Verfahrensgang
AG Göppingen (Entscheidung vom 06.05.2011; Aktenzeichen 1 IK 74/05) |
Nachgehend
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Insolvenzgericht - Göppingen vom 06.05.2011 wird kostenpflichtig
zurückgewiesen.
Gründe
I.
Mit Beschluss vom 01.04.2005 eröffnete das Amtsgericht Göppingen das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin sowie über das Vermögen ihres Ehemannes. Im Verfahren der Schuldnerin wurde E. zum Treuhänder bestellt. Am 25.06.2007 wurde das Verfahren aufgehoben und der bisherige Treuhänder zum Treuhänder auch in dem bis zum 01.04.2011 andauernden Restschuldbefreiungsverfahren bestellt.
Ausweislich eines Schreibens des Finanzamts G. vom 29.03.2011 an den Treuhänder und des von der Schuldnerin vorgelegten Abrechnungsbescheids des Finanzamts vom 24.03.2010 steht der Schuldnerin aus geänderten Umsatz-steuerbescheiden für die Veranlagungszeiträume 2003 und 2004 ein Erstattungsanspruch in Höhe von 48.968,60 EUR zu. Hiervon bezahlte das Finanzamt einen Teilbetrag von 10.942,26 EUR auf das Anderkonto des Treuhänders. Der Rest wurde wegen Steuerschulden der Schuldnerin aus dem Veranlagungsjahr 2007 einbehalten. Nach einem von der Schuldnerin vorgelegten weiteren Schreiben des Finanzamts G. vom 01.08.2011 (Bl. 220 d.A.) besteht die Möglichkeit, dass es zu einer Erhöhung des Erstattungsbetrags sowie einer Änderung bei dessen Verrechnung mit Steuerschulden der Schuldnerin kommt.
Mit Beschluss vom 06.05.2011 ordnete das Amtsgericht hinsichtlich des an den Treuhänder ausbezahlten Erstattungsbetrags des Finanzamts gemäß § 203 Abs. 1 Nr. 3 InsO die Nachtragsverteilung an. Hiergegen wendet sich die Schuldnerin mit der sofortigen Beschwerde. Sie bringt zur Begründung im Wesentlichen vor, Anlass für die Steuererstattung des Finanzamts sei gewesen, dass sie in den Veranlagungszeiträumen 2003 und 2004 auf Mietforderungen, die mit ihrem Ehemann vereinbart gewesen seien, gemäß § 16 Abs. 1 S. 1 UStG habe Umsatzsteuer bezahlen müssen. Erst nachdem das am 01.04.2005 über das Vermögen ihres Ehemannes eröffnete Insolvenzverfahren mit Beschluss vom 09.03.2010 wieder aufgehoben und die Restschuldbefreiung angekündigt worden sei, seien die Mietforderungen gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 1 UStG uneinbringlich geworden. Dieser Zeitpunkt liege ebenso nach der Aufhebung des über ihr Vermögen eröffneten Insolvenzverfahrens (25.06.2007) wie die Daten der die Steuererstattung begründenden Bescheide des Finanzamts G. vom 18.04.2008 und vom 05.02.2009.
Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die gemäß § 204 Abs. 2 S. 2 InsO zulässige Beschwerde der Schuldnerin hat in der Sache keinen Erfolg. Das Amtsgericht hat die Nachtragsverteilung zu Recht angeordnet.
Nach der bereits vom Amtsgericht zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehört ein Anspruch auf Erstattung von Einkommensteuerzahlungen zur Insolvenzmasse und unterliegt damit der Nachtragsverteilung gemäß § 203 Abs. 1 InsO, wenn der die Erstattungsforderung begründende Sachverhalt vor oder während des Insolvenzverfahrens verwirklicht worden ist (BGH vom 12.01.2006, IX ZB 239/04; NJW 2006, 1127). Die Frage, welchem Vermögen Steuererstattungsansprüche zuzuordnen sind, bestimmt sich für die Zwecke des Insolvenzverfahrens nicht nach Steuerrecht, sondern nach Insolvenzrecht. Maßgebend ist danach nicht der Zeitpunkt der Vollentstehung des Rechts, sondern der Zeitpunkt, in dem nach insolvenzrechtlichen Grundsätzen der Rechtsgrund für den Anspruch gelegt worden ist (BGH a.a.O.).
Selbst wenn man mit der Schuldnerin davon ausginge, dass die Voraussetzungen für den Erstattungsanspruch vorliegend erst mit der Uneinbringlichkeit der Mietforderungen gegen ihren Ehemann im Sinne des § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG gegeben waren, würde dies an der Rechtmäßigkeit des Beschlusses des Amtsgerichts vom 06.05.2011 nichts ändern. Der Treuhänder hat nämlich zu Recht darauf verwiesen, dass die Uneinbringlichkeit einer Forderung nicht bereits mit der Aufhebung eines gegen den Schuldner gerichteten Insolvenzverfahrens eintritt, sondern bereits mit dessen Eröffnung, vorliegend also am 01.04.2005 (Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, 65. Ergänzungslieferung April 2010, § 17 UStG Rn. 117 und BGH vom 19.07.2007, IX ZR 81/06; NJW-RR 2008, 206). Der daraus resultierende Erstattungsanspruch der Schuldnerin war auch nicht von Bescheiden des Finanzamts abhängig, sondern ist allein durch die Erfüllung der gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen des § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG entstanden (vgl. § 17 Abs. 1 S. 7 UStG und BFH vom 16.10.2008, VII B 17/08; ZInsO 2009, 159).
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 4 InsO i.V.m. 97 Abs. 1 ZPO. Einer Wertfestsetzung bedurfte es im Hinblick auf die Festgebühr nach Nr. 2361 der Anlage 1 zum GKG nicht.
Fundstellen
Haufe-Index 4022681 |
RENOpraxis 2012, 177 |