Orientierungssatz

Ist der Auftragnehmer verpflichtet, im Zeitraum zwischen Vorlage der Schlussrechnung und dem Empfang der Schlusszahlung sowie der Erfüllung aller bis dahin erhobenen Ansprüche Sicherheit in Höhe von 8% (Kumulation von Vertragserfüllungsbürgschaft über 5% und Gewährleistungsbürgschaft über 3%) zu leisten, ist die entsprechende Sicherungsabrede nach § 307 BGB unwirksam.

 

Normenkette

BGB § 307 Abs. 1 S. 1, §§ 765, 768, 821

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Nebenintervention hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung des jeweiligen Vollstreckungsgläubigers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer von dieser übernommenen Gewährleistungsbürgschaft in Anspruch.

Die Klägerin ist Bauträgerin und errichtete den Wohnpark A in B, zu dem auch die Gebäude A Nr. 6a und A Nr. 14 gehören. Mit Vertrag vom 21.06.2005 beauftragte die Klägerin die C GmbH & Co. KG (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin) mit der Durchführung von Außenanlagearbeiten, die auch die Entwässerung umfassten. Wegen der Einzelheiten wird insoweit auf den Vertrag (Anlage K 1, Bl. 11 ff. der Akte) Bezug genommen. Dem Bauvertrag lagen neben den Vorschriften der VOB/B in der Fassung des Jahres 2002 (Ziff. 2.1.5 des Bauvertrages) das Angebot der Auftragnehmerin vom 01.06.2005 zugrunde (Ziff. 2.1.6 des Bauvertrages; Angebot vom 01.06.2006 als Anlage K 17, Bl. 122 ff. der Akte). Letzteres wiederum umfasste laut Ziff. 1.1 als Bestandteile die von der Klägerin gestellten besonderen Vertragsbedingungen (BVB) sowie die zusätzlichen Vertragsbedingungen (ZVB, Bl. 203 ff. der Akte). Nach den Vertragsbedingungen waren Sicherheiten sowohl für die Vertragserfüllung als auch für die Mängelgewährleistung zu leisten.

In den BVB heißt es unter der Überschrift "Sicherheitsleistung" in Ziff. 4.1:

"Als Sicherheit für die Vertragserfüllung nach ZVB Nr. 22.1 hat der Auftragnehmer eine Bürgschaft nach dem Formblatt 323.1 EFB-Sich-1 in Höhe von 5 v.H. der Auftragssumme zu stellen, sofern die Auftragssumme 100.000 EUR übersteigt.

Leistet der Auftragnehmer die Sicherheit nicht binnen 18 Werktagen nach Vertragsabschluss [...], so ist der Auftraggeber berechtigt, die Abschlagzahlungen einzubehalten, bis der Sicherheitsbetrag erreicht ist.

Nach Empfang der Schlusszahlung und Erfüllung aller bis dahin erhobenen Ansprüche kann der Auftragnehmer verlangen, dass die Bürgschaft in eine Mängelansprüche-Bürgschaft gemäß Formblatt 323.2 EFB-Sich-2 in Höhe von 2 v.H. der Abrechnungssumme umgewandelt wird."

Weiter heißt es unter Ziff. 4.2 BVB:

"Als Sicherheit für die Mängelansprüche nach ZVB Nr. 22.2 werden 3 v.H. der Abrechnungssumme einbehalten.

Der Auftragnehmer kann stattdessen eine Mängelansprüche-Bürgschaft nach dem Formblatt 323.2 EFB-Sich-2 stellen."

Ziff. 4.4. lautet: "Für Bürgschaften gilt ZVB Nr. 23."

Ziff. 22 ZVB lautet:

"22.1 Die Sicherheit für Vertragserfüllung erstreckt sich auf die Erfüllung sämtlicher Verpflichtungen aus dem Vertrag, insbesondere für die vertragsgemäße Ausführung der Leistung einschließlich Abrechnung, Mängelansprüche und Schadensersatz, sowie auf die Erstattung von Überzahlungen einschließlich der Zinsen.

22.2 Die Sicherheit für Mängelansprüche erstreckt sich auf die Erfüllung der Mängelansprüche einschließlich Schadensersatz sowie auf die Erstattung von Überzahlungen einschließlich der Zinsen."

In Ziff. 23.3 heißt es: "Die Bürgschaftsurkunden enthalten folgende Erklärungen des Bürgen:

- Der Bürge übernimmt für den Auftragnehmer die selbstschuldnerische Bürgschaft nach deutschem Recht.

- Auf die Einreden der Anfechtung und der Aufrechnung sowie der Vorausklage gemäß §§ 770, 771 BGB wird verzichtet.

- Die Bürgschaft ist unbefristet; sie erlischt mit der Rückgabe dieser Bürgschaftsurkunde."

Das Werk der Insolvenzschuldnerin wurde am 31.07.2006 abgenommen, kleinere im Abnahmeprotokoll vermerkte Mängel beseitigt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Niederschrift über die Abnahme von Bauleistungen (Anlage K 5, Bl. 36 der Akte) Bezug genommen.

Die Beklagte übernahm unter dem 30.08.2006 eine Bürgschaft für Mängelansprüche gemäß § 13 VOB/B für bereits fertig gestellte und ohne Beanstandungen und Auflagen abgenommene Arbeiten über einen Betrag in Höhe von 7.798,91 EUR. Wegen der Einzelheiten wird insoweit auf die Bürgschaftsurkunde (Anlage K 3, Bl. 50 der Akte) Bezug genommen.

Die Klägerin leistete die Schlusszahlung und kehrte nach Übergabe der Bürgschaft den Sicherheitseinbehalt an die Insolvenzschuldnerin aus.

Über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Bochum vom 05.07.2007 das Insolvenzverfahren eröffnet und die Streithelferin zur Insolvenzverwalterin bestellt.

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