Litauen / IV. Pflichtteilsrecht

Rz. 50

Gemäß Art. 5.20 lit. BGB erben die (Adoptiv-)Kinder, der Ehegatte und die (Adoptiv-)Eltern ungeachtet des Inhalts des Testaments mindestens die Hälfte dessen, was ihnen aufgrund der gesetzlichen Erbfolge zustehen würde, vorausgesetzt, sie waren zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers unterhaltsbedürftig (Pflichtteil). Anders als im deutschen Recht handelt es sich hierbei nicht um einen bloßen schuldrechtlichen Anspruch. Vielmehr regelt Art. 5.20 lit. BGB den Pflichtteilsanspruch als echten Erbteil.

Rz. 51

Die Pflichtteilsberechtigten erben gemäß den Bestimmungen des Gesetzes. Sie haben die gleichen Rechte wie andere gesetzlichen Erben. Sie können die Annahme der Erbschaft erklären sowie die Erbschaft ausschlagen. Falls die Pflichtteilsberechtigten minderjährige Kinder sind, dürfen ihre gesetzlichen Vertreter den Pflichtteil nicht ohne die Zustimmung des zuständigen Gerichts annehmen oder ausschlagen (Art. 3.188.1.2 lit. BGB).

Rz. 52

Ob die Person "unterhaltsbedürftig" ist, entscheidet zunächst ein Notar. Falls dieser die Unterhaltsbedürftigkeit verneint, besteht die Möglichkeit, die Unterhaltsbedürftigkeit gerichtlich feststellen zu lassen.^[19] Dabei sind die im litauischen lit. BGB festgesetzten Annahmen (prezumpcijos) zu beachten. Gemäß Art. 3.194 lit. BGB gelten minderjährige Kinder als unterhaltsbedürftig. Der Ehegatte hat einen Unterhaltsanspruch, wenn sein Vermögen und Einkommen zu gering sind, um sich allein zu unterhalten. Dabei werden Arbeitslosigkeit, Ausbildung und ähnliche Umstände als Gründe für den Unterhaltsanspruch nicht immer anerkannt. Ausnahmen bestehen, wenn der Ehegatte altersbedingt arbeitsunfähig ist (z.B. als Rentner), wegen schlechten Gesundheitszustands oder einer Behinderung nicht arbeiten kann oder das gemeinsame minderjährige Kind allein erzieht (Art. 3.72.2 lit. BGB). Die Eltern des Erblassers haben ein Pflichtteilsrecht erst dann, wenn keine Erben der ersten Ordnung vorhanden sind.

[19] Art. 41 Notariatsgesetz.