerischen Pkw vorne rechts, wodurch ein Sachschaden in Höhe von ca. 5.000 Euro netto entstand, der von der Beklagten vollumfänglich reguliert wurde. Der Kläger begab sich am 20.4.2006 in ärztliche Behandlung, bei der eine HWS-Zerrung diagnostiziert wurde. Der Kläger wendete einen Betrag in Höhe von 125,55 Euro für Heilmittelzuzahlungen und Attestkosten auf.
Der Kläger hat erstinstanzlich behauptet, die Kollision habe erhebliche Schubkräfte auf sein Fahrzeug auch von vorn ausgelöst. Er habe unfallbedingt ein HWS-Trauma erlitten und sei vom 13.4. bis 27.4.2006 zu 100 %, vom 28.4. bis 4.5.2006 zu 40 % erwerbsunfähig gewesen. Wegen der Ostertage und wegen der sich erst in den Tagen nach dem Unfall verschlimmernden Schmerzen habe er sich nicht unmittelbar nach dem Unfall in ärztliche Behandlung begeben. Als Schadensersatz hat er die o.g. Aufwendungen sowie einen Differenzbetrag von 5 Euro auf eine Auslagenpauschale von 30 Euro geltend gemacht, auf die die Beklagte vorgerichtlich 25 Euro gezahlt hat. Als Schmerzensgeld hat der Kläger einen Betrag von mindestens 1.000 Euro für angemessen gehalten.
Die Beklagte hat bestritten, dass bei einem Seitenaufprall – wie vorliegend – ein HWS-Trauma verursacht werden könne. Dem Attest des erstbehandelnden Arztes … komme vorliegend keine Beweiskraft für die behauptete Verletzung zu.
Das Erstgericht hat die Klage abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe den ihm obliegenden Vollbeweis nicht geführt. Es stehe nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest dass der Kläger unfallbedingt eine HWS-Distorsion erlitten habe. Der ärztliche Bericht des erstbehandelnden Arztes, der lediglich das Vorhandensein subjektiver Symptome bestätigte, sei ebenso wenig als Beweis geeignet, wie das Angebot, den Arzt als Zeugen zu vernehmen. Nach dem Röntgenbild seien keine Anzeichen einer knöchernen Verletzung sichtbar; letztlich handele es sich um eine Verdachtsdiagnose. Die vom Kläger geschilderten Beeinträchtigungen könnten alle möglichen Ursachen haben, so dass auch der zeitliche Zusammenhang zu dem Unfallereignis kein schlüssiges Indiz für die Unfallbedingtheit darstellte. Bei dem Kläger seien weder Übelkeit, noch Erbrechen oder Schluckbeschwerden aufgetreten. Für die Einholung weiterer technischer oder medizinischer Gutachten fehle es an den erforderlichen Anknüpfungstatsachen. Die diagnostizierte Steilstellung der Wirbelsäule gäbe aus wissenschaftlicher Sicht keinen hinreichenden Anhaltspunkt. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands wird auf das erstinstanzliche Urteil verwiesen (§ 540 ZPO).
Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seine ursprünglichen Klageanträge weiter. Er rügt, das Amtsgericht habe die Anforderungen an den Nachweis einer HWS-Distorsion überspannt. Die Röntgenaufnahme habe eine Stauchverletzung des Klägers erwiesen. Die Beweiswürdigung des Amtsgerichts, das vorgelegte Attest widerlege eine HWS-Verletzung, sei unhaltbar. Der Erstrichter hätte somit den vom Kläger zur Unfallursächlichkeit angebotenen Beweis erheben müssen, nämlich die Einholung eines medizinischen sowie eines technischen Gutachtens, der Vernehmung der Ehefrau des Klägers sowie des behandelnden Arztes sowie einer abschließenden Parteivernehmung des Klägers. Hilfsweise beantragt der Kläger, die Sache an das Amtsgericht zurückzuverweisen.
Entscheidungsgründe
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