Entscheidungsstichwort (Thema)

Festsetzung der Entschädigung des Sachverständigen

 

Verfahrensgang

AG Wiesbaden (Beschluss vom 11.04.2005; Aktenzeichen 10 IE 1/04)

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 29.11.2005; Aktenzeichen 1 BvR 2035/05)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.

Die Entschädigung des Antragstellers für sein Gutachten vom 18.1.2005 wird auf lediglich 2.920,57 EUR festgesetzt.

Das weitergehende Festsetzungsgesuch des Antragstellers wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosen werden nicht erstattet.

Die weitere Beschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 5.8.2004 den Antragsteller mit der Erstellung eines Gutachtens dazu beauftragt, ob Tatsachen vorliegen, die den Schluss auf Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Gemeinschuldnerin ermöglichen, ob eine die Verfahrenskosten deckende verfügbare Masse vorhanden ist und ob Anordnungen zur vorläufigen Sicherung der Masse erforderlich sind.

Mit Beschluss vom 11.8.2004 ist der Antragsteller zum „schwachen” vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt worden.

Für sein am 18.1.2005 erstattetes Gutachten hat der Antragsteller gerichtliche Festsetzung seiner Entschädigung auf 3.790,57 EUR begehrt, wobei er einen Stundensatz von 95,– EUR zugrundegelegt hat.

Das Amtsgericht hat mit dem angefochtenen, hiermit in Bezug genommenen Beschluss die Entschädigung des Antragstellers antragsgemäß festgesetzt. Mit der hiergegen eingelegten Beschwerde, auf deren Begründung auch verwiesen wird, hat die Bezirksrevisorin beantragt, die Entschädigung des Sachverständigen unter Berücksichtigung eines Stundensatzes von 65,– EUR auf 2.920,57 EUR festzusetzen. Der Antragsteller ist der Beschwerde entgegengetreten.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 24.5.2005 der Beschwerde nicht abgeholfen und hat diese dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Die Beschwerde ist gem. § 4 Abs. 3 JVEG statthaft und auch ansonsten zulässig. Sie ist auch begründet.

Die Kammer ist der Auffassung, dass für einen Sachverständigen, der auch als sogenannter „schwacher” vorläufiger Verwalter tätig ist, gem. § 9 Abs. 1 S. 3 JVEG lediglich ein Honorar von 65,– EUR für jede Stunde seiner Tätigkeit in Ansatz zu bringen ist.

Der vom Amtsgericht vertretenen Auffassung schließt sich die Kammer insoweit an, als § 9 Abs. 2 JVEG weder auf den isolierten Sachverständigen noch auf den wie hier zusätzlich zum schwachen Verwalter bestellten Sachverständigen weder direkt, noch analog noch im Wege der erweiternden Auslegung der Norm anwendbar ist (ebenso OLG Bamberg, NJW-RR 2005, 563 und ZIP 2005, 819; Landgericht Aschaffenburg ZIP 2005, 226; Landgericht Mönchengladbach ZIP 2005, 410; AG Göttingen NJW-RR 2005, 58; a.A. AG Hamburg NJW-RR 2005, 60; AG Kleve ZIP 200, 228).

Eine direkte Anwendung des § 9 Abs. 2 JVEG für den „schwachen” vorläufigen Verwalter scheidet aus, weil dort ausdrücklich geregelt ist, dass nur das Honorar des nach § 22 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 InsO zusätzlich zum „starken” vorläufigen Verwalter bestellten Sachverständigen abweichend von Abs. 1 für jede Stunde 65,– EUR beträgt. In den beiden oben zitierten Entscheidungen hat das OLG Bamberg völlig zutreffend und überzeugend dargetan, aus welchen Gründen der klare Wortlaut des § 9 Abs. 2 JVEG die Anwendung auf den zum „schwachen” Verwalter bestellten Sachverständigen bzw. den isolierten Sachverständigen im Wege der Analogie und der erweiternden Auslegung ausschließt.

Die Kammer schließt sich der Auffassung des OLG Bamberg an und verweist insoweit auf die oben näher zitierten Beschlussfassungen. Mithin kommt die Kammer in Übereinstimmung mit dem OLG Bamberg zu dem vorläufigen Ergebnis, dass sich die Vergütung des zusätzlich zum „schwachen” vorläufigen Verwalter bestellten Sachverständigen nach § 9 Abs. 1 S. 3 JVEG richtet (ebenso Landgericht Mönchengladbach a.a.O.). Die Tätigkeit des „schwachen” vorläufigen Insolvenzverwalters als Sachverständigen zu Fragen der Zahlungsunfähigkeit, Überschuldung und verfügbarer Masse wird in keiner Honorargruppe der Anlage 1 zu § 9 Abs. 2 JVEG benannt.

Da Leistungen der hier maßgeblichen Art ausschließlich durch die Gerichte in Auftrag gegeben werden und somit außergerichtliche und außerbehördliche vereinbarte Stundensätze nicht existieren, deckt sich dies mit der Situation des Sachverständigen im Sinne des § 9 Abs. 2 JVEG. Deswegen ist es trotz der Ablehnung einer erweiternden Auslegung und einer analogen Anwendung des § 9 Abs. 2 JVEG gerechtfertigt, bei der Bemessung des Honorars nach Billigkeitsgesichtspunkten zu dem Ergebnis zu gelangen, dass auch die gutachterliche Tätigkeit des „schwachen” Insolvenzverwalters mit 65,– EUR pro Stunde zu honorieren ist (OLG Bamberg ZIP 2005, 819, 820; Landgericht Mönchengladbach a.a.O.; für den isolierten Sachverständigen ebenso OLG Bamberg NJW-RR 2005, 563, 564).

Dem erklärten Motiv des Gesetzgebers, zu einer Vereinheitlichung der Vergütungspraxis zu kommen, würde es zuwiderlaufen, wenn der isolierte oder der zum schwachen vorläufigen ...

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