Entscheidungsstichwort (Thema)
Interessenwahrnehmung. Bergbauschäden in der Rechtsschutzversicherung. Entschädigungsansprüche nach § 906 Abs. 2 BGB
Leitsatz (amtlich)
Der Ausschluss der Interessenwahrnehmung im Zusammenhang mit Bergbauschäden in der Rechtsschutzversicherung (§ 3 Abs. 1 Buchst. c ARB 2001) erfasst nicht die Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen nach § 906 Abs. 2 BGB.
Normenkette
BGB §§ 1004, 906 Abs. 2 S. 2; BBergG § 114; VVG a.F. § 1 Abs. 1 S. 1; ARB 2001 §§ 1, 2 Buchst. c, § 3 Buchst. a, c, § 18 Abs. 1 Buchst. b, § 26 Abs. 1, 3; ARB 9 § 29
Verfahrensgang
AG Lebach (Urteil vom 04.10.2007; Aktenzeichen 3B C 351/07) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Lebach vom 4. Oktober 2007 (Az.: 3B C 351/07) abgeändert und wie folgt gefasst:
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägern aufgrund des zwischen dem Kläger zu 2 und der Beklagten bestehenden Rechtsschutz-Versicherungsvertrags Rechtsschutz zu gewähren für die Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen gem. § 906 Abs. 2 BGB gegen die R… AG, gerichtet auf Zahlung eines monatlichen Betrags in Höhe von 200,- EUR (20 % der für das Wohnhaus der Kläger in …, …, erzielbaren Miete von 1.000,- EUR) ab dem 1. Januar 2001.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 3.719,16 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der Kläger zu 2 unterhält seit über 20 Jahren bei der Beklagten eine Rechtsschutzversicherung, stellte aber am 15. Juli 1996 und 19. Juni 2001 weitere Versicherungsanträge, wobei dem Vertrag aufgrund des letzten Antrags die Allgemeinen Bedingungen der Beklagten für die Rechtsschutzversicherung in der neueren Fassung (ARB 2001, Bl. 105 ff. d. A.) zugrunde gelegt wurden. Vereinbart war u. a. Wohnungs- und Grundstücksrechtsschutz. Wegen der Einzelheiten wird auf die Versicherungsbedingungen, die Anträge vom 15. Juli 1996 und 19. Juni 2001 (Bl. 89 ff. d. A.) und auf die Zweitschrift des Versicherungsscheins vom 5. März 2008 (Bl. 84 d. A.) verwiesen.
Die Kläger sind Eigentümer des Hausgrundstücks … in …. Sie fordern von der R… AG nach § 906 Abs. 2 BGB wegen bergbaubedingter Erschütterungen ihres Grundstücks monatliche Entschädigungsleistungen von 200,- EUR ab Ende 2000, auf ihr Anwaltsschreiben vom 15. Juni 2007 (Bl. 5 f. d. A.) wird verwiesen. Mit Anwaltsschreiben vom 1. Juni 2007 (Bl. 7 f.) baten sie die Beklagte deshalb um Deckungsschutz, den diese mit Schreiben vom 5. Juni 2007 ablehnte. Sie beruft sich darauf, dass die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in ursächlichem Zusammenhang mit Bergbauschäden an Grundstücken und Gebäuden gem. § 3 Abs. 1 Buchst. c ARB vom Versicherungsschutz ausgeschlossen sei.
Das Amtsgericht hat die auf Feststellung der Rechtsschutzverpflichtung gerichtete Klage mit dem angefochtenen Urteil abgewiesen, und zwar wegen des Eingreifens der Ausschlussklausel hinsichtlich Bergbauschäden. Gegen das ihnen am 8. Oktober 2007 zugestellte Urteil haben die Kläger am 31. Oktober 2007 Berufung eingelegt, die sie am Montag, den 10. Dezember 2007, begründet haben. Sie verfolgen ihr erstinstanzliches Klageziel, die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, ihnen Rechtsschutz zu gewähren, weiter, wenn auch auf Hinweis der Kammer in etwas konkretisierter Form. Die Beklagten beantragt die Zurückweisung der Berufung.
Entscheidungsgründe
II.
Die Berufung ist gem. §§ 511, 517, 519, 520 ZPO zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg. Die Beklagte hat den Klägern für die Verfolgung von Ansprüchen gegen die R… AG entsprechend ihrem Anwaltsschreiben vom 15. Juni 2007 Rechtsschutz zu gewähren (§ 1 Abs. 1 Satz 1 VVG a. F., § 1, § 26 Abs. 1 und 3, § 2 Buchst. c ARB 2001). Die mit der Klage begehrte Feststellung war deshalb – in der im Berufungsverfahren konkretisierten Form – auszusprechen.
1. Die Beklagte hat mit dem Kläger zu 2 Individual-Rechtsschutz Privat, Wohnen und Mobil gem. § 26 ARB 2001 vereinbart (zuvor bezog sich der Vertrag ausweislich des Versicherungsantrags vom 15. Juli 1996 u. a. auf den Rechtsschutz für Eigentümer und Mieter von Wohnungen und Grundstücken gem. § 29 ARB 94). Danach (§ 26 Abs. 3 ARB 2001) umfasst der Versicherungsschutz (u. a.) den Wohnungs- und Grundstücks-Rechtsschutz. Insoweit gewährt die Beklagte gem. § 2 Buchst. c ARB 2001 Rechtsschutz für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus Miet- und Pachtverhältnissen, sonstigen Nutzungsverhältnissen und dinglichen Rechten, die Grundstücke, Gebäude oder Gebäudeteile zum Gegenstand haben. Als Ehefrau des Klägers zu 2 ist die Klägerin zu 1 dabei mitversichert (§ 26 Abs. 1 ARB 2001).
Die Kläger begehren Rechtsschutz für die Verfolgung von Ansprüchen aus ihrem Eigentum an ihrem Grundstück wegen dessen Beeinträchtigungen durch Erschütterungen, die sie auf den Bergbau der R… AG zurückführen. Sie wollen mithin ihre rechtlichen Interessen aus einem dinglichen Recht, nämlich dem Eigentum, wahrnehmen, das ein Grundstück zum Gege...