Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Überprüfung der Erwerbsfähigkeit im Verfahren nach § 44a SGB 2. Verletzung der Mitwirkungspflichten. Verweigerung einer Schweigepflichtsentbindung zur Weiterleitung des Gutachten des ärztlichen Dienstes der Arbeitsagentur an den Rentenversicherungsträger
Orientierungssatz
Zur rechtmäßigen Versagung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gemäß § 66 SGB 1 soweit der Leistungsberechtigte sich im Verfahren zur Feststellung der Erwerbsfähigkeit nach § 44a SGB 2 geweigert hat, eine Erklärung über die Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht zu unterzeichnen und vorzulegen.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 25. Februar 2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I. Die Klägerin wendet sich gegen die Versagung von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) ab dem 1. Februar 2014.
Die Klägerin ist 1983 geboren. Sie bezog seit dem 1. Januar 2005 Leistungen nach dem SGB II. Der Beklagte holte zur Feststellung der Erwerbsfähigkeit der Klägerin ein Gutachten nach Aktenlage bei der Ärztin für Psychiatrie/Sozialmedizin des Ärztlichen Dienstes der Agentur für Arbeit T. Dr. H. ein. Dr. H. führte in ihrem Gutachten von 27. September 2010 nach Einholung ärztlicher Unterlagen aus, dass nach den ihr vorliegenden Unterlagen und Informationen ein ausreichendes Leistungsvermögen für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht vorliege. Es handele sich um eine dauerhafte Einschränkung der Leistungsfähigkeit. Eine Änderung des Zustandsbildes sei nach dem bisherigen Verlauf nicht zu erwarten. Das Leistungsvermögen liege dauerhaft unter drei Stunden täglich. Es liege eine Ernährungsproblematik vor, die bereits mehrfach zu schwerwiegenden lebensbedrohlichen Komplikationen geführt habe. Darüber hinaus sei von einer psychischen Problematik auszugehen. Mit einer Änderung sei nicht zu rechnen.
Seitdem versucht der Beklagte vergeblich, die Frage der Erwerbsfähigkeit der Klägerin zu klären. Mit Bescheid vom 18. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. August 2012 versagte der Beklagte der Klägerin Leistungen mangels Mitwirkung ab dem 1. Juli 2012. Die hiergegen beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhobene Klage (S 14 AS 2916/12) und der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz (S 14 AS 3402/12 ER) führten am 21. November 2012 zu einem Vergleich, in dem sich die Klägerin verpflichtete, dem Rentenversicherungsträger ergänzende medizinische Unterlagen des Universitätsklinikums U. und eine Einschätzung zu ihrer Erwerbsfähigkeit durch den Hausarzt bis zum 10. Dezember 2012 vorzulegen, und in dem sich der Beklagte verpflichtete, im Gegenzug Leistungen für die Dauer von zwei Monaten zu gewähren.
Mit Bescheid vom 23. November 2012 und Änderungsbescheid vom 28. Dezember 2012 bewilligte der Beklagte der Klägerin daraufhin Leistungen nach dem SGB II für November und Dezember 2012.
Nachdem der M.-Kreis als örtlich zuständiger Sozialhilfeträger gegenüber dem Beklagten die Gewährung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) ab dem 1. Januar 2012 abgelehnt hatte, weil eine dauerhafte Erwerbsminderung nicht habe nachgewiesen werden können (Schreiben vom 12. Dezember 2011), beauftragte der Beklagte mit Schreiben vom 28. November 2012 unter Hinweis auf die gutachterliche Stellungnahme der Dr. H. vom 27. September 2010 die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg mit der Erstellung einer gutachterlichen Stellungnahme nach § 44a SGB II hinsichtlich der Erwerbsfähigkeit der Klägerin. Die Klägerin übersandte dem Rentenversicherungsträger ein Attest ihres Hausarztes und Unterlagen des Universitätsklinikums U.
Die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg teilte dem Beklagten mit Schreiben vom 4. Dezember 2012 mit, dass für die Erstellung der angeforderten gutachterlichen Stellungnahme zwingend die Übersendung des Gutachtens (Teil A und B) des medizinischen Dienstes der Agentur für Arbeit vom 27. September 2010 und die Einverständniserklärung der Klägerin zur Einholung weiterer medizinischer Unterlagen erforderlich sei.
Der Beklagte bewilligte auf einen Weiterbewilligungsantrag der Klägerin mit Bescheid vom 20. Dezember 2012 Leistungen für Januar und Februar 2013.
Mit Schreiben vom 11. Februar 2013 wies der Beklagte die Klägerin darauf hin, dass der Rentenversicherungsträger zur Feststellung der Erwerbsfähigkeit zunächst Teil A und B des Gutachtens des medizinischen Dienstes der Agentur für Arbeit vom 27. September 2010 benötige, und er forderte die Klägerin auf, innerhalb von zwei Wochen ab Zugang des Schreibens die beigefügte Entbindungserklärung von der ärztlichen Schweigepflicht unterschrieben zurückzusenden. Weitere Leistungen ab dem 1. März 2013 würden auf der Grundlage der §§ 60, 66 Erstes Buch Sozi...