Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Streitwertfestsetzung. Streitigkeit über den Fortbestand einer vertragsärztlichen Tätigkeit. voraussichtlicher Gewinn für drei Jahre. einstweiliges Rechtsschutzverfahren: Hälfte des Hauptsachewertes
Orientierungssatz
Bei einer sozialgerichtlichen Streitigkeit über den Fortbestand der Zulassung als ärztlicher Psychotherapeut orientiert sich der Streitwert an dem voraussichtlich erzielten Gewinn für drei Jahre. Für ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist regelmäßig die Hälfte des Gegenstandswertes des Hauptsacheverfahrens anzusetzen.
Tatbestand
Im Ausgangsverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Freiburg (S 1 KA 3540/08 ER) hatte der Antragsteller im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes begehrt, auch über den 30. September 2008 (nach Vollendung des 68. Lebensjahres) weiterhin zumindest für die Dauer von zwei Jahren zur vertragsärztlichen Versorgung als ärztlicher Psychotherapeut zugelassen zu bleiben.
Der Antragsteller hatte dies insbesondere damit begründet, dass er hier insbesondere in der Behandlung der Problematik des “Messie-Syndroms„ tätig sei, in dem Zusammenhang auch wissenschaftliche Publikationen veröffentliche und er daran weiterarbeiten und insbesondere auch die begonnenen Behandlungen fortsetzen wolle.
Im Hinblick auf die anstehenden Gesetzesänderungen und die Lockerung der Altersgrenze für Vertragsärzte haben sich der Antragsteller und der Antragsgegner (Berufungsausschuss) mit Schreiben vom 16. Juli 2008 und 1. September 2008 vergleichsweise dahingehend verständigt, dass der Antragsgegner anerkenne, dass die Zulassung des Antragstellers bis zum 31. Januar 2009 wirksam bleibe. Der Antragsteller trägt danach die Kosten des Verfahrens. Im Übrigen waren die Beteiligten sich darüber einig, dass der Rechtsstreit damit erledigt war.
Mit Beschluss vom 3. Februar 2009 hat das SG den Streitwert für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes endgültig auf 94.044 € festgesetzt. Es hat hierbei die Auffassung vertreten, dass in der hier vorliegenden Streitsache, in der sich der Antragsteller gegen die Beendigung seiner Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung als ärztlicher Psychotherapeut wegen Erreichens der Altersgrenze gewandt habe, sich das wirtschaftliche Interesse am erzielbaren Gewinn des zugelassenen Arztes bei Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung orientiere. Der Antragsteller habe in den letzten Jahren 2005 bis 2007 mit der Erbringung von vertragsärztlichen Leistungen einen Umsatz in Höhe von durchschnittlich 104.493 € pro Jahr erzielt. Bei einem Betriebskostenanteil von ca. 40 % ergebe sich ein Gewinn von 62.695 € pro Jahr. Es sei davon auszugehen, dass er in Zukunft bei Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung diese Leistungen in gleichem Maße abrechne wie bisher. Hochgerechnet auf den nach der Rechtsprechung auch des BSG nunmehr heranzuziehenden Dreijahreszeitraum sei damit das wirtschaftliche Interesse auf rund 188.088 € zu bemessen. Für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes sei nach ständiger Rechtsprechung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (Hinweis auf Beschluss des erkennenden Senates vom 16. April 2003 - L 5 KA 1419/03 W-A) regelmäßig 50 % des Wertes des Hauptsacheverfahrens anzusetzen, sodass der Streitwert in Höhe von 94.044 € festzusetzen sei.
Der damalige Prozessbevollmächtigte des Antragstellers, Rechtsanwalt B., hat gegen den ihm mit Empfangsbekenntnis am 12. Februar zugestellten Beschluss am 20. Februar 2009 in eigenem Namen Beschwerde eingelegt. Zur Begründung macht er geltend, es gebe hier keinen Anlass, den Streitwert nur in Höhe von 50 % des Hauptsacheverfahrens festzusetzen, es werde nämlich verkannt, dass der Entzug der Zulassung immer bedeute, dass die Ausübung des Arztberufes als Ganzes entwertet werde. Es sei daher der Streitwert in Höhe des vollen im Dreijahreszeitraum erzielbaren Gewinns, also 188.088 € festzusetzen.
Am 4. Mai 2009 hat der Antragsteller über seinen jetzigen Bevollmächtigten ebenfalls Beschwerde gegen den Beschluss des SG vom 3. Februar 2009 eingelegt, mit dem Begehren, den Streitwert nach billigem Ermessen und unter Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalles auf 40.000 € festzusetzen. Zur Begründung verweist er darauf, das SG habe hier die besonderen Umstände des Einzelfalles verkannt. Es habe sich nicht um eine typische Angelegenheit im Rahmen eines Zulassungsstreites zum Zwecke des Eintritts oder der Fortführung eines zulassungsbeschränkten Berufes nach Feststellung der Unzuverlässigkeit oder Ähnlichem gehandelt. Vielmehr habe es sich um einen Streit betreffend einer begrenzten und in der Intensität limitierten Verlängerung der Berufsausübung am Ende der beruflichen Laufbahn gehandelt. Es müsse hier berücksichtigt werden, dass der Antragsteller den einstweiligen Rechtsschutz gesucht habe, um die begonnenen Behandlungen zu Ende führen zu können. Dies habe über die kommenden drei Jahre geschehen sollen, wobei die Behandlungen anal...