Gründe

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 07. September 2011 den Antrag auf gerichtliche Entscheidung des Betroffenen u.a. in einen Antrag auf Akteneinsicht bzw. Aktenbeiziehung umgedeutet und abgelehnt. Soweit sich der Betroffene hiergegen wendet, dürfte das Rechtsmittel als einfache Beschwerde im Sinne von § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 304 Abs. 1 StPO auszulegen sein. Im Hinblick auf die einfache Beschwerde wird zunächst um eine Abhilfeentscheidung des Amtsgerichts gebeten. Hierbei weist die Kammer auf Folgendes hin:

Nach derzeitiger Einschätzung hat der Verteidiger des Betroffenen - ebenso wie ein von ihm unterbevollmächtigter, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger - gemäß § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 147 StPO ein Recht auf Akteneinsicht, welches - aus dem Grundsatz der Aktenvollständigkeit folgend - alle Schriftstücke sowie Bild-, Video- und Tonaufnahmen umfasst, die für den Betroffenen als belastend oder entlastend von Bedeutung sein können (LG Ellwangen, Beschluss vom 14.12.2009, 1 Qs 166/09; BayObLG, Beschluss vom 27.11.1990, 2 Ob OWi 279/90). Auch derartiges Material, das sich nicht in den Ermittlungsakten, sondern bei Behörden befindet, ist dem Betroffenen zugänglich zu machen (Meyer-Goßner, 53. Aufl., § 147 Rn. 14; OLG Koblenz, Beschluss vom 17.01.2000, 2 Ss 4/00; BayObLG a.a.0;.LG Eilwangen a.a.O.). Dieses Recht folgt aus dem Grundsatz rechtlichen Gehörs (vgl. Meyer-Goßner a.a.O. m. w. Nachw.; OLG Koblenz a.a.O.) und besteht daher unabhängig davon, ob der Betroffene konkrete Zweifel vorträgt.

Dabei kann dem Einsichtsrecht bei Bild- oder Tonmaterialien grundsätzlich durch die Möglichkeit der Einsichtnahme bei der verwahrenden Behörde entsprochen werden. Sofern die Einsichtnahme aufgrund der räumlichen Distanz oder der beschränkten Auswertungsmöglichkeiten vor Ort allerdings unverhältnismäßig wäre, steht dem Betroffenen ein Anspruch auf Übersendung der Materialien zu (OLG Koblenz a.a.O.; LG Ellwangen a.a.O.; BayObLG a.a.O.). Wenn die Übersendung des Originals aufgrund des Verlustrisikos des Beweismittels Bedenken begegnet, so können diese ggf. durch Anfertigung einer Kopie für die Akte ausgeräumt werden (OLG Koblenz a.a.O.; LG Ellwangen a.a.O.; BayObLG a.a.O.). Das gilt insbesondere dann, wenn zur Überprüfung auf Richtig- und Vollständigkeit nicht nur die Einsicht in den konkreten Vorgang des Betroffenen, sondern in das gesamte Bild- oder Tonmaterial erforderlich ist (BayObLG a.a.O.; AG Cottbus, Beschluss vom 17.06.2008, 67 OWi 1611 Js-Owi 17966/08) (174/08)).

Weiter weist die Kammer daraufhin, dass es sich bei der Entscheidung wohl nicht um eine der Urteilsfällung vorausgehende Entscheidung des erkennenden Gerichts im Sinne von § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 305 S. 1 StPO handelt, sondern um eine Entscheidung über das Akteneinsichtsrecht, die mit der (einfachen) Beschwerde anfechtbar sein dürfte (vgl. Meyer-Goßner § 147 Rn. 41; LG Elfwangen a.a.O.).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI4021956

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