Hans Lauschke, Jolanta Zupkauskaité
I. Umfang des Nachlasses
Rz. 10
Art. 5.1.2 lit. BGB bestimmt den Umfang des Nachlasses. Grundsätzlich umfasst der Nachlass das gesamte Vermögen und alle Rechte und Pflichten des Verstorbenen. Nach Art. 5.1.2 lit. BGB können das bewegliche und unbewegliche Vermögen einschließlich Forderungen und Immaterialgüterrechte (Patente, Warenzeichen etc.) in den Nachlass fallen, ebenso wie Verbindlichkeiten. Art. 5.1.3 lit. BGB benennt Rechte und Pflichten, die als Ausnahme von diesem Grundsatz nicht vererbt werden können. Dies betrifft Rechte und Pflichten, die untrennbar mit der Person des Verstorbenen verbunden sind (Namensrechte, Urheberrechte etc.). Weiter gehören hierzu Unterhaltsansprüche, Beihilfen oder Renten des Erblassers, es sei denn, das Gesetz bestimmt etwas anderes.
II. Gesetzliche Erbfolge
Rz. 11
Die gesetzliche Erbfolge tritt ein, wenn
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kein Testament vorhanden ist oder soweit mit dem Testament nicht das ganze Vermögen des Erblassers an die Erben übertragen wurde; |
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das Testament für ungültig erklärt wurde; |
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die testamentarischen Erben auf ihren Erbteil ausdrücklich verzichtet oder die Erbschaft nicht angenommen haben; |
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ein testamentarischer Erbe vor Eintritt des Erbfalls gestorben und ein weiterer nicht eingesetzt ist. |
Rz. 12
Gesetzliche Erben sind:
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die Verwandten (Art. 5.5.1.1, 5.11 lit. BGB); |
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der überlebende Ehegatte des Verstorbenen (Art. 5.5.1.1, 5.13 lit. BGB); |
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der Staat (Art. 5.5.1.1 lit. BGB). |
III. Erbrecht der Verwandten
Rz. 13
Die gesetzliche Erbfolge unterteilt sich in sechs Ordnungen. Gemäß Art. 5.11 lit. BGB erben die folgenden Personen zu gleichen Teilen:
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Verwandte erster Ordnung: Kinder (Adoptivkinder) des Erblassers sowie die Kinder, die nach seinem Tod geboren wurden; |
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Verwandte zweiter Ordnung: Eltern (Adoptiveltern) und Enkelkinder des Erblassers; |
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Verwandte dritter Ordnung: Großeltern mütterlicher- und väterlicherseits und Urenkel des Erblassers; |
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Verwandte vierter Ordnung: Geschwister und Urgroßeltern mütterlicher- und väterlicherseits des Erblassers; |
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Verwandte fünfter Ordnung: Kinder der Geschwister des Erblassers (Nichten und Neffen) sowie die Geschwister der Eltern (Onkel und Tanten); |
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Verwandte sechster Ordnung: Kinder der Geschwister der Eltern des Erblassers (Cousinen und Cousins). |
Rz. 14
Angehörige vorhergehender Ordnungen schließen Angehörige nachfolgender Ordnungen aus:
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Verwandte der zweiten Ordnung erben nur, wenn Verwandte der ersten Ordnung nicht vorhanden sind, wenn diese die Erbschaft nicht annehmen oder auf diese ausdrücklich verzichten oder wenn ihnen das Recht zu erben entzogen wurde (Art. 5.11.2 lit. BGB); |
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Verwandte der dritten Ordnung oder nachrangigen Ordnung erben nur, wenn kein Erbe höherer Ordnung vorhanden ist, ein solcher die Erbschaft ablehnt oder ihm das Recht zu erben entzogen wurde (Art. 5.11.2 lit. BGB). |
Rz. 15
Verstirbt eine nach der gesetzlichen Erbfolge zur Erbschaft berechtigte Person, so treten deren Abkömmlinge an ihre Stelle. Die Enkel und Urenkel des Erblassers erben in diesem Fall zusammen mit den Erben der ersten und zweiten Ordnung. Sie erben zu gleichen Teilen den Teil des Erbes, der dem Vorverstorbenen zugestanden hätte (Art. 5.12 lit. BGB).
IV. Erbrecht des Ehegatten
Rz. 16
Gemäß Art. 5.13 lit. BGB ist der überlebende Ehegatte nach der gesetzlichen Erbfolge entweder Alleinerbe oder erbt gemeinsam mit den Erben der ersten Ordnung bzw. den Erben der zweiten Ordnung. Zusammen mit den Erben der ersten Ordnung erhält der Ehegatte eine Erbquote von einem Viertel, wenn es neben dem Ehegatten nicht mehr als drei Erben gibt. Andernfalls erben alle zu gleichen Teilen. Neben Erben der zweiten Ordnung erhält der Ehegatte die Hälfte des Erbes. Neben Angehörigen der weiteren Ordnungen ist er gesetzlicher Alleinerbe.
Rz. 17
Wurde zwischen den Ehegatten kein Ehevertrag geschlossen, so besteht die gesetzliche ehegüterrechtliche Vermutung, dass jedem Ehegatten die Hälfte des gemeinsamen Vermögens zusteht. Bei Tod eines Ehegatten besteht das zu vererbende Vermögen des verstorbenen Ehegatten nur aus seinem Anteil am gemeinsamen Vermögen und seinem daneben bestehenden persönlichen Vermögen, welches nicht in das gemeinsame Vermögen fällt. Die andere Hälfte des Vermögens steht dem überlebenden Ehegatten aufgrund ehegüterrechtlicher Vorschriften zu (Art. 3.117, 3.87, 3.88 lit. BGB).
Rz. 18
Der überlebende Ehegatte verwirkt sein Erbrecht gem. Art. 5.7 lit. BGB, wenn der Erblasser vor der Testamentseröffnung gerichtlich aus Gründen, die auf einem Verschulden des überlebenden Ehegatten beruhen, die Auflösung der Ehe beantragt und das Gericht einen Grund für die Auflösung der Ehe festgestellt hat. Eine Verwirkung des Erbrechts tritt auch ein, wenn ein Gericht die Ehe bereits vor der Testamentseröffnung geschieden hatte oder falls zu diesem Zeitpunkt Gründe vorlagen, die in einem gerichtlichen Verfahren zu einer Ungültigkeitserklärung der Ehe geführt hätten. Letzteres gilt nicht, wenn die Ungültigkeit nicht auf einem Fehler des überlebenden Ehegatten beruht.
Seit dem 1.1.2023 gibt es eine zusätzliche Bestimmung, nach der der überlebende Ehegatte sein gese...