Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Anhörung eines bestimmten Arztes. Sachverständigenvergütung. Erweiterung des für ein Gutachten nach § 109 SGG mitgeteilten Kostenrahmens. zusätzliche Aufwendungen. Vorschlag des Sachverständigen. gerichtliche Genehmigung
Leitsatz (amtlich)
Der dem Sachverständigen zur Verfügung stehende, im Gutachtensauftrag mitgeteilte Kostenrahmen nach § 109 SGG wird erweitert, wenn zusätzliche Aufwendungen vom Gericht auf Vorschlag des Sachverständigen genehmigt werden.
Tenor
Die Vergütung des Antragstellers für sein Gutachten vom 31.01.2020 wird auf 2.405 € festgesetzt, wovon 1.800 € an den Antragsteller auszuzahlen sind. Der Nachzahlungsbetrag beträgt 605 €.
Das Verfahren ist gerichtskostenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
In dem beim Landessozialgericht anhängigen Berufungsverfahren L 5 KR 3054/17 ging es um die Frage, ob bei beinbetonter Halbseitenlähmung nach erlittener Hirnblutung ein verordnetes elektrisches Fußhebersystem erforderlich ist oder ein preisgünstigeres Hilfsmittel (mechanische Fußhebeschiene bzw. Peroneusschiene) ausreicht.
Im Mai 2019 wurde der Antragsteller auf Antrag der dortigen Klägerin nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) und nach Zahlung eines angeforderten Kostenvorschusses in Höhe von 1.800 € zum gerichtlichen Sachverständigen ernannt und um die Erstattung eines Gutachtens auf Grund ambulanter Untersuchung der Klägerin gebeten. Im Gutachtensauftrag wurde er darauf hingewiesen, dass sich der Kostenvorschuss auf 1.800 € beläuft, er rechtzeitig darauf hinweisen muss, falls voraussichtlich Kosten erwachsen, die den Vorschuss erheblich übersteigen und das Unterbleiben eines solchen Hinweises zu einer Kürzung der Sachverständigenvergütung führen kann. Bei der (ersten) Untersuchung stellte sich heraus, dass die Klägerin über keine mechanische Fußheberschiene verfügte. Der Antragsteller hielt für einen vergleichenden Test die leihweise Beschaffung und Anpassung eines solchen Hilfsmittels für erforderlich, er informierte den Berichterstatter hierüber und bat „um eingehende richterliche Prüfung und Genehmigung der durch Schienenanpassung, Leihkosten und sonstige Kosten beim Sanitätshaus C. entstehenden zusätzlichen Aufwendungen“. Die „beschriebene Vorgehensweise“ wurde mit Schreiben der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle auf die entsprechende richterliche Anordnung des Berichterstatters genehmigt.
Im Januar 2020 erstattete der Antragsteller sein neurologisches Gutachten, wofür er eine Vergütung in Höhe von insgesamt 3.653,57 € verlangt hat. Das von ihm beauftragte Sanitätshaus C. hat die im Rahmen der vom Antragsteller beschriebenen Vorgehensweise entstandenen Kosten für die mechanische Fußheberschiene in Höhe von 605 € direkt mit dem Gericht abgerechnet und diese als dem Antragsteller entstandene besondere Aufwendungen ersetzt bekommen.
Die Kostenbeamtin hat die Vergütung des Antragstellers mit 1.195 € festgestellt und ausgeführt, grundsätzlich bestünden keine Bedenken gegen die beantragte Vergütung. Allerdings werde der Kostenvorschuss erheblich überschritten und diese Überschreitung sei frühzeitig erkennbar gewesen. Deshalb sei die Vergütung auf den Vorschuss zu begrenzen und die aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität bereits an das Sanitätshaus bezahlten 605 € seien hiervon noch abzuziehen, weil es sich um Auslagen des Sachverständigen handle, die damit Teil der Sachverständigenvergütung seien.
Mit seinem Antrag auf richterliche Festsetzung wendet sich der Antragsteller gegen die Kürzung der Vergütung in Höhe von 605 €.
II.
Über den Antrag auf richterliche Festsetzung nach § 4 Abs. 1 des Gesetzes über die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetscherinnen, Dolmetschern, Übersetzerinnen und Übersetzern sowie die Entschädigung von ehrenamtlichen Richterinnen, ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen, Zeugen und Dritten (Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz, JVEG) entscheidet der nach dem Geschäftsverteilungsplan für Kostensachen zuständige 10. Senat nach § 4 Abs. 7 Satz 1 JVEG durch den Einzelrichter. Gründe für eine Übertragung des Verfahrens auf den Senat liegen nicht vor.
Nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 JVEG erhält der Sachverständige als Vergütung ein Honorar für seine Leistungen, das nach Stundensätzen bemessen ist. Dementsprechend wird es gem. § 8 Abs. 2 JVEG für jede Stunde der erforderlichen Zeit gewährt. Medizinische Sachverständige erhalten nach § 9 Abs. 1 für jede dieser Stunden ein Honorar in Höhe von 65, 75 oder 100 €, je nachdem, welcher Honorargruppe (M 1 bis M 3) das von ihnen erstattete Gutachten nach der Anlage 1 JVEG zuzuordnen ist. Zusätzlich werden insbesondere Aufwendungen für die Erstellung des schriftlichen Gutachtens (Schreibauslagen, allerdings pauschaliert, § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 JVEG), für die Anfertigung von Kopien oder Ausdrucken (ebenfalls pauschaliert, § 7 Abs. 2 JVEG) sowie die Umsatzsteuer (§ 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 JVEG) ersetzt.
Nach § 8a Abs. 4 JVEG erhält der Sachverständige die Vergütung nur in Höhe ...