Verfahrensgang
AG Saarbrücken (Urteil vom 22.03.2012; Aktenzeichen 36 C 381/11 (12)) |
Tenor
1. In Abänderung des Urteils des Amtsgerichts Saarbrücken vom 22.3.2012 – Az. 36 C 381/11 (12) – werden die Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft … vom 17.11.2011,Tagesordnungspunkt 2, für ungültig erklärt.
2. Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen nach Kopfteilen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert beider Instanzen wird festgesetzt auf jeweils 2.304,60 Euro.
Tatbestand
A.
Der Kläger hat den Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung vom 17.11.2011 TOP 2 angefochten.
Die Wohnungseigentümer haben in der Versammlung am 17.11.2011 mit einfacher Mehrheit beschlossen, die vorhandenen Glasbausteine, die sich im Eingangsbereich in der Außenwand des Gebäudes befinden, auszubauen und durch Fenster zu ersetzen.
In den gegenüberliegenden Außenwandbereichen befinden sich – übereinander – jeweils fünf Glasbausteinfelder, die aus jeweils 44 Glasbausteinen mit einer zusätzlichen Lüftungsklappe bestehen. In der rechten Wand (Blickrichtung auf das Gebäude hin) sind in dem oberen Glasbausteinfeld 22 Glasbausteine beschädigt. Auf der linken Wandseite ist im oberen Glasbausteinfeld ein Glasbaustein gerissen.
Das Amtsgericht Saarbrücken hat die gegen diesen Wohnungseigentümerbeschluss gerichtete Anfechtungsklage des Klägers mit der Begründung abgewiesen, bei dem Austausch der Glasbausteine gegen Fenster handele es sich nicht um eine bauliche Veränderung gemäß § 22 WEG, die der Zustimmung aller rechtlich betroffenen Wohnungseigentümer bedurft hätte, sondern um eine modernisierende Instandsetzungsmaßnahme gemäß § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG, die durch Mehrheitsbeschluss entschieden werden könne.
Gegen dieses am 27.3.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 25.4.2012 Berufung eingelegt, die er am 29.5.2012 (Dienstag nach Pfingsten) begründet hat.
Der Kläger ist der Auffassung, durch die beschlossene Maßnahme werde das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes erheblich verändert.
Es sei keine Instandsetzung, sondern eine bauliche Veränderung beabsichtigt. Der zulässige Rahmen einer modernisierenden Instandsetzung sei überschritten.
Die beschlossene Maßnahme sei wirtschaftlich nicht sinnvoll. Durch den Austausch der Glasbausteine gegen Fenster ergäbe sich eine jährliche Energieeinsparung in Höhe von 39,80 EUR. Unter Berücksichtigung von Investitionskosten in Höhe von 9.124,92 EUR betrage die Amortisationsdauer 229 Jahre.
Die schadhaften Glasbausteine könnten ohne weiteres durch im Handel erhältliche, den vorhandenen sehr ähnliche Glasbausteine ersetzt werden.
Die Energieeinsparverordnung sei vorliegend nicht zu beachten. Denn es handele sich nur um eine Bagatellfläche. Im Übrigen gebe es auch wärmegedämmte Glasbausteine.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Amtsgerichts Saarbrücken aufzuheben und die Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung vom 17.11.2011 TOP 2 für ungültig zu erklären.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagten sind der Auffassung, mit dem Einbau von Glasbausteinen seien die Anforderungen der Energieeinsparverordnung nicht zu erreichen.
Die Glasbausteinflächen seien von der Straße aus nur teilweise einsehbar, es könne deshalb nicht von einer erheblichen optischen Veränderung ausgegangen werden, wenn alle 10 Glasbausteinfelder durch Fenster ersetzt würden.
Wenn aber nur die beiden schadhaften Glasbausteinflächen durch Fenster ersetzt würden, käme es wegen des dann uneinheitlichen Gesamterscheinungsbildes zu einer erheblichen optischen Veränderung.
Sie behaupten, die Kosten für die Herstellung von 20 m² Glasbausteinfläche lägen unter Berücksichtigung der Gerüstkosten und der Lüftungsflügel bei 13.685,– EUR.
Die Herstellung einer Glasbausteinfläche sei nicht billiger als die Herstellung von Fensterelementen. Deshalb führe im Ergebnis jegliche Energieeinsparung zu einer Kostenamortisation.
Entscheidungsgründe
B.
I.
Die Berufung des Klägers ist gemäß §§ 511, 513, 518, 520 ZPO zulässig.
II.
Die Berufung ist auch begründet und führt unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Amtsgerichts Saarbrücken zur Ungültigerklärung der angefochtenen Wohnungseigentümerbeschlüsse vom 17.11.2011, TOP 2.
1.
Die Auffassung des Amtsgerichts Saarbrücken, bei dem mehrheitlich beschlossenen Austausch der Glasbausteine durch Fenster handele es sich nicht um eine bauliche Veränderung gemäß § 22 WEG, die der Zustimmung aller rechtlich betroffenen Wohnungseigentümer bedurft hätte, sondern um eine modernisierende Instandsetzungsmaßnahme gemäß § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG, die durch Mehrheitsbeschluss entschieden werden könne, beruht auf einer fehlerhaften Rechtsanwendung.
Allerdings ist dem Amtsgericht zugute zu halten, dass die vorliegende Rechtsproblematik erst nach Verkündung seiner Entscheidung durch das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 14.12.2012 – V ZR 224/11 – (zitiert nach juris) abweichend von der Rechtsauffassung des Amtsgerichts geklärt worden ist.
Nach der Auffas...