Jolanta Zupkauskaité, Yvonne Goldammer
Rz. 43
Die Ehe kann im beiderseitigen Einverständnis (Art. 3.51 ff. ZGB), auf Antrag eines Ehepartners (Art. 3.55 ff. ZGB) oder aufgrund des Verschuldens eines oder beider Ehegatten (Art. 3.60 ff. ZGB) geschieden werden.
1. Einverständliche Scheidung
Rz. 44
Für eine Ehescheidung im beiderseitigen Einverständnis der Ehegatten müssen die folgenden gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sein (Art. 3.51 Teil 1 ZGB):
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seit der Eheschließung ist mehr als ein Jahr vergangen; |
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beide Ehegatten haben einen Vertrag über die Scheidungsfolgen geschlossen (Vermögensteilung, Kinderunterhalt etc.); |
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beide Ehegatten sind voll geschäftsfähig. |
Rz. 45
Das Gericht fällt die Entscheidung über die Ehescheidung, wenn es davon überzeugt ist, dass sich die Ehe faktisch aufgelöst hat. Die Ehe gilt als aufgelöst, wenn die Ehegatten nicht mehr zusammenleben und keine Hoffnung besteht, dass sie wieder zusammenleben werden. Es wird vermutet, dass die Ehe sich aufgelöst hat, wenn die Ehegatten mehr als ein Jahr weder eine gemeinsame Hauswirtschaft noch ein Eheleben führen (Art. 3.53 Teil 1, 2 ZGB). Es sind außerdem die Gründe anzugeben, warum nach Meinung der Ehepartner die Ehe gescheitert ist.
2. Einseitige Scheidung
Rz. 46
Die Ehe kann gem. Art. 3.55 Abs. 1 ZGB auf Antrag eines Ehepartners durch das Gericht aufgelöst werden, wenn mindestens eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist:
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die Ehegatten leben seit mehr als einem Jahr getrennt (separacija); |
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einer der Ehegatten ist nach der Eheschließung durch Gerichtsurteil für geschäftsunfähig oder beschränkt geschäftsfähig erklärt worden; |
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einer der Ehegatten ist durch Gerichtsurteil für verschollen erklärt worden; |
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einer der Ehegatten verbüßt eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr für eine nicht vorsätzlich begangene Straftat. |
Rz. 47
Das Gericht hat bei seiner Entscheidung gleichzeitig den Wohnsitz der gemeinsamen minderjährigen Kinder und deren Unterhalt sowie den nachehelichen Unterhalt der Ehegatten und die Teilung des Vermögens anzuordnen (Art. 3.59 ZGB).
3. Einseitige verschuldensbedingte Scheidung
Rz. 48
Ein Ehegatte kann die Scheidung auch beantragen, wenn die Ehe aufgrund des Verschuldens des anderen Ehegatten gescheitert ist. Das Verschulden des Ehepartners gilt als nachgewiesen, wenn er grundsätzlich seine Pflichten als Ehepartner verletzt hat und deswegen ein Zusammenleben der Ehepartner unmöglich geworden ist. Das Verschulden des Ehepartners wird vermutet, wenn er aufgrund einer vorsätzlichen Straftat verurteilt worden ist, ehelich untreu ist oder wenn der Ehepartner den anderen Ehepartner oder andere Familienmitglieder grausam behandelt oder die Familie verlassen hat und seit mehr als einem Jahr nicht mehr für die Familie sorgt (Art. 3.60 ZGB). Bei Klagen, die aus diesem Grund erhoben werden, kann auf Antrag eines Ehegatten die Öffentlichkeit beschränkt werden. Beide Ehegatten können ebenfalls beantragen, dass das Gericht in seinem Urteil keine konkreten Angaben, die auf das Verschulden des Ehepartners hinweisen, macht, sondern in seiner Entscheidung lediglich angibt, dass die Ehe durch das Verschulden eines oder beider Ehepartner gescheitet ist (Art. 3.63 ZGB).
Rz. 49
Da im vereinfachten Verfahren gem. Art. 3.51 und Art. 3.55 ZGB die Parteien keine Gerichtsgebühr zu zahlen haben (Art. 83 Teil 1 Ziff. 12 ZPO), weist diese Regelung darauf hin, dass in der Praxis die meisten Scheidungen im beiderseitigen Einverständnis oder auf Antrag eines Ehepartners erfolgen.