Verfahrensgang
AG Wuppertal (Aktenzeichen 26 Ds 282/08) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten der Staatskasse (§ 473 Abs. 1 StPO) als unbegründet verworfen.
Gründe
Die zulässig erhobene sofortige Beschwerde ist unbegründet. Denn das Amtsgericht hat durch den angefochtenen Beschluss zu Recht die Eröffnung der Hauptverhandlung aus rechtlichen Gründen abgelehnt.
Mit Anklageschrift vom 08. Dezember 2008 hat die Beschwerdeführerin dem Angeschuldigten vorgeworfen, am 26. und 27. August 2008 das Haus I-Straße in X aufgesucht zu haben, um sich mit seinem Laptop Xx Satellite mittels einer drahtlosen Netzwerkverbindung in das offene und über einen WLAN-Router betriebene Funknetzwerk des Zeugen J einzuwählen. Dabei habe er beabsichtigt, die Internetnutzung ohne Zahlung eines Entgeltes zu erlangen.
Mit Beschluss vom 03. August 2010 hat das Amtsgericht X die Eröffnung der Hauptverhandlung aus rechtlichen Gründen abgelehnt, da ein hinreichender Tatverdacht im Sinne des § 203 StPO mangels strafbaren Verhaltens des Angeschuldigten nicht gegeben sei. Das Verhalten des Angeschuldigten erfülle weder den Tatbestand des unbefugten Abhörens von Nachrichten nach §§ 89 S. 1, 148 Abs. 1 TKG noch des unbefugten Abrufens oder Verschaffens personenbezogener Daten nach §§ 44, 43 Abs. 2 Nr. 3 BDSG. Auch eine Strafbarkeit nach § 202b StGB liege nicht vor. Gegen den ihr am 06. August 2010 zugestellten Beschluss wendet sich die Beschwerdeführerin mit der am 11. August 2010 eingelegten sofortigen Beschwerde.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig aber unbegründet. Ein hinreichender Tatverdacht gemäß § 203 StPO liegt nicht vor. Bei vorläufiger Tatbewertung ist die Verurteilung des Angeschuldigten in der Hauptverhandlung nicht wahrscheinlich, da, wie das Amtsgericht X im Ergebnis zutreffend ausgeführt hat, ein strafbares Verhalten nicht ersichtlich ist.
Das vorgeworfene Einwählen in das unverschlüsselt betriebene Funknetzwerk des Zeugen J erfüllt nicht den Tatbestand des unbefugten Abhörens von Nachrichten nach §§ 89 S. 1, 148 Abs. 1 Nr. 1 TKG. Jeder Computer, der sich in ein unverschlüsselt betriebenes WLAN einwählt, erhält von dem im WLAN-Router befindlichen DHCP (dynamic host configuration protocol) Server automatisch eine freie, interne (private) IP-Adresse zugeteilt. Dieser von dem Angeschuldigten ausgelöste Vorgang erfüllt nicht die Voraussetzungen eines strafbaren Abhörens von Nachrichten nach §§ 89 S. 1, 148 Abs. 1 Nr. 1 TKG.
Hierzu hat das Amtsgericht ausgeführt, ein Abhören im Sinne des § 89 TKG liege nicht vor. Dies ergebe sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift. Unter Abhören sei das unmittelbare Zuhören oder das Hörbarmachen für andere, aber auch das Zuschalten einer Aufnahmevorrichtung zu verstehen. Dies erfordere jedenfalls einen zwischen anderen Personen stattfindenden Kommunikationsvorgang, den ein Dritter als Täter mithöre (vgl. Bär MMR, 2005, 434, 440). Es müsse ein bewusster und gezielter Empfang durch den Täter gegeben sein, um von einem Abhören von Nachrichten sprechen zu können. Für einen solchen bewussten und gezielten Empfang von Nachrichten durch den Angeschuldigten gebe es keine Anhaltspunkte. Dem Angeschuldigten sei es ausweislich der Anklage und des Ermittlungsergebnisses nur darauf angekommen, durch Einwählen in das Netzwerk des Zeugen dessen Internetzugang mitbenutzen zu können. Das dabei notwendige Empfangen der IP-Adresse stelle kein Abhören fremder Nachrichten dar, denn hierdurch werde die Vertraulichkeit fremder Kommunikation nicht angegriffen (vgl. Popp, jurisPR-ITR 16/2008 Anm. 4)
Dieser Argumentation schließt sich die Kammer an. Sofern das Amtsgericht X demgegenüber in einer Entscheidung aus dem Jahr 2007 (AG X, Urteil vom 03.04.2007, Az: 22 Ds 70 Js) in einem vergleichbaren Sachverhalt noch eine Strafbarkeit nach §§ 89 S. 1, 148 Abs. 1 Nr. 1 TKG angenommen hatte, ist diese Entscheidung nicht überzeugend, da hierbei nicht berücksichtigt wurde, dass der Nutzer eines offenen WLAN selbst den maßgeblichen Kommunikationsprozess auslöst. Das Abhörverbot im TKG dient, wie sich schon aus der systematischen Stellung des § 89 TKG in dem mit "Fernmeldegeheimnis" überschriebenen Abschnitt ergibt, dem Schutz vertraulicher Kommunikation (vgl. Popp jurisPR-ITR 17/2008, Anm. 4). Dieser Schutzzweck ist bei der Zuteilung und dem Empfang einer IP-Adresse nicht tangiert. Der Angeschuldigte hat nicht zwischen anderen Kommunikationspartnern vertraulich ausgetauschte Daten wahrgenommen, sondern war vielmehr dadurch, dass er die Datenübermittlung initiiert und die darauf übermittelten Daten empfangen hat, selbst Teilnehmer des fraglichen Kommunikationsvorgangs (vgl. Bär MMR 2008, 632, 633). Geht es dem Täter nur darum, ein fremdes Netzwerk zum Zwecke der eigenen Kommunikation zu nutzen, so greift er die Vertraulichkeit fremder Kommunikation ebenso wenig an, wie jemand, der ungefragt ein fremdes Telefon zu einem eigenen Gespräch nutzt (vgl. Popp jurisPR-ITR 17/2008 Anm. 4).
Überdies war die zugeteilte IP-Adresse auch keine ...