Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückerstattung von Aufwendungen durch Einschaltung eines Inkassobüros
Leitsatz (redaktionell)
Ob eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme notwendig war und die Kosten somit erstattungsfähig sind, bestimmt sich nach dem Standpunkt des Gläubigers zu dem Zeitpunkt, in dem Kosten durch die Vollstreckungsmaßnahme verursacht worden sind. Es kommt darauf an, ob der Gläubiger die Maßnahme zu dieser Zeit objektiv für erforderlich halten konnte, auch wenn sie erfolglos geblieben ist.
2. Wenn die Tätigkeit des Inkassoinstituts über mehrere Jahre erfolglos war, darf ein Gläubiger nunmehr einen Rechtsanwalt zur Beitreibung der Forderung einschalten. Die Notwendigkeit von Inkassokosten ist dann zu verneinen, wenn Inkassobüro und Rechtsanwalt gleichzeitig tätig sind.
Normenkette
ZPO § 788
Verfahrensgang
AG Wiesbaden (Aktenzeichen 66 M 4678/88) |
Tenor
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.
Das Amtsgericht wird angewiesen, das Pfändungsgesuch der Gläubigerin nicht aus den Gründen des angefochtenen Beschlusses zurückzuweisen.
Bei der zu treffenden Entscheidung wird das Amtsgericht auch über die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu befinden haben.
Gründe
Die Gläubigerin betreibt gegen die Schuldnerin die Zwangsvollstreckung aus einem Vollstreckungsbefehl des Amtsgerichts Wiesbaden vom 6. 1. 1977. Im Jahre 1979 schaltete die Gläubigerin zur Beitreibung der Forderung ein Inkassobüro ein. Dafür entstanden bis zum 31. 1. 1983 Aufwendungen in Höhe von 216,60 DM. Im Jahre 1987 beauftragte die Gläubigerin ihre jetzigen Verfahrensbevollmächtigten mit der Durchführung der Zwangsvollstreckung.
Die Gläubigerin hat nunmehr den Erlaß eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses beantragt, wobei in ihrer Forderungsaufstellung auch die Kosten des Inkassobüros enthalten sind.
Mit dem angefochtenen, hiermit in Bezug genommenen Beschluß hat der Rechtspfleger das Pfändungsgesuch insgesamt zurückgewiesen, weil trotz seiner Verfügung vom 13. 5. 1988 die Inkassokosten nicht aus der Forderungsaufstellung herausgenommen worden sind und es nicht Aufgabe des Vollstreckungsgerichts sei, für die Gläubigerin eine neue Forderungsaufstellung unter Nichtberücksichtigung der Inkassokosten zu erstellen. Hiergegen wendet sich die Erinnerung der Gläubigerin, auf deren Begründung ebenfalls verwiesen wird.
Der Richter am Amtsgericht hat der Erinnerung nicht abgeholfen und diese dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.
Die sofortige Beschwerde, als die die Erinnerung infolge der Vorlage durch den Richter am Amtsgericht nunmehr gilt (§ 11 Abs. 2 S. 5 RpflG), ist gemäß § 793 ZPO statthaft und auch ansonsten zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.
Der angefochtene Beschluß ist schon deshalb zu beanstanden, weil das Amtsgericht das Pfändungsgesuch wegen der Geltendmachung der Inkassokosten insgesamt zurückgewiesen hat. Zwar ist es zutreffend, daß das Vollstreckungsgericht grundsätzlich nicht verpflichtet ist, für den Gläubiger eine Forderungsaufstellung zu errichten. Hält aber das Vollstreckungsgericht nur eine Position der geltend gemachten bisherigen Zwangsvollstreckungskosten für nicht erstattungsfähig, ist es nicht gerechtfertigt, das gesamte Pfändungsgesuch zurückzuweisen; vielmehr ist es dem Vollstreckungsgericht in diesem Fall durchaus zumutbar, diese Kosten unter Berücksichtigung der Teilzahlung von den ansonsten geltend gemachten Kosten bzw. den Zinsen oder der Hauptforderung abzuziehen und das Pfändungsgesuch nur insoweit abzuweisen. Ein solcher Fall ist hier aber gegeben, da die Gläubigerin bis auf die Inkassokosten der Verfügung des Rechtspflegers vom 13.5.1988 nachgekommen ist und ihre Forderung mit Schriftsatz vom 31. 5. 1988 nach Hauptforderung, Zinsen und Kosten neu beziffert hat.
Darüber hinaus sind vorliegend aufgrund der Umstände des Einzelfalles auch die durch das Inkassobüro verursachten Aufwendungen als notwendige Zwangsvollstreckungskosten im Sinne von § 788 ZPO anzusehen.
Ob eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme notwendig war und die Kosten somit erstattungsfähig sind, bestimmt sich nach dem Standpunkt des Gläubigers zu dem Zeitpunkt, in dem die Kosten durch die Vollstreckungsmaßnahme verursacht worden sind. Mithin kommt es darauf an, ob der Gläubiger die Maßnahme zu dieser Zeit objektiv für erforderlich halten konnte, auch wenn sie erfolglos geblieben ist (Zöller/Stöber, 14. Aufl., § 788 ZPO, Rdnr. 9 m.w.N.).
Da die Schuldnerin vorliegend die bereits im Januar 1977 titulierte Forderung im Jahre 1979 immer noch nicht entrichtet hatte, durfte die Gläubigerin im Jahre 1979 die Einschaltung eines Inkassobüros zur Beitreibung der Forderung durchaus für erforderlich halten, zumal solche Institutionen über reichhaltige Erfahrungen auf dem Gebiet der Zwangsvollstreckung verfügen.
Der Erstattungsfähigkeit dieser Kosten vermag auch nicht – wie bereits ausgeführt – entgegenzustehen, daß die Bemühungen des Inkassobüros letztlich erfolglos waren und die Gläubigerin ...