Leitsatz (amtlich)
Hauptverhandlungen beim AG von 35 und 40 Minuten sind nicht von so kurzer Dauer, dass nicht die Mittelgebühr gerechtfertigt wäre
Tenor
1.
Auf die sofortige Beschwerde wird unter Aufhebung des Abhilfebeschlusses des Amtsgerichts Pirmasens vom 31.01.2012 der Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Pirmasens vom 27.10.2011 dahingehend abgeändert, dass weitere 565,05 EUR als notwendige Auslagen gegen die Staatskasse festgesetzt werden..
2.
Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Beschwerdeführer insoweit entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.
Gründe
I.
Durch rechtskräftiges Urteil vom 26.07.2011 hat das Amtsgericht Pirmasens nach zwei Verhandlungstagen die ehemalige Angeklagte X. vom Vorwurf des gemeinschaftlichen Diebstahls von Altkleidersäcken im Wert von ca. 180,-- EUR aus tatsächlichen Gründen freigesprochen und seine notwendigen Auslagen der Staatskasse auferlegt.
Die ehemals Angeklagte hat ihre Forderungen an ihren Verteidiger wirksam abgetreten, der Verteidiger beantragt, folgende Auslagen gegen die Staatskasse festzusetzen:
Grundgebühr, VV 4100 RVG: 165,00 EUR
Verfahrensgebühr, VV 4106 RVG: 140,00 EUR
Terminsgebühr, VV 4108 RVG (12.7.) 230,00 EUR
Terminsgebühr, VV 4108 RVG (26.7.) 230,00 EUR
Pauschalauslagen VV 7002 RVG 20,00 EUR
32 Kopien aus EMA 16,00 EUR
2* Abwesenheitsgeld, VV 7005 Nr.2 RVG 70,00 EUR
Zwischensumme: 969,40 EUR
Zzgl. MwSt. von z.Zt. 19%, VV 7008 RVG:165,49 EUR
Gesamt: 1.036,49E
Die Rechtspflegerin setzte mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 27.10.2011 lediglich einen Erstattungsbetrag von 471,44E fest, insbesondere weil die Mittelgebühr unbillig und vielmehr aufgrund der Einfachheit der Sache lediglich das Dreifache der jeweiligen Mindestgebühr angemessen sei. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass die Verhandlungen 35 und 40 Minuten gedauert hätten und somit von "sehr kurzer Dauer" gewesen seien. Die Angeklagte sei an der Tat nicht beteiligt gewesen, habe jedoch den in Betracht kommenden Täter erst in der Haupt-verhandlung preisgegeben. Eine Verurteilung sei weiterhin unwahrscheinlich gewesen. Eine Dauer von insgesamt mehr als 4 Stunden für 2 Fahrten der Strecke Germersheim-Pirmasens und zurück sei ferner nicht nachvollziehbar.
Gegen diesen Beschluss hat der Verteidiger form- und fristgerecht sofortige Beschwerde ein-gelegt, dieser wurde durch das Amtsgericht "in Höhe von 53,55 EUR abgeholfen", da bei eine Verhandlungsgebühr nebst Mehrwertsteuer nicht mitgerechnet worden sei und hat der Kammer im Übrigen die sofortige Beschwerde zur Entscheidung vorgelegt. Insoweit verweist die Rechtspflegerin u.a. darauf, dass der Verteidiger erst im ersten Hauptverhandlungstermin in Erscheinung getreten sei und keine Anhaltspunkte bestünden, er sei schon vorher mit dem Fall befasst gewesen.
II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Im Einzelnen:
Da der Rechtspflegerin nach zutreffender herrschender Auffassung - im Gegensatz zum Zivilverfahren - nur im Fall des § 311 Abs. 3 S.1 StPO ein Abhilferecht zusteht (vgl Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl. § 464b Rn. 7; Gieg in Karlsruher Kommentar zur StPO, 6. Aufl. § 464b Rn. 4 m.w.N.), war die Abhilfeentscheidung des Amtsgerichts aufzuheben.
Dem Beschwerdeführer stehen die geltend gemachten Termins- und Verfahrensgebühren zu.
Nach der ständigen Rechtsprechung der Kammer (vgl. u.a. Beschlüsse v. 14.06.10, Az. Qs 33/10 u. 13.01.12, Az. QS 131/11) ist grundsätzlich von der Mittelgebühr als Bemessungsgrundlage auszugehen. Die Mindestgebühr bzw. deren Anhebung kommt lediglich bei ganz einfachen Sachen von geringem Gewicht und Umfang in Betracht, wenn auch die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, die Bedeutung der Sache und die Einkommens- und Vermögensverhältnisse unterdurchschnittlich sind. Hierfür liegen keine ausreichenden Anhaltspunkte vor.
Zwar mag die Angeklagte sich noch in Ausbildung befunden haben, so dass sie nur über ein unterdurchschnittliches Einkommen verfügt, insgesamt bewegt sich jedoch die durch den Verteidiger vorgenommene Gebührenbestimmung in einem Rahmen, der zumindest die 20%-Grenze nicht erreicht hat und sich somit nicht als unbillig darstellt. Die Tatsache, dass der Verteidiger für das Gericht erstmals mit der Sache befasst war, ist keine hinreichende Begründung für die Annahme einer derart einfachen Sache, die eine Reduzierung rechtfertigen könnte. Denn in aller Regel dürfte sich die Verteidigung nicht darauf beschränken, im Termin aufzutreten. Der Verteidiger verweist insoweit darauf, dass er die Ermittlungsakte gelesen und mit der Angeklagten besprochen habe. Dies entspricht auch dem normalen Procedere einer Strafverteidigung.
Eine Verfahrensdauer von 35 und 40 Minuten ist bei einer Sitzung des Strafrichters ebenfalls kein Indiz für eine einfache Angelegenheit, zumal vorliegend neben der Einlassung der beiden Angeklagten das Amtsgericht jeweils zwei Zeugen vernahm. Auch der Hinweis, die Angeklagte habe erst in der Hauptverhandlung die entscheidenden Zeugen benannt, ist bere...