Entscheidungsstichwort (Thema)
Medizinischer Dienst der Krankenversicherung. Anspruch auf Unterlassung und Widerruf von Erklärungen in einer sozialmedizinischen Stellungnahme richten sich gegen Organisation. Werturteil. Gebot der Sachlichkeit
Leitsatz (amtlich)
Ansprüche auf Unterlassung und Widerruf von Erklärungen, die von einem Arzt des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) in einer sozialmedizinischen Stellungnahme abgegeben wurden, richten sich gegen die Organisation und nicht gegen den einzelnen Arzt.
Werturteile in sozialmedizinischen Stellungnahmen müssen das Gebot der Sachlichkeit wahren (vgl BVerwG vom 11.11.2010 - 7 B 54/10 = juris RdNr 14).
Orientierungssatz
Zu Leitsatz 1 vgl BVerfG vom 15.8.1989 - 1 BvR 881/89 = NVwZ 1990, 54, VGH München vom 5.9.2008 - 7 CE 08.2158 = DVBl 2008, 1512 und VG Augsburg vom 30.4.2009 - Au 4 K 08.1020).
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 12.07.2016 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Der Streitwert für das Klage- und das Berufungsverfahren wird endgültig auf je 5.000 € festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger begehrt vom Beklagten die Unterlassung und den Widerruf der Behauptung, er benötige keine orthopädischen Schuhe.
Der 1949 geborene Kläger ist gesetzlich krankenversichert. Seinen Antrag auf Versorgung mit einem Paar angepasster orthopädischer Schuhe mit Fußbett lehnte die Krankenkasse zunächst ab. Sie hatte im Verwaltungsverfahren den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK, Beklagter) eingeschaltet, der in seinen sozialmedizinischen Stellungnahmen vom 30.04.2015 und 28.08.2015, die beide nach Aktenlage erstellt wurden, die Auffassung vertrat, dass eine medizinische Indikation zur Versorgung mit orthopädischen Schuhen zumindest derzeit nicht bestätigt werden könne. Gegen die ablehnende Entscheidung seiner Krankenkasse erhob der Kläger Klage (S 19 KR 6097/15) zum Sozialgericht Freiburg (SG). Nachdem der behandelnde Orthopäde dem Kläger am 02.02.2016 erneut orthopädische Maßschuhe verordnet hatte, verpflichtete das Sozialgericht Freiburg (SG) im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens die Krankenkasse des Klägers zur Versorgung des Klägers mit den verordneten orthopädischen Schuhen (S 19 KR 408/16 ER). Daraufhin gab die Krankenkasse im Klageverfahren ein Anerkenntnis ab, welches der Kläger annahm.
Am 22.12.2015 hat der Kläger beim Amtsgericht L. Klage gegen den Beklagten erhoben. Das Amtsgericht L. hat mit Beschluss vom 11.01.2016 den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das SG verwiesen. Auf die Beschwerde des Klägers hat das Landgericht O. den Beschluss des Amtsgerichts L. mit Beschluss vom 10.02.2016 insofern abgeändert, als nur der Rechtsstreit betreffend Unterlassung und Widerruf, nicht aber derjenige betreffend das vom Kläger ebenfalls erhobene Schadensersatzbegehren an das SG verwiesen wurde. Das Schadensersatzbegehren sei weiterhin beim Amtsgericht L. anhängig. Eine Gegenvorstellung des Klägers gegen den Beschluss des Landgerichts O. ist erfolglos geblieben (Beschluss vom 06.06.2016, Az 4 T 28/16).
Zur Begründung seiner Klage führt der Kläger aus, er brauche den Rechtsstreit zur Vorbereitung seiner Schadensersatzklage und zum Nachweis in einem Rechtsstreit gegen seinen Arbeitgeber vor dem Arbeitsgericht, dass er alles in seiner Macht stehende tue, um wieder gehen zu können. Das SG müsse den Fall an das Amtsgericht zurückgeben, da dieses den Rechtsstreit zu Unrecht an das SG verwiesen habe. Die Beschlüsse des Amtsgerichts L. und des Landgerichts O. seien willkürlich. Der Beklagte habe im Rechtsverkehr die Behauptung verbreitet, dass der Kläger keine orthopädischen Schuhe benötige. Dies sei wahrheitswidrig. Außerdem habe der Beklagte in Form der Gutachten wahrheitswidrig falsche Urkunden erstellt. Die Stellungnahmen des Beklagten seien inhaltlich falsch. Es bestehe daher ein Anspruch auf Unterlassung und Widerruf aus unerlaubter Handlung. Der Beklagte habe eine Fachmeinung nur vorgetäuscht. Außerdem habe der Beklagte eine Vertragsverletzung gegenüber jedermann begangen, indem er aufgrund eines einzelnen Telefonats mit seinem behandelnden Arzt ein Gutachten erstellt habe. Dabei habe er den Arzt dazu gebracht, das Berufsgeheimnis zu verletzen. Das weitere Vorgehen des Beklagten sei in betrügerischer Absicht erfolgt, wenn er Fotos von dem Orthopädietechniker verlangt habe, obwohl von vornherein klar gewesen sei, dass diese keinen ausreichenden Beweiswert hätten. Der Beklagte hätte seine kranken Füße in Augenschein nehmen müssen. Wahrscheinlich habe sich ein Nichtgutachter als Gutachter ausgegeben. Er habe deshalb einen Unterlassungsanspruch aus unerlaubter Handlung. Den Widerrufsantrag formuliere er halt so mit. Er sei von seinem Arbeitgeber gekündigt worden, weil er keine ordentlichen Schuhe habe und durch die defekten Schuhe den Ruf der Firma schädige. Außerdem könne er wegen Schmerzen in den def...