Jolanta Zupkauskaité, Yvonne Goldammer
Rz. 89
Die Rechtsverhältnisse der Adoption werden grundsätzlich durch Teil V (Art. 3.209–3.228 ZGB) des Dritten Buches des ZGB geregelt. Darüber hinaus gelten zahlreiche bilaterale Rechtshilfeabkommen, internationale Konventionen sowie weitere nationale Gesetze und Verordnungen der Regierung oder des Parlaments sowie Verordnungen des Ministers für Sozialschutz und Arbeit.
Rz. 90
Das litauische Rechtssystem kennt grundsätzlich nur die Volladoption, da die Adoptiveltern ab Rechtskraft der Gerichtsentscheidung als Eltern des Kindes gelten. Zu den Folgen der Adoption zählt die Aufhebung der persönlichen Rechte und der Vermögensrechte sowie der Pflichten zwischen Eltern und Kindern und deren Verwandten. Durch die Adoption werden Rechte und Pflichten zwischen den Adoptiveltern sowie ihren Verwandten und den Adoptivkindern sowie ihrer Nachkommen begründet (Art. 3.227 ZGB).
Rz. 91
Das Verfahren der Adoption beginnt bei der Kinderrechtsschutzbehörde. Diese sucht zusammen mit der Adoptionsbehörde nach positiven Gutachten über die Bereitschaft zur Adoption und zur Eintragung in die Liste der Adoptionspersonen ein zu adoptierendes Kind aus. Die potenziellen Adoptiveltern können nach einem Treffen mit dem Kind in dessen Umgebung und nach einer positiven Entscheidung einen Antrag an das zuständige Amtsgericht auf Erteilung der Adoptionserlaubnis stellen. Die Adoption wird durch die Gerichtsentscheidung abgeschlossen und muss in gesetzlich vorgeschriebener Weise registriert werden. Bei den Gerichtsverhandlungen ist die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Des Weiteren darf die Tatsache einer Adoption bis zur Volljährigkeit des Kindes ohne Zustimmung der Adoptiveltern nicht mitgeteilt werden. Die Information über die Adoption kann dem Kind ab einem Alter von 14 Jahren, den ehemaligen Verwandten des Kindes oder anderen Personen mit Erlaubnis des Gerichts aus wichtigen Gründen mitgeteilt werden (Art. 3.221 ZGB). Die Adoption wird beim Standesamt, das die Geburt des Kindes registriert hat, aufgrund der Gerichtsentscheidung eingetragen. Bekommt das Kind einen neuen Namen oder den Familiennamen der Adoptiveltern, werden diese Angaben in der Geburtsurkunde entsprechend geändert.
Rz. 92
Die Adoption wird nur im Interesse des Kindes vollzogen. Es ist nicht erlaubt, Kinder unter 3 Monaten zu adoptieren. Die Adoption von Geschwistern wird sehr gefördert. Im Gegensatz dazu ist eine Adoption, bei der Geschwister getrennt werden, nur im Ausnahmefall erlaubt (Art. 3.209 Abs. 1, 3, 6 ZGB). Für eine Adoption ist das vom Gericht bestätigte Einverständnis der Eltern des Kindes notwendig (Art. 3.212 Teil 1 ZGB), das bis zur positiven Gerichtsentscheidung über die Adoption widerrufen werden kann (Art. 3.213 Teil 1 ZGB). Die Kinder werden von der Adoptionsbehörde in die Liste der zu adoptierenden Kinder eingetragen. Eine Ausnahme gilt für jene Fälle, in denen das Kind des Ehepartners oder ein Kind aus der Familie der gewünschten Adoptionsperson adoptiert werden soll (Art. 3.209 Abs. 2 ZGB).
Rz. 93
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Adoptiveltern sind die volle Geschäftsfähigkeit, Arbeitsfähigkeit (darbingas amžius) sowie die Bereitschaft zur Adoption (Art. 3.210 ZGB), welche durch ein Gutachten des attestierenden Sozialarbeiters festgestellt wird. Der Altersunterschied zwischen dem Adoptivkind und den Adoptiveltern muss mindestens 18 Jahre betragen. Das Gericht kann diesen im Ausnahmefall auf 15 Jahren vermindern (Art. 3.211 ZGB).
Rz. 94
Es bestehen bei der sog. internationalen Adoption einige Besonderheiten hinsichtlich der gesetzlichen Regelungen. Staatsbürger der Republik Litauen, die ständig im Ausland leben, sowie Ausländer müssen sich hinsichtlich einer internationalen Adoption an die zentrale Adoptionsbehörde in ihrem Land oder an die ausländische Behörde, die für internationale Adoptionen in Litauen bevollmächtigt ist, wenden. Seit dem 1.4.2012 dürfen die ständig im Ausland lebenden Ausländer nur Kinder mit speziellen Bedürfnissen (vaikai su specialiaisiais poreikiais) adoptieren. Ein Recht zur internationalen Adoption besitzen nur Ehepaare (susituokusios užsienio piliečių poros). Eine Adoption durch ausländische Personen ist dann möglich, wenn innerhalb von 6 Monaten nach Eintragung des Kindes in die Liste der zu adoptierenden Kinder keine Anträge zur Adoption oder Vormundschaft litauischer Staatsbürger gestellt wurden. Für die internationale Adoption ist zusätzlich die Zustimmung des Vormunds des Kindes notwendig. Das Gericht berücksichtigt die Erziehungsbereitschaft, die ethnische Abstammung, die Religions- und Kulturangehörigkeit, die Muttersprache des Kindes sowie die Übereinstimmung des Rechts des ausländischen Staates mit der Haager Konvention vom 29.5.1973 über den Kinderschutz und die Zusammenarbeit im Bereich der internationalen Adoption (Art. 3.224 ZGB). Ausschließlich zuständig für Anträge ausländischer Adoptionswilliger ist das Bezirksgericht Vilnius (Art. 3.220 Teil 2 ZGB, Art. 28 Teil 1 Punkt 3 ZPO).