Entscheidungsstichwort (Thema)
Mietpreisbindung. Bereicherungsanspruch des Mieters bei unwirksamer Mieterhöhungserklärung. keine rückwirkende Heilung. keine Abkürzung der Nachwirkungsfrist bei verspäteter Aufforderung
Orientierungssatz
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
1. Der Mieter trägt die Beweislast für den Anspruch auf Rückzahlung überhöhter Kostenmiete.
2. Ist eine Mieterhöhungserklärung wegen Verstoßes gegen das WoBindG und die NMV unwirksam, so ist der Vermieter ungerechtfertigt bereichert, wenn der Mieter die Mieterhöhungen oder erhöhten Nebenkosten zahlt. Die unwirksame Erhöhungserklärung kann nicht mehr rückwirkend geheilt werden.
3. Bei verspäteter Aufforderung des Vermieters an den Mieter, die Wohnberechtigung nachzuweisen, kann die Nachwirkungsfrist nicht rückwirkend abgekürzt werden.
Gründe
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, führt in der Sache jedoch nicht zum Erfolg. Das AG hat der Klage nämlich zu Recht stattgegeben.
Allerdings haben die Kläger nicht schon aus § 8 Abs. 2 Satz 2 WoBindG einen Rückzahlungsanspruch gegen die Beklagte. Dazu müßten sie nämlich im einzelnen darlegen, daß sie insgesamt ein höheres Entgelt als die nach § 8 Abs. 1 WoBindG zulässige Kostenmiete gezahlt hätten. Sie müßten also - gegebenenfalls mit Hilfe einer Auskunft nach § 8 Abs. 4 WoBindG - die Kostenmiete berechnen. Das haben sie jedoch nicht getan.
Die Klage ist aber begründet aus § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB. Die Kläger haben nämlich die von der Beklagten verlangten Nebenkosten und Mieterhöhungen ohne rechtlichen Grund gezahlt. Der Rechtsgrund fehlte deshalb, weil das Verlangen von Nebenkosten und die Mieterhöhungen gegen die Bestimmungen des WoBindG und der NMV verstoßen haben. Ob die Beklagte bei Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen diese Beträge als Kostenmiete hätte verlangen können, spielt hier keine Rolle. Entscheidend ist vielmehr, daß das Vorgehen der Beklagten schon aus formalen Gründen rechtswidrig war. Die Fehler können auch nicht mehr rückwirkend geheilt werden. Gemäß § 10 Abs. 2 WoBindG würde eine jetzt noch von der Beklagten erklärte Mieterhöhung nämlich nur für die Zukunft gelten. Der Vortrag der Parteien zur Höhe der gesetzlich zulässigen Kostenmiete ist deshalb für die Entscheidung dieses Rechtsstreits ohne Bedeutung.
Die Vorschriften des WoBindG und der NMV sind auch für den hier streitigen Zeitraum von 1980 bis 1985 anwendbar. Die Wohnung war mit öffentlichen Mitteln gefördert. Durch die vorzeitige vollständige Rückzahlung der öffentlichen Mittel am 29.12.1982 hat sich daran nichts geändert. Das folgt aus § 16 Abs. 1 WoBindG. Danach gilt im Falle der vorzeitigen vollständigen Rückzahlung der öffentlichen Mittel die Wohnung grundsätzlich bis zum Ablauf des achten Kalenderjahres nach dem Jahr der Rückzahlung, längstens jedoch bis zum Ablauf des Kalenderjahres, im dem die Darlehen nach Maßgabe der Tilgungsbedingungen vollständig zurückgezahlt wären, als öffentlich gefördert. Das bedeutet im vorliegenden Fall, daß die von den Klägern bewohnte Wohnung noch bis zum Ablauf des Jahres 1990 als öffentlich gefördert gilt.
Eine Ausnahme von dieser Regel kann hier nur nach § 16 Abs. 3 Nr. 3 WoBindG in Betracht kommen. Danach kann die zuständige Stelle die sogenannte Nachwirkungsfrist abkürzen, wenn der Mieter der Wohnung trotz einer Aufforderung des Vermieters die Fortdauer seiner Wohnberechtigung nicht innerhalb von vier Monaten nachweist. Die Voraussetzungen dafür sind im vorliegenden Fall jedoch nicht erfüllt. Nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag der Kläger fehlt es nämlich schon an einer Aufforderung der Beklagten an die Kläger, die Wohnberechtigung nachzuweisen.
Auf die zwischen den Parteien streitige Frage, ob Wuppertal ein Gebiet mit erhöhtem Wohnungsbedarf ist, kommt es nicht an. Denn diese Voraussetzung spielt nur für die Anwendbarkeit des § 16 Abs. 4 WoBindG eine Rolle. Danach ist Abs. 3 der Vorschrift in Gebieten mit erhöhtem Wohnungsbedarf nicht anwendbar. Im vorliegenden Fall greift jedoch Abs. 3 der Vorschrift - wie gezeigt - ohnehin nicht ein.
Für die von der Klägerin beantragte Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde bzw. der Verwaltungsgerichte besteht kein Anlaß. Auf die Frage des erhöhten Wohnungsbedarfs kommt es nach dem Vorstehenden nicht an. Und der Antrag der Beklagten an den Oberstadtdirektor der Stadt Wuppertal auf Feststellung des Endes der Nachwirkungsfrist nach § 16 Abs. 3 Nr. 3 WoBindG ist nach dem Vortrag der Parteien in diesem Verfahren offensichtlich unbegründet, da es - wie dargelegt - schon an einer Aufforderung der Beklagten im Sinne der genannten Vorschrift fehlt. Diese Aufforderung läßt sich für den hier streitigen Zeitraum auch nicht mehr nachholen. Die Behörde kann nämlich gem. § 16 Abs. 3 Nr. 3 Satz 2 WoBindG nur für die Zukunft entscheiden.
Fundstellen