Entscheidungsstichwort (Thema)
Eintrittspflicht der Gebäudeversicherung: Konkludenter Regressverzicht gegenüber den Mitgliedern einer Wohngruppe psychisch Kranker. Eintrittspflicht der Gebäudeversicherung: leicht fahrlässige Verursachung eines Wohnungsbrandes
Orientierungssatz
1. Ein Gebäudeversicherungsvertrag ist dahin auszulegen, dass der Versicherer konkludent auf einen Regress gegen den Mieter insoweit verzichtet, als ihm auch gegen seinen Versicherungsnehmer der Rückgriff versagt wäre. Dies gilt auch dann, wenn der Mieter den Schaden möglicherweise auf seine Haftpflichtversicherung abwälzen kann.
2. Ein derartiger Regressverzicht gilt auch gegenüber den Bewohnern eines Gebäudes, die von einem Verein zur Unterstützung psychisch Kranker, der den Versicherungsvertrag geschlossen hat, in dem Gebäude untergebracht sind. Solche Bewohner sind insofern Mietern gleichzustellen.
3. Dieser konkludente Regressverzicht kommt zur Anwendung, wenn ein Wohnungsmieter bzw. eine ihm gleichgestellte Person einen Wohnungsbrand leicht fahrlässig herbeiführt.
4. Eine grob fahrlässige Brandverursachung lässt sich nicht deshalb annehmen, weil für einen Wohnungsbrand (ohne die Möglichkeit weitere Aufklärung) davon auszugehen ist, dass dieser durch eine (noch glimmende) Zigarette ausgelöst wurde, die morgens im Bett sitzend geraucht und dann in einem Aschenbecher auf dem Nachttisch ausgedrückt wurde.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages.
Tatbestand
Mit der Klage nimmt die Klägerin, die als Versicherer für einen Brandschaden aufzukommen hatte, die Beklagte als angebliche Brandverursacherin aus übergegangenem Recht nach § 67 VVG in Anspruch.
Die Klägerin ist Gebäudeversicherer der Q e.V. in X, die Trägerin eines Hauses für psychisch kranke Erwachsene in der C-Straße - 84 in X ist. Dort ist eine mehrköpfige Wohngruppe, unter anderem auch die Beklagte, untergebracht. Am 10.11.1999 kam es in dem allein von der Beklagten bewohnten Zimmer in dem versicherten Gebäude gegen 10.15 Uhr zu einem Brand, dessen Ausgangspunkt im Bereich des Kopfendes des Bettes bzw. des Nachttisches zu suchen war. Bei diesem Brand entstand ein erheblicher Schaden, zu dessen Ausgleich die Klägerin an ihre Versicherungsnehmerin, die Q e.V., Ersatzleistungen erbrachte.
Zum Zeitpunkt des Brandes war die Beklagte haftpflichtversichert, wobei abweichend von § 4 Zi 1 Nr. 6 a) AHB eine Einstandspflicht auch hinsichtlich Mietsachenschäden bestand.
Am Morgen des Brandgeschehens rauchte die Beklagte auf ihrem Bett sitzend in ihrem Zimmer Zigaretten.
Die Klägerin behauptet, der Brand sei durch unsachgemäßen Umgang mit den brennenden Zigaretten verursacht worden. Die Schadenshöhe belaufe sich auf 352.033,00 DM, einen Betrag in dieser Höhe habe sie ihrer Versicherungsnehmerin überwiesen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 352.033,00 DM nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG seit dem 09.09.2000 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie behauptet, sie sei schuldunfähig. Sie meint, ein Rückgriff gegen sie komme auch deshalb nicht in Betracht, weil sie in den Schutzbereich des zwischen der Q e.V. und der Klägerin geschlossenen Versicherungsvertrages einbezogen sei, zumindest sei aber von einem Regressverzicht zu ihren Gunsten auszugehen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist nicht begründet, zu Unrecht begehrt die Klägerin Ersatz des durch den Brand entstandenen und von ihr gegenüber ihrer Versicherungsnehmerin ausgeglichenen Schadens; ein Anspruch aus übergegangenem Recht gemäß § 67 VVG in Verbindung mit § 823 BGB besteht nicht.
1. Insoweit steht dem Anspruch nicht entgegen, dass Versicherungsnehmerin der Klägerin ein Verein und die Beklagte dem Vereinszweck entsprechend in einem dem Verein gehörenden Raum wohnte. Entgegen der Auffassung der Beklagten steht § 80 VVG dem Regressanspruch der Klägerin nicht entgegen, da der Sinn dieser Vorschrift darin besteht, jene Personen, die anstelle des nicht handlungsfähigen Versicherungsnehmers (z. B. GmbH oder Verein) die Eigentümerbefugnisse ausüben, vertragsgemäß zu schützen. Nicht geschützt ist hingegen das Interesse solcher Personen, die lediglich dem Vereins- oder Gesellschaftszweck entsprechend Kontakt zu dem Versicherungnehmer haben.
2. Ein Rückgriff gegen die Beklagte ist jedoch ausgeschlossen, da die ergänzende Vertragsauslegung des Versicherungsvertrages zu einem konkludenten Regressverzicht des Versicherers für jene Fälle führt, in denen der Wohnungsmieter einen Brandschaden durch einfache Fahrlässigkeit verursacht hat und ein grob fahrlässiges oder vorsätzliches Verhalten der Beklagten nicht vorliegt.
a. Was Inhalt des Versicherungsvertrages ist, insbesondere welches Interesse die Parteien als versichert vereinbart haben, ist durch Auslegung zu ermitteln. Diese Auslegung beruht auf dem für den Versicherer erken...