Verfahrensgang
AG Rotenburg (Wümme) (Beschluss vom 21.08.1985; Aktenzeichen 2 a M 1028/85) |
AG Rotenburg (Wümme) (Beschluss vom 19.08.1985; Aktenzeichen 2 a M 1028/85) |
Tenor
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.
Die Sache wird – auch zur Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens – zur erneuten Bescheidung des Antrags des Gläubigers auf Erlaß eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 19./21. August 1985 an das Amtsgericht Rotenburg zurückverwiesen.
Beschwerdewert: bis 500,– DM.
Gründe
Der Gläubiger betreibt wegen einer Hauptforderung in Höhe von 218,– DM sowie wegen weiterer Vollstreckungskosten in Höhe von 270,91 DM – insgesamt 488,91 DM – die Zwangsvollstreckung gegen die Schuldnerin; er hat die Pfändung und Überweisung des Anspruchs der Schuldnerin gegen ihren Ehemann auf Zahlung von Taschengeld und Unterhalt begehrt.
Das Amtsgericht hat in dem angefochtenen Beschluß den diesbezüglichen Vollstreckungsantrag des Gläubigers zurückgewiesen mit der Begründung, die Pfändung dieses Anspruchs entspreche aufgrund der Lebens- und Vermögensverhältnisse der Schuldnerin nicht der Billigkeit, weil sowohl die Schuldnerin als auch der Drittschuldner vor dem Amtsgericht Rotenburg die eidesstattliche Versicherung abgegeben hatten.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird im übrigen auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.
In seiner Beschwerde führt der Gläubiger aus, das Amtsgericht hatte im Rahmen der stets durchzuführenden Billigkeitsprüfung der beantragten Taschengeld- und Unterhaltspfändung die Schuldnerin und den Drittschuldner anhören müssen, wie er es ja auch beantragt habe.
Die zulässige Beschwerde ist insofern begründet, als sie zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung an das Amtsgericht führt.
1. Das gemäß §§ 1360, 1360 a Abs. 1 BGB geschuldete Taschengeld ist eine Unterhaltsrente im Sinne des § 850 b Abs. 1 Ziff. 2 ZPO und folglich nach Maßgabe des § 850 b Abs. 2 ZPO bedingt pfandbar. Üblicherweise erhält der nicht erwerbstätige Ehepartner das Taschengeld als Teil des ihm zustehenden Unterhalts zusammen mit dem Wirtschaftsgeld, so daß davon ausgegangen werden kann, daß es sich nach dem Willen der Ehegatten um einen ihren wirtschaftlichen Verhältnissen und ihrem allgemeinen Lebenszuschnitt angepaßten Betrag handelt, der dem nicht erwerbstätigen Ehepartner zur Befriedigung seiner persönlichen Bedürfnisse zur freien Verfügung steht und mit dem Wirtschaftsgeld, d.h. periodisch und in gleichmäßiger Höhe, ausgezahlt wird (so die Entscheidung der Kammer in Sachen 1 T 207/85/9 M 3545/85 AG Achim vom 5. August 1985; OLG Celle MDR 1962, 830; MDR 1973, 322; LG Verden MDR 1973, 138; OLG München OLGZ 1975, 58 f.: OLG Frankfurt/Main OLGZ 1975, 488; OLG Stuttgart MDR 1983, 762; Ackermann FamRZ 1983, 520 f.; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 43. Aufl., § 850 b Anm. 3 A b; Zöller-Stöber, ZPO, 14. Aufl., § 850 b Anm. 4).
2. Das Amtsgericht hat daher richtigerweise angenommen, daß der Taschengeld- und Unterhaltungsanspruch der Schuldnerin bedingt pfandbar ist. Im Rahmen der vorzunehmenden Billigkeitsprüfung gemäß § 850 b Abs. 2 ZPO hatte es jedoch, wie es der Gläubiger beantragt hat, die Beteiligten (die Schuldnerin und ihren Ehemann, § 850 b Abs. 3 ZPO) anhören müssen, um Anhaltspunkte über deren Lebenseinstellung und Beruf zu gewinnen. Dem steht nicht entgegen, daß die Schuldnerin und der Drittschuldner jeweils am 27. Juni 1984 die eidesstattliche Versicherung der Vermögenslosigkeit abgegeben haben. Soweit für den Gläubiger erkennbar, hat die Schuldnerin in ihrer eidesstattlichen Versicherung angegeben, vom Gehalt ihres Ehemannes zu leben. Der Inhalt der eidesstattlichen Versicherung des Ehemannes der Schuldnerin ist dem Gläubiger nicht bekannt. Zwar ist der Gläubiger grundsätzlich gehalten, sämtliche in seiner Wissenssphäre liegenden Umstände, die eine Pfändung als billig erscheinen lassen könnten, darzulegen. Es darf jedoch nicht verkannt werden, daß bei einer Zwangsvollstreckung in Forderungen, die mit einem wertungsabhängigen Pfändungsschutz ausgestattet sind, wie § 850 b ZPO, ein Gläubiger vielfach nach seinem eigenen Informationsstand und den zur Verfügung stehenden Informationsmöglichkeiten gar nicht in der Lage ist, die Vollstreckungsvoraussetzungen, insbesondere die für eine Billigkeitsprüfung erheblichen Umstände, substantiiert darzutun, soweit sie die Sphäre des Schuldners betreffen. Da aufgrund der Angaben der Schuldnerin in der eidesstattlichen Versicherung zumindest einige Wahrscheinlichkeit dafür spricht, daß sie Unterhalt/Taschengeld von ihrem Ehemann erhält, ist trotz der 1 Jahr zurückliegenden eidesstattlichen Versicherung im Rahmen der Billigkeitsprüfung des § 850 b Abs. 3 ZPO die Anhörung der Schuldnerin und des Drittschuldners geboten. Andernfalls wurde die Darlegungspflicht der Gläubigerseite praktisch zu einer dem Sinn des § 850 b Abs. 2 ZPO widersprechenden völligen Unpfändbarkeit führen (vgl. hierzu insbesondere OLG Hamm in OLGZ 1979, S. ...