Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Prozesskostenhilfe. Beiordnung eines Rechtsanwaltes mit Sitz innerhalb des Gerichtsbezirks. keine Anwendung des Mehrkostenverbots des § 121 Abs 3 ZPO
Leitsatz (amtlich)
Das Mehrkostenverbot des § 121 Abs 3 ZPO findet keine Anwendung, wenn sich der Beteiligte einen Rechtsanwalt mit Sitz innerhalb des Gerichtsbezirks auswählt. Die Beiordnung eines solchen Rechtsanwalts im Rahmen der Prozesskostenhilfe mit der Maßgabe, dass Reisekosten aus der Staatskasse nur bis zu dem Betrag zu erstatten sind, der bei zusätzlicher Beiordnung eines Verkehrsanwalts angefallen wären, kommt nicht in Betracht.
Tenor
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 21. Dezember 2011 dahingehend abgeändert, dass dem Kläger unter Beiordnung von Rechtsanwältin P., K., Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem SG ohne Ratenzahlung bewilligt wird.
Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Der Kläger begehrt im Hauptsacheverfahren vor dem Sozialgericht Heilbronn (SG) die Gewährung von Fahrtkosten für die Ausübung des Umgangsrechts mit seinen getrennt von ihm lebenden Kindern. Das SG hat dem Kläger durch Beschluss vom 21. Dezember 2011 Prozesskostenhilfe (PKH) bewilligt und ihm Rechtsanwältin P., die ihren Kanzleisitz in K. hat, beigeordnet mit der Maßgabe, dass Reisekosten aus der Staatskasse nur bis zu dem Betrag zu erstatten sind, der bei zusätzlicher Beiordnung eines Verkehrsanwalts angefallen wäre.
Gegen den am 23. Dezember 2011 zugestellten Beschluss richtet sich die am 9. Januar 2012 beim SG eingelegte Beschwerde. Das nach § 121 Abs. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) begründete Mehrkostenverbot finde vorliegend keine Anwendung, da sich der Kläger eine Rechtsanwältin mit Sitz innerhalb des Gerichtsbezirks des SG ausgewählt habe.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.
II.
Die Beschwerde hat Erfolg.
Die form- und fristgerecht (§ 173 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) eingelegte Beschwerde ist statthaft (§ 172 Abs. 1 SGG). Gegen die beschränkte Beiordnung eines Rechtsanwaltes durch das SG ist die Beschwerde zulässig (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 73a Rdnr. 12b).
Die Beschwerde ist auch begründet. Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 121 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) wird einem Beteiligten auf seinen Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist. Nach § 121 Abs. 3 ZPO kann ein nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt jedoch nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen. Dieses Mehrkostenverbot findet vorliegend keine Anwendung, da sich der Kläger eine Rechtsanwältin mit Sitz innerhalb des Gerichtsbezirks des SG, der auch den H. und damit K. umfasst (vgl. § 1 Ausführungsgesetz Baden-Württemberg zum SGG), ausgewählt hat (vgl. bspw. Fischer in Musielak, ZPO, 8. Aufl. 2011, § 121 Rdnr. 19; Senatsbeschlüsse vom 13. Juli 2011 - L 12 AS 2057/11 B und L 12 AS 1899/11 B -; Landessozialgericht ≪LSG≫ Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 30. November 2010 - L 7 AS 1942/10 B - und vom 25. Oktober 2010 - L 20 AY 93/10 B -; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 31. März 2010 - L 19 AS 284/10 B PKH -; Thüringer LSG, Beschluss vom 22. Juli 2009 - L 6 B 55/09 KR -; Hessisches LSG, Beschluss vom 29. September 2008 - L 9 B 242/08 AS -).
Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gemäß § 73a SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO nicht erstattet.
Der Beschluss ist gem. § 177 SGG nicht anfechtbar.
Fundstellen