Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Statthaftigkeit der Beschwerde gegen die Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Zuständigkeit des Richters für das PKH-Überprüfungsverfahren gem § 120 Abs 4 S 2 ZPO. Unzulässigkeit einer routinemäßigen Überprüfung der Verhältnisse
Leitsatz (amtlich)
1. Die Beschwerde gegen einen Prozesskostenhilfe aufhebenden Beschluss ist statthaft.
2. In der Sozialgerichtsbarkeit ist für das der Beschlussfassung nach § 124 Nr 2 Alt 2 ZPO vorausgehende Überprüfungsverfahren gem § 120 Abs 4 S 2 ZPO ausschließlich der Richter zuständig.
3. Das an den Beteiligten gerichtete Verlangen des Gerichts setzt zudem voraus, dass konkrete Anhaltspunkte für eine Änderung der Verhältnisse bestehen und benannt werden; eine routinemäßige Überprüfung ist unzulässig (Anschluss an LSG Essen vom 7.12.2009 - L 19 B 41/09 AL; VGH Kassel vom 16.8.2005 - 10 TP 1538/05 = NVwZ-RR 2006, 512).
Tenor
Der Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 20. Dezember 2010 wird aufgehoben.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beschwerdeführer wenden sich gegen den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg (SG) vom 20. Dezember 2010, mit dem das SG den Prozesskostenhilfe (PKH) bewilligenden Beschluss vom 1. September 2008 aufgehoben hat.
Mit Beschluss vom 1. September 2008 hat das SG den Klägern des Klageverfahrens S 2 AS 3334/08 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Fr., F., ohne Ratenzahlungsanordnung ab 4. Juli 2008 bewilligt. Mit am 8. Dezember 2008 zugestelltem Urteil vom 16. September 2008 hat das SG -rechtskräftig- über die Hauptsache entschieden und die Beklagte verurteilt, die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Kläger zu tragen. Im Januar 2009 erfolgte die Auszahlung der hälftigen Gebühren an den Klägerbevollmächtigten.
Der Verwaltungsleiter des SG forderte unter dem 16. April 2010 unter Hinweis auf § 73a SGG i.V.m. § 120 Abs. 4 ZPO bei der 2. Kammer des SG die Akten an, da zu prüfen sei, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe Zahlungen zu leisten seien. Mit Schreiben vom 21. April und 4. Juni 2010 -letzteres mittels Postzustellungsurkunde zugestellt- hat der Veraltungsleiter -als Kostenbeamter der 2. Kammer des SG- die Klägerin Ziff. 1 aufgefordert, binnen vier Wochen mitzuteilen, ob und gegebenenfalls welche Veränderung(en) in ihren Verhältnissen eingetreten sind und zu ggf. eingetretenen Änderungen entsprechende Belege einzureichen. Falls sie Sozialleistungen beziehe, solle der letzte Bewilligungsbescheid in Kopie vorgelegt werden. Sollte der Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen werden oder sollten sich ihre persönlichen und/oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben, könne die Bewilligung von Prozesskostenhilfe aufgehoben werden. Im Betreff war die Klägerin Ziff. 1 u.a. aufgeführt, als Anlage genannt war ein Formulare zur Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Mit Schreiben vom 12. Juli 2010 hat sich der Verwaltungsleiter an die 2. Kammer des SG gewandt und unter Mitteilung, dass die Klägerin ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen sei, zur Prüfung aufgefordert. Nach der “Verfügung„ des Vorsitzenden der 2. Kammer vom 3. November 2010 sollte seines Erachtens vorsorglich auch der Klägerbevollmächtigte Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten; die Akte wurde zur weiteren Veranlassung an den Verwaltungsleiter übersandt. Dieser hörte die Klägerbevollmächtigte als Amtsrat im Namen der 2. Kammer an; eine Reaktion erfolgte nicht. Mit Beschluss vom 20. Dezember 2010 hat die 2. Kammer des SG durch den Vorsitzenden die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für beide Kläger und die Beiordnung von Rechtsanwalt Fr. durch Beschluss vom 1. September 2008 aufgehoben. Die unterlassene Mitwirkung der Kläger trotz ausdrücklicher Belehrung über die Folgen sei mindestens als grobe Nachlässigkeit zu qualifizieren, weshalb die Voraussetzungen des § 124 Nr. 2 ZPO vorlägen. Angesichts des Umstandes, dass die Kläger auf insgesamt drei Anfragen nicht reagiert hätten und der Tatsache, dass keinerlei Umstände dargetan oder sonst ersichtlich seien, die das Interesse der Allgemeinheit an der Einziehung der gesamten verauslagten Kostenbetrages aufwiegen könnten, erachte das Gericht die Aufhebung nach pflichtgemäßem Ermessen für angemessen.
Gegen den dem Bevollmächtigten der Kläger am 22. Dezember 2010 zugestellten Beschluss haben die Kläger am 5. Januar 2011 Beschwerde eingelegt, einen Bescheid der Krankenkasse vom 6. Dezember 2010, Bescheide der Familienkasse vom 5. Oktober 2010 sowie einen Bescheid des Landratsamtes E. vom 10. August 2010 über die Bewilligung von Wohngeld vorgelegt und die Nachreichung weiterer Belege angekündigt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten des SG und des LSG Baden-Württemberg verwiesen.
II.
Die Beschwerde der Kläger ist statthaft, darüber hinaus frist- und formgerecht eingelegt und damit insgesamt zulässig.
Die Beschwerde ist statthaft; ein ges...