Leitsatz (amtlich)

Der Ausschlusstatbestand "Schaden aufgrund eines Betriebsvorgangs" in A.2.3.2 der AKB 2008 ist unwirksam.

 

Tenor

  • 1.

    Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 7.364,47 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 07.04.2011 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

  • 2.

    Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

  • 3.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung i.H.v.110 Prozent des zu vollstreckenden Betrages.

Streitwert: bis 8000 €

 

Tatbestand

Die Klägerin macht gegen die Beklagte Leistungen aus einer Kaskoversicherung geltend.

Die Klägerin betreibt ein Transport- und Fuhrunternehmen und ist mit ihren Betriebsfahrzeugen bei der Beklagten kaskoversichert. Für den örtlichen Winterdienst hat sich die Klägerin gegenüber dem Land Baden-Württemberg verpflichtet, zum Räumen und Streuen im Bereich der Straßenmeisterei B. einen zum Streuen zugelassenen Lkw mit dem Kennzeichen LB-SR 1114 bereitzustellen.

Beginn des Versicherungsvertrages war der 16.03.2009. Vereinbart war zudem ein Selbstbehalt von 300 €. Zwischen den Parteien ist umstritten, ob im Rahmen des Vertragsschlusses der Klägerin die aktuellen Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AKB 2008) ausgehändigt wurden.

Nach Beendigung der Räum- und Streufahrt am 26.11.2010 fuhr der bei der Klägerin angestellte Fahrer N. zurück auf das Gelände der Straßenmeisterei B., um den so genannten Streuteller abzusetzen, der durch eine feste Verbindung mit dem Fahrzeug verbunden ist. Die Abklappmechanik für den Streuteller ist nur bei laufendem Motor zu bedienen und erfolgt durch den Fahrer aus dem Fahrerhaus. Das Absetzen des Streutellers funktioniert in der Weise, dass der Fahrer vom Fahrerstand die Absetzmechanik betätigt. Bei diesem Vorgang wird üblicherweise der Absetzvorgang von einem Mitarbeiter der Straßenmeisterei kontrolliert. Der zunächst anwesende Mitarbeiter der Straßenmeisterei hatte sich jedoch gerade in dem Moment des vorgenommen Absetzvorgangs entfernt, ohne dass dieses der Fahrer der Klägerin wusste und sehen konnte. Beim mechanischen Absetzen des gesamten Streubehälters einschließlich des Streutellers schlug der Streuteller beim Herabsetzen auf den Boden auf, wodurch der immer noch mit dem Fahrzeug verbundene Streubehälter am Streuteller verbogen wurde.

Die Klägerin ließ den Schaden für 7.664,47 € netto beseitigen.

Die Beklagte lehnt die Leistungen aus Kaskoversicherung ab, weil es sich um einen nicht versicherten Betriebsschaden infolge eines Bedienungsfehlers handele.

Die Klägerin trägt vor, dass im Rahmen des Vertragsschlusses die aktuellen Versicherungsbedingungen nicht übergegeben worden seien.

Die Klägerin beantragt zuletzt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin ein Betrag von 7.364,47 € nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 06.04.2011 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, dass die AKB 2008 anwendbar seien.

Der Fahrer des versicherten Fahrzeuges habe zudem beim Abladen des Streuaufsatzes vergessen, das Rohr mit dem Streuteller hochzuklappen. Wäre dies umgesetzt worden, hätte sich beim Absetzen das Streuwerk nicht verbogen. Es gehöre zur ordnungsgemäßen Bedienung, dass das Rohr mit dem Streuteller zunächst hochgeklappt werde, bevor der Streuaufsatz abgesetzt wird.

Der Beklagten wurde in der mündlichen Verhandlung eine Frist zur Erwiderung auf den klägerischen Schriftsatz vom 19.01.2012 bis 03.02.2012 gewährt. Der Schriftsatz ging erst am 06.02.2012 und wurde berücksichtigt, soweit er Rechtsausführungen oder unstreitigen Sachvortrag enthält. Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes verwiesen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze samt Anlagen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und im Wesentlichen begründet.

1)

Im konkreten Fall sind die AKB (Allgemeine Bedingungen für die Kfz-Versicherung) 2008 (abgedruckt in: Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 28. Auflage 2010) anzuwenden.

a)

Dabei kann dahinstehen, ob diese der Klägerin im Rahmen des Vertragsschlusses übergeben worden sind.

Für Verträge mit Unternehmern gilt § 305 Abs. 2, 3 BGB gemäß § 310 Abs. 1 BGB nicht. Erforderlich ist allerdings die rechtsgeschäftliche Einigung über die Geltung der allgemeine Versicherungsbedingungen, was normalerweise voraussetzt, dass der Verwender zumindest konkludent zum Ausdruck gebracht hat, dass er dem Vertrag seine AGB zugrunde legen will (vgl. BGH NJW 92, 1232). Dieses Erfordernis ist beim Abschluss eines Versicherungsvertrages regelmäßig auch dann erfüllt, wenn nicht eigens über die Einbeziehung gesprochen wurde: Dass der Versicherer allgemeine Versicherungsbedingungen verwenden muss, um den Versicherungsvertrag mit Inhalt zu füllen, liegt für jeden Versicherungsnehmer - und damit gerade auch für Unternehmer - auf der Hand (vgl. OLG Koblenz VersR 2003, 851).

Im Übrigen würde sich gem. § 306 Abs. 2 BGB, soweit die Bestimmungen nicht Vertragsbestandteil gew...

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