Hans Lauschke, Jolanta Zupkauskaité
Rz. 42
Eine natürliche Person kann gem. Art. 5.19.1 lit. BGB in einem Testament nach eigenem Ermessen ihr gesamtes Vermögen oder Teile davon an eine oder mehrere Personen vererben, unabhängig davon, ob diese ihre gesetzmäßigen Erben sind. Gemäß Art. 5.5.1 lit. BGB sind alle natürlichen Personen erbfähig, die zur Zeit des Todes des Erblassers am Leben sind; zudem mit der Geburt solche, die vor dem Tod des Erblassers gezeugt waren und danach geboren werden, sowie solche von dem Erblasser benannte Personen, die nach seinem Tod gezeugt werden. Erbfähig sind weiter der Staat, die Gemeinden und juristische Personen (Art. 5.5.2, 5.19.1 lit. BGB). Dies gilt auch für juristische Personen, die in Ausführung des Testaments erst noch gegründet werden müssen (Art. 5.19.2 lit. BGB). Der Testator kann zudem Personen enterben (Art. 5.19.3 lit. BGB).
Rz. 43
Der Erblasser kann dem Erben durch das Testament Verpflichtungen auferlegen (Vermächtnis). Gemäß Art. 5.23 lit. BGB kann der Testator dem Erben aufgeben, das Vermächtnis zugunsten einer oder mehrerer Personen zu erfüllen. Der Vermächtnisnehmer muss das Vermächtnis innerhalb von drei Monaten nach Kenntnisnahme bzw. Möglichkeit der Kenntnisnahme annehmen (Art. 5.24.1 lit. BGB). Sollte der Erbe das Vermächtnis nicht erfüllen, so kann die Erfüllung vor Gericht eingeklagt werden.
Rz. 44
Ein litauisches Testament ist des Weiteren nicht bedingungsfeindlich. Der Testator kann gem. Art. 5.36 lit. BGB dem Erben bzw. dem Vermächtnisnehmer eine oder mehrere Bedingungen auferlegen. Diese dürfen jedoch nicht rechtswidrig sein oder gegen die guten Sitten verstoßen (Art. 5.36.2 lit. BGB).
Rz. 45
Nach Art. 5.26 lit. BGB kann der Erblasser außerdem Stiftungen errichten und nach Art. 5.37 lit. BGB einen Testamentsvollstrecker ernennen. Werden eine oder mehrere Bedingungen im Testament gestellt, ist es empfehlenswert, einen Testamentsvollstrecker zu einzusetzen.
Rz. 46
In Deutschland können drei Wege zum Schiedsverfahren für Erbstreitigkeiten führen:
1. |
Schiedsklausel im Testament, |
2. |
Schiedsklausel im Erbvertrag bzw. |
3. |
Schiedsvereinbarungen zwischen den Beteiligten, nachdem ein Streit entstanden ist (ad-hoc Vereinbarung). |
Rz. 47
Anders als in Deutschland gibt es in Litauen keine Schiedsgerichtsbarkeit für Erbstreitigkeiten. In Art. 3 Punkt 5 lit. Gesetz über Handelsschiedsgerichtsbarkeit wird eine Schiedsvereinbarung definiert. Es ist eine Vereinbarung zwischen zwei oder mehreren Parteien, die Entscheidung aller oder bestimmter Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis oder anderem Rechtsverhältnis, welches der Gegenstand eines Schiedsverfahrens sein darf, zu übertragen. Die Schiedsvereinbarung kann bereits bei Vertragsschluss oder auch erst für einen bereits entstandenen Konflikt in Form einer Schiedsklausel im Vertrag oder als separater Vertrag geschlossen werden (Art. 10.1 lit. Gesetz über Handelsschiedsgerichtsbarkeit).
Rz. 48
Da das Testament ein einseitiges Rechtsgeschäft ist, ist somit eine Schiedsklausel im Testament nicht zulässig. Das litauische Recht sieht auch keine Möglichkeit vor, einen Erbvertrag zu schließen. Es wäre eventuell eine Schiedsvereinbarung zwischen den Beteiligten denkbar zur Entscheidung eines Streites nach Eintritt des Erbfalls (Art. 5.70.1 lit. BGB). Fraglich bleibt jedoch, ob Erbstreitigkeiten überhaupt Gegenstand eines Schiedsverfahrens sein können, welcher in den Anwendungsbereich des lit. Gesetzes über Handelsschiedsgerichtsbarkeit fällt. Dieses Gesetz schließt beispielsweise familienrechtliche Streitigkeiten ausdrücklich als nicht der Schiedsgerichtsbarkeit unterliegend aus (Art. 12.2 lit. Gesetz über Handelsschiedsgerichtsbarkeit).
Rz. 49
Nach der Rechtsprechung des lit. Obersten Gerichtes können zudem auch andere Streite nicht im Wege der Schiedsgerichtsbarkeit entschieden werden, z.B. wenn öffentliches Interesse betroffen ist. Das ordentliche Gericht hat die Verpflichtung bzw. das Schiedsgericht ist berechtigt festzustellen, ob eine Forderung aus den Rechtsverhältnissen abgeleitet wird, auf welche die Schiedsvereinbarung anwendbar ist. Bei der Feststellung, dass die Parteien keine Schiedsvereinbarung für die Entscheidung von Streitigkeiten aus ihren Vertragsverhältnisse geschlossen haben, muss der Rechtsstreit vor dem staatlichen Gericht verhandelt werden. Wird jedoch festgestellt, dass auf so einen Rechtstreit eine Schiedsvereinbarung Anwendung findet, muss das Gericht die Klage als unzulässig zurückweisen. D.h. bei der Frage, ob die Parteien eine Schiedsvereinbarung für bestimmte Rechtsstreitigkeit getroffen haben, ist der Umfang des Anwendungsbereiches der zwischen den Parteien getroffenen Schiedsvereinbarung der Gegenstand des Gerichtsverfahrens bzw. des Schiedsgerichtsverfahrens. Das ordentliche Gericht kann eine Schiedsvereinbarung ex officio als nichtig erklären, wenn sie offensichtlich gegen die guten Sitten bzw. zwingendes Recht verstößt.