Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. Bronchoskopie für HNO-Arzt fachfremd. Tracheoskopie zählt zu Kernkompetenzen des HNO-Arztes. Bewertungsausschuss. Überschreitung des eingeräumten weiten Gestaltungsspielraumes

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Bronchoskopie ist für HNO-Ärzte eine eher fachfremde Leistung, während die Tracheoskopie zu den Kernkompetenzen des HNO-ärztlichen Fachgebiets zählt.

2. Der Bewertungsausschuss überschreitet den ihm eingeräumten weiten Gestaltungsspielraum, wenn er für HNO-Ärzte mit der GNR 09315 eine Gebührenziffer nur für Bronchoskopien vorsieht (mit dem gleichen Leistungsinhalt und mit gleicher Punktzahl wie für Lungenärzte), er aber die für HNO-Ärzte weit wichtigere und häufigere Tracheoskopie im Bewertungsmaßstab nicht abbildet.

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 29.08.2013 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für beide Rechtszüge auf 28.347,22 € festgesetzt.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen eine Honorarrückforderung in Höhe von 113.388,88 €.

Die streitige Honorarrückforderung für die Quartale 3/2008 bis 2/2012 betrifft Leistungen nach folgenden Gebührennummern (GNR) des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für vertragsärztlicher Leistungen (EBM)

GNR 09315 Bronchoskopie

Obligater Leistungsinhalt: Bronchoskopie, Patientenaufklärung zur Untersuchung und zu den möglichen therapeutischen Maßnahmen in derselben Sitzung, in angemessenem Zeitabstand vor dem Eingriff, Informationen zum Ablauf der vorbereitenden Maßnahmen vor dem Eingriff und zu einer möglichen Sedierung und/oder Prämedikation, Oberflächenanästhesie, Überwachung der Vitalparameter und der Sauerstoffsättigung

Fakultativer Leistungsinhalt: Prämedikation, Probeexzision(en), Probepunktion(en)

Die Gebührenordnungsposition 09315 ist nicht neben den Gebührenordnungspositionen 02300 bis 02302, 02340, 02341, 02343, 02360, 09360 bis 09362 und 13662 berechnungsfähig.

EBM 2000plus: Die Leistung nach der Nr. 09315 ist nicht neben den Leistungen nach den Nrn. 02300 bis 02302, 02340, 02341, 02343, 02360, und 09360 bis 09362 berechnungsfähig.

GNR 09331 Zusatzpauschale des Sprechens und der Sprache (EBM 2000pus: Untersuchung des Sprechens und der Sprache)

Obligater Leistungsinhalt: Dauer mindestens 15 Minuten, standardisierte Dokumentation, Prüfung(en) der Sprachentwicklung, des aktiven und des passiven Wortschatzes, der Grammatik und Syntax, der Artikulationsleistungen, der prosodischen Faktoren, des Redeflusses, des Sprachverständnisses, der zentralen Verarbeitung

Fakultativer Leistungsinhalt: standardisierte(r) Sprachentwicklungstest(s), Zusatzpauschale(n) Untersuchung der Stimme (EBM 2000plus Leistung(en) nach Nr. 09330)

Die Gebührenordnungsposition 09331 ist nicht neben den Gebührenordnungspositionen 09332 und 20330 bis 20332 berechnungsfähig.

Die Gebührenordnungsposition 09331 ist im Behandlungsfall nicht neben der Gebührenordnungsposition 09330 berechnungsfähig.

GNR 09332 Zusatzpauschale Abklärung einer Aphasie, Dysarthrie und/oder Dysphagie

Obligater Leistungsinhalt: eingehende Untersuchung auf Aphasie und/oder Dysarthrie und/oder Dysphagie, Anwendung standardisierter Verfahren

Die Gebührenordnungsposition 09332 ist nicht neben den Gebührenordnungspositionen 09330, 09331 und 20330 bis 20332 berechnungsfähig.

EBM2000plus: Die Leistung nach der Nr. 09332 ist nicht neben der Leistung nach den Nrn. 09330 und 09331 berechnungsfähig.

In den Allgemeinen Bestimmungen des EBM ist unter Nr. 2.1.4 vorgesehen, dass die Übermittlung mindestens einer Befundkopie bzw. ein Bericht/Brief an den Hausarzt Abrechnungsvoraussetzung (u.a.) für die GNR 09315 und 09332 ist.

Der Antragsteller nimmt als HNO-Arzt an der vertragsärztlichen Versorgung in B. teil, wo er u.a. die Wachkoma-Station des dortigen Pflegeheims betreut. Durch Bescheid vom 18.11.2010 hat die Beklagte ihm als Praxisbesonderheit im Bereich der Bronchoskopie eine individuelle Anhebung des RLV-Fallwerts von 11,42 € gewährt.

Mit Schreiben vom 13.06.2012 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, die Auswertung seines Zeitprofils im Quartal 2/2008 habe Arbeitszeiten von 798 Stunden und 5 Minuten ergeben. Aufgefallen seien teils neben Hausbesuchsleistungen abgerechnete Leistungen nach der GNR 09315 EBM (Bronchoskopie). Zweifelhaft sei, ob der Leistungsinhalt dieser GNR während eines Hausbesuchs erbracht werden könne. Des Weiteren wurde er aufgefordert, für in der Anlage genannte 15 Patienten des Quartals 2/2008 die Patientendokumentation (Karteikarte und /oder Computerausdruck im Original) vorzulegen. Der Antragsteller kam dieser Aufforderung nach.

Unter dem 30.06.2012 trug der Antragsteller hierzu u.a. vor, die beanstandeten Abrechnungen beträfen schwerstkranke, beatmungspflichtige und unter ständiger Monitorkontrolle der Vitalparameter stehende Patienten. Seine Praxispartnerin und er hätten vor der Niederlassung im Krankenhaus gearbeit...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge