Jolanta Zupkauskaité, Yvonne Goldammer
I. Vermögensteilung
Rz. 58
Die rechtlichen Folgen der Scheidung hinsichtlich der Vermögensinteressen entfalten ihre Wirkung vom Beginn des Scheidungsverfahrens an. In dem Fall, dass einer der Ehepartner das Scheitern nicht verschuldet hat, kann er beim Gericht beantragen, dass die rechtlichen Folgen der Scheidung vom Tag der tatsächlichen Trennung an gelten sollen (Art. 3.67 ZGB).
Rz. 59
Das Gemeinschaftsvermögen kann bei Scheidung auf Antrag eines Ehepartners oder ihrer Gläubiger (!) durch eine gemeinsame Vereinbarung oder durch eine gerichtliche Entscheidung geteilt werden (Art. 3.116 ZGB). Das gilt auch dann, wenn die Ehepartner keinen Ehevertrag geschlossen haben. Bei der Teilung wird vermutet, dass den Ehepartnern der gleiche Anteil am Gemeinschaftsvermögen zusteht. Soll von dieser gesetzlichen Vermutung abgewichen werden, so gilt das nur in den gesetzlich geregelten Fällen. Das betrifft Fälle, in denen aufgrund des Interesses der minderjährigen Kinder, des Gesundheitszustandes oder der finanziellen Situation eines Ehepartners oder anderer wichtiger Gründe ein Abweichen gerechtfertigt ist, so dass diesem Ehepartner dann ein größerer Anteil am Vermögen zugesprochen wird (Art. 3.123 ZGB).
Rz. 60
Das Gericht hat beim Vermögensausgleich zuerst das Gemeinschaftsvermögen und das individuelle Vermögen festzustellen. Das Gemeinschaftsvermögen ist zunächst zur Zahlung der fälligen Schulden dieses Vermögens zu verwenden. Ist der Zahlungsanspruch noch nicht fällig oder wird der Anspruch bestritten, ist der Wert des zu teilenden Gemeinschaftsvermögens um diesen Betrag herabzusetzen. Nach Feststellung des individuellen Vermögens der Ehepartner und nach Abzug ihrer persönlichen Schulden ist eine Ausgleichsbilanz zu erstellen, die die Beträge auflistet, die einer oder beide Ehepartner als Ausgleich an das Gemeinschaftsvermögen zu zahlen haben oder die sie aus dem Gemeinschaftsvermögen erhalten. Die positive Bilanz des Gemeinschaftsvermögens ist grundsätzlich zu gleichen Teilen zu teilen. Als Wert des zu teilenden Gemeinschaftseigentums ist der Verkehrswert zum Zeitpunkt der Beendigung des Gemeinschaftseigentums der Ehepartner zugrunde zu legen (Art. 3.119 ZGB). Das zu teilende Vermögen umfasst nicht bewegliche Sachen für den Bedarf der ehelichen minderjährigen Kinder sowie Kleidung und persönliche Habe, ferner nicht die persönlichen Vermögensinteressen und Nichtvermögensrechte, die sich nur auf einen bestimmten Ehepartner beziehen (Art. 3.120 Abs. 1 ZGB).
Rz. 61
Das Gesetz sieht vor, dass das Bestehen des gesetzlich geregelten Instituts des Familienvermögens u.a. mit der Scheidung endet (Art. 3.86 Abs. 1 ZGB). Das Gericht kann aber dem Ehepartner, bei dem die ehelichen minderjährigen Kindern nach der Scheidung leben, das Recht zur Nutzung des Familienvermögens oder eines bestimmten Teils daran ("Nießbrauch") gewähren. Das Nießbrauchsrecht erlischt bei Volljährigkeit der Kinder. Sofern die Ehepartner in einer gemeinsam gemieteten Wohnung zusammengelebt haben, kann das Gericht die Rechte aus dem Mietvertrag dem Ehepartner übertragen, der mit den Kindern dort leben wird oder der erwerbsunfähig ist. Darüber hinaus kann das Gericht diesem Ehepartner das dem Haushalt dienende Mobiliar zusprechen.
Rz. 62
Die Ehepartner können aber ihre Vermögensverhältnisse für den Fall der Scheidung auch durch einen Ehevertrag regeln. In dem Vertrag kann u.a. das Verfahren zur Teilung des Vermögens geregelt werden (Art. 3.104 Abs. 4 ZGB). Dabei ist aber Art. 3.121 Abs. 2 ZGB zu beachten, wonach eine Vereinbarung im Ehevertrag, welche das individuelle Vermögen eines Ehepartners dem Gemeinschaftseigentum zuordnet, unwirksam ist, wenn daraus den Gläubigern eines Ehepartners ein Schaden entsteht. Kann aus diesem Grund eine volle Befriedigung der Gläubiger aus dem individuellen Vermögen des Ehepartners nicht erlangt werden, setzt sich der Restanspruch des Gläubigers am Gemeinschaftsvermögen fort.
II. Nachehelicher Unterhalt
1. Allgemeines
Rz. 63
Das Gesetz formuliert als Regel die Anordnung des Unterhalts durch das Gericht und als Ausnahme den Ausschluss eines Unterhaltsanspruchs für den Fall, dass das Vermögen oder Einkommen des Ehepartners ausreicht, um für sich selbst zu sorgen. Es gilt die gesetzliche Vermutung, dass Unterhalt notwendig ist, wenn einer der Ehepartner ein eheliches minderjähriges Kind erzieht oder aufgrund seines Alters oder Gesundheitszustandes arbeitsunfähig ist. Des Weiteren kann der Ehepartner, der wegen der Ehe, gemeinsamer Familieninteressen oder wegen der Kindererziehung seine berufliche Qualifikation (Beendigung des Studiums) nicht erreichen konnte, vom früheren Ehepartner die Deckung der Kosten im Hinblick auf eine Beendigung des Studiums oder eine Umschulung verlangen.
2. Berechnung
Rz. 64
Das Gericht hat bei der Entscheidung über die Anordnung des Unterhalts und des Unterhaltsbetrages die Dauer der Ehe, den Unterhaltsbedarf, das Vermögen der früheren Ehepartner, den Gesundheitszustand, das Alter, die Arbeitsfähigkeit sowie die Möglichkeit des arbeitslosen Ehepartners, eine Arbeit zu finden, sowi...