Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Kostenrecht. Festsetzung der Gerichtskosten für Vergabeverfahren vor dem Landessozialgericht. Streitwertfestsetzung. Sofortige Beschwerde. Vergabesache
Leitsatz (redaktionell)
Nach Vorbemerkung 1.2.2. des KV zum GKG ist der 2. Abschnitt auch auf Beschwerdeverfahren nach § 116 GWB entsprechend anzuwenden. Diese zum GWB getroffene Gerichtskostenregelung ist über § 202 SGG auch für Verfahren nach § 142a SGG einschlägig, da das SGG, wie sich bereits aus § 142a SGG ergibt, keine abschließende Regelung für in die Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit fallende Vergabeverfahren enthält. Diese entsprechende Anwendung wird auch nicht durch eine abschließende Regelung der die Sozialgerichtsbarkeit betreffenden KV-Nummern ausgeschlossen
Orientierungssatz
Die Festsetzung der Gerichtskosten in Vergabesachen vor dem Landessozialgericht erfolgt nach § 202 SGG iVm § 142a Abs. 1 SGG, §§ 115 Abs. 2, 116 Abs. 1 und 2, §§ 117 bis 123 sowie 125 und 126 GWB entsprechend der Anl 1 Nr. 1220 GKG 2004, Anl 1 Nr. 1640 GKG 2004 aF (aufgehoben und zurückverwiesen durch BVerfG, stattgebender Kammerbeschluss vom 20.04.2010 - 1 BvR 1670/09).
Normenkette
GKG § 34; SGG § 142a Abs. 1, § 202; GWB § 116
Nachgehend
Tenor
Die Erinnerung gegen die Entscheidung der Kostenbeamtin des LSG Baden-Württemberg vom 26.02.2009 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Erinnerungsführerin wandte sich mit einer sofortigen Beschwerde beim Landessozialgericht Baden-Württemberg gegen den Beschluss der Vergabekammer Baden-Württemberg beim Regierungspräsidium K., 1 VK 52/08, vom 27. November 2008. Diese Beschwerde wurde mit Beschluss vom 23.01.2009 (L 11 WB 5971/08) zurückgewiesen. Der Streitwert wurde auf 2,5 Mio. Euro festgesetzt. Zuvor hatte das LSG Baden-Württemberg mit Beschluss vom 5.01.2009 entschieden, die aufschiebende Wirkung der Beschwerde bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu verlängern.
Am 26.02.2009 setzte die Kostenbeamtin des LSG Baden-Württemberg basierend auf einem Streitwert von 2,5 Mio Euro die Gerichtskosten auf 62.692,00 Euro gegenüber der Erinnerungsführerin fest. Als Rechtsgrundlage wurde § 162 Abs. 1 VwGO analog bzw. § 202 SGG i.V.m. § 91 Abs. 2 ZPO und § 34 GKG angegeben.
Die Abrechnung erfolgte nach KV-Nummer 1220 (Verfahren im Allgemeinen) und KV-Nummer 1640 (Antragsverfahren gem. § 118 GWB).
Gegen diese Festsetzung legte die Erinnerungsführerin Erinnerung ein. Eine Anwendung des GKG komme für Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit nach dem SGG nur gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 3 GKG in Betracht, soweit nach dem SGG das Gerichtskostengesetz anzuwenden sei. Nach § 3 Abs. 2 GKG würden Kosten nach dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zum GKG erhoben. Dieses Kostenverzeichnis sei im Wesentlichen nach Gerichtsbarkeiten untergliedert. Die von der Kostenbeamtin angewandten KV-Nummer 1220 und KV-Nummer 1640 fielen unter Hauptabschnitt 2. bzw. 6. in Teil 1. des Kostenverzeichnisses zum GKG. Dieser erste Teil des Kostenverzeichnisses gelte ausschließlich für "Zivilrechtliche Verfahren vor den ordentlichen Gerichten". Das vorliegende Verfahren sei indes weder ein zivilrechtliches Verfahren noch habe es vor den ordentlichen Gerichten stattgefunden. Vielmehr handele es sich um ein Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit. Das entscheidende Gericht habe in seinem Beschluss vom 23.01.2009 die für die Kostenberechnung relevante Streitwertfestsetzung selbst damit begründet, dass "in Verfahren vor den Sozialgerichten" eine Obergrenze von 2,5 Mio. Euro bestehe. Für Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gelte hingegen Teil 7 des Kostenverzeichnisses, so dass sich die von der Erinnerungsführerin zu tragenden Gerichtsgebühren nach den KV-Nummern 7110 ff. berechneten.
Die Kostenbeamtin stütze sich unter anderem auf § 202 SGG. Die KV-Nummern 1220 und 1640 gelten jedoch auch nicht über § 202 SGG. Nach § 202 SGG sei die Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden, falls und soweit das SGG keine Bestimmungen über das Verfahren enthalte. Dieser Verweis führe indes nicht dazu, dass Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zu zivilrechtlichen Verfahren vor den ordentlichen Gerichten würden. Vielmehr finde lediglich über § 202 SGG eine Ergänzung des insoweit lückenhaften Verfahrensrechts des SGG statt. Außerdem scheide eine Anwendung von § 202 SGG hinsichtlich kostenrechtlicher Fragen aus, weil das SGG in § 183 ff. SGG allgemein und § 197 a SGG vorliegend in spezifischer Weise die Kostenerhebung selbst regele. Eine analoge Anwendbarkeit der KV-Nummern 1220 und 1640 scheide ebenfalls aus. Es würde gegen Art. 2 Abs. 1 GG und das Rechtsstaatsprinzip in Gestalt des Vorbehalts des Gesetzes verstoßen, wenn die Kostenbeamten sich die gesetzliche Grundlage für die Berechnung der Gerichtsgebühren im Wege der Analogie selbst schaffen könnten.
Es bestehe auch keine (planwidrige) Regelungslücke. Wie sich aus § 142 A...