nicht rechtskräftig
Verfahrensgang
SG Freiburg i. Br. (Entscheidung vom 20.07.2001; Aktenzeichen S 2 KN 3891/98) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers werden die Ordnungsgeldbeschlüsse des Sozialgerichts Freiburg vom 20. Juli 2001 und 15. Oktober 2001 aufgehoben.
Die Staatskasse hat dem Beschwerdeführer die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Gründe
Die Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat, ist zulässig, weil form- und insbesondere fristgerecht eingelegt; Beschwerdeausschließungsgründe liegen nicht vor. Die Beschwerde ist auch sachlich in vollem Umfang begründet.
1. Ordnungsgeldbeschluss vom 20. Juli 2001
Die Beschwerde gegen diesen Beschluss ist zulässig. Nach § 173 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) war die Beschwerde binnen eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung beim Sozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Das Sozialgericht hat entsprechend der Regelung in § 63 Abs. 1 SGG die Zustellung des Ordnungsgeldbeschlusses angeordnet und sich dabei für die Zustellung im Wege der Postzustellungsurkunde entschieden (vgl. § 63 Abs. 2 SGG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 und Abs. 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes [VwZG]), so dass über § 3 Abs. 3 VwZG die darin aufgeführten Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) - hier noch in der vor dem 1. Juli 2002 geltenden Fassung - Anwendung finden. Die Frist zur Einlegung der Beschwerde hat nicht zu laufen begonnen, weil sich die formgerechte Zustellung des Ordnungsgeldbeschlusses vom 20. Juli 2001 nicht nachweisen lässt (vgl. § 9 Abs. 1 und Abs. 2 VwZG). Der Postbedienstete hat, wie die Postzustellungsurkunde belegt, eine Ersatzzustellung nach § 184 ZPO versucht. Wenn dem gesetzlichen Vertreter oder dem Vorsteher einer Behörde, einer Gemeinde, einer Korporation oder eines Vereins zugestellt werden soll, dieser aber in dem Geschäftslokal während der gewöhnlichen Geschäftsstunden nicht angetroffen wird oder an der Annahme verhindert ist, kann nach § 184 ZPO die Zustellung an einen anderen in dem Geschäftslokal anwesenden Beamten oder Bediensteten bewirkt werden. Die Voraussetzungen dieser Bestimmung waren nicht erfüllt, weil die Vorschrift nur die Ersatzzustellung bei juristischen Personen (vgl. BSG SozR 3-1500 § 63 Nr. 6) oder rechtsfähigen Gesellschaften regelt; um eine solche hat es sich weder bei dem als Zustellungsadressaten aufgeführten Beschwerdeführer noch bei dem nicht als Zustellungsadressat genannten Institut für orthopädische Begutachtung gehandelt. Schon deswegen schied eine Ersatzzustellung nach § 184 ZPO aus. Dies hatte zur Folge, dass die Frist für die Einlegung der Beschwerde nach § 9 Abs. 2 VwZG (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 20. Januar 1998 - L 13 RA 3793/97 B -, in E-LSG/B - 115 und HVBG - Info 1998, 1850, 1852) nicht zu laufen begann und deshalb die am 18. März 2002 eingelegte Beschwerde noch fristgemäß ist.
Der Ordnungsgeldbeschluss vom 20. Juli 2001 ist fehlerhaft, weil nicht nachgewiesen ist, dass dem Beschwerdeführer gegenüber eine Nachfrist bestimmt wurde; abgesehen davon fehlt es an Ermessenserwägungen zur Höhe des festgestellten Ordnungsgeldes.
Ist - wie hier - eine schriftliche Begutachtung angeordnet (vgl. § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 411 Abs. 1 Sätze 1 und 2 ZPO) und versäumt der Sachverständige diese Frist, so kann gegen ihn ein Ordnungsgeld festgesetzt werden (§ 411 Abs. 2 Satz 1 ZPO), wenn dieses vorher unter Setzung einer Nachfrist angedroht worden ist (§ 411 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Das Sozialgericht, das mit dem Gutachten eine Frist bestimmt hat, hat eine zuletzt bis 30. Juli 2001 verlängerte Nachfrist gesetzt und dabei ein Ordnungsgeld angedroht. Entgegen der Verpflichtung in § 63 Abs. 1 SGG (vgl. schon zur Fristsetzung im Gutachtenauftrag LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. Dezember 1983 - L 5 S 24/83 - Leitsätze in Juris) hat es die Nachfristsetzung aber nicht zugestellt, sondern formlos bekannt gegeben. Da sich mithin die formgerechte Zustellung der Nachfristsetzung nicht nachweisen lässt, kommt es nach § 9 Abs. 1 VwZG darauf an, wann der Beschwerdeführer die richterliche Entscheidung zur Nachfrist nachweislich erhalten hat. Dies lässt sich jedoch nicht feststellen, zumal, was nach so langer Zeit verständlich ist, auch der Beschwerdeführer hierzu keine Angaben machen konnte. Damit fehlt es an der Voraussetzung, dass vor dem Ordnungsgeldbeschluss dem Sachverständigen eine Nachfrist für die Erstattung des Gutachtens gesetzt wurde. Ungeachtet dessen erweist sich auch die Bemessung des Ordnungsgeldes als fehlerhaft. Nach Artikel 6 Abs. 1 Satz 1 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch (EGStGB) betrug das Mindestmaß für ein Ordnungsgeld 5 DM, das Höchstmaß 1000 DM. Innerhalb dieses Rahmens bestimmt das Gericht die Höhe des Ordnungsgeldes nach pflichtgemäßem Ermessen. Maßgebend sind dabei insbesondere die Bedeutung des Rechtsstreits sowie die Bedeutung des Gutachtens für die Entscheidung, ferner die S...