Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Unzulässigkeit des Wiederaufnahmeantrages
Orientierungssatz
Zur Unzulässigkeit des Antrages auf Wiederaufnahme des Berufungsverfahrens mangels ausreichender Darlegung des Wiederaufnahmegrundes (ua Urkundenfälschung) und Nichterhebung einer Nichtzulassungsbeschwerde gem § 160a SGG.
Tenor
1. Der Antrag des Klägers auf Wiederaufnahme des Berufungsverfahrens L 3 AS 5155/10 wird als unzulässig abgelehnt.
2. Außergerichtliche Kosten des Wiederaufnahmeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der Kläger begehrt die Wiederaufnahme des Berufungsverfahrens L 3 AS 5155/10.
In dem Verfahren L 3 AS 5155/10 hat der erkennende Senat mit Beschluss vom 12.04.2011 die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 30.09.2010 (S 7 AS 1319/10) nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) als unbegründet zurückgewiesen. Der Kläger war in jenem Verfahren nicht vertreten gewesen. Auf die Begründung jenes Beschlusses wird verwiesen.
Der Beschluss vom 12.04.2011, der in seiner Rechtsbehelfsbelehrung auf die Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundessozialgericht (BSG) hinwies, wurde dem Kläger am 13.04.2011 zugestellt.
Mit Schreiben vom 15.04.2011, bei dem Landessozialgericht Baden-Württemberg am 18.04.2011 eingegangen, hat der Kläger die Wiederaufnahme des Berufungsverfahrens L 3 AS 5155/10 “wegen grober Verfahrensfehler und Falschdarstellung des Sachverhalts„ beantragt. Er trägt vor:
- “Die sogenannte Vorbereitung ist nicht begründet und bezieht sich auf gefälschte Angaben der ARGE (Beklagte)„,
- “Alle Beschlüsse sind ohne mein Einverständnis, ohne ehrenamtliche Richter, ohne Vorladung, ohne rechtliche Gerichtsverhandlung getätigt„,
- “Der Sachverhalt ist gefälscht dargestellt„.
Wegen der weiteren Ausführungen wird auf den Schriftsatz vom 15.04.2011 verwiesen.
Ein zugleich erhobenes Befangenheitsgesuch gegen den Berichterstatter hat der Senat mit Beschluss vom 05.05.2011 zurückgewiesen.
Der Kläger hat keinen konkreten Antrag gestellt.
II.
1. Der Senat ist für die Entscheidung über den Wiederaufnahmeantrag des Klägers nach § 179 Abs. 1 und 2 SGG zuständig, nachdem sich dieser Antrag gegen einen Beschluss des Senats nach § 153 Abs. 4 SGG richtet, in dem über die Berufung des Klägers in der Sache entschieden worden ist (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 179 Rn. 8).
2. Der Senat entscheidet über den Wiederaufnahmeantrag des Klägers entsprechend der angegriffenen Entscheidung durch Beschluss (Leitherer, a.a.O., Rn. 3, 3a, 7).
3. Der Wiederaufnahmeantrag des Klägers ist unzulässig.
a) Nach § 179 Abs. 1 SGG gelten für eine Klage bzw. einen Antrag auf Wiederaufnahme eines rechtskräftig beendeten Verfahrens die Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) über die Nichtigkeits- und die Restitutionsklage. In diesem Rahmen muss ein Wiederaufnahmekläger den vermeintlichen Nichtigkeits- oder Restitutionsgrund schlüssig behaupten und darlegen, aus seinem Vortrag muss sich die Möglichkeit ergeben, dass ein solcher Grund vorliegt (Leitherer, a.a.O., Rn. 7). Ferner können die beiden Nichtigkeitsgründe nach § 579 Abs. 1 Nr. 1 (fehlerhafte Besetzung des Gerichts) und Nr. 3 (Mitwirkung eines mit Erfolg abgelehnten Richters) ZPO nur dann geltend gemacht werden, wenn sie der Kläger nicht in dem früheren Verfahren durch ein Rechtsmittel einwenden konnte (§ 579 Abs. 2 ZPO). Das Gleiche gilt nach § 582 ZPO für alle Restitutionsgründe des § 580 ZPO. Nach dieser Vorschrift, die auch im sozialgerichtlichen Wiederaufnahmeverfahren gilt (Leitherer, a.a.O., Rn. 9), ist eine Restitutionsklage nur zulässig, wenn der Kläger ohne sein Verschulden außerstande war, den Restitutionsgrund in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Einspruch, Berufung oder Anschlussberufung, geltend zu machen. Ein Verschulden liegt auch vor, wenn der Kläger gegen die angegriffene Gerichtsentscheidung Revision oder Nichtzulassungsbeschwerde erheben konnte, auch dies ist eine Geltendmachung in dem früheren Verfahren.
b) Zwar ist der Beschluss des Senats vom 12.04.2011, der dem Kläger am 13.04.2011 zugestellt worden ist, inzwischen rechtskräftig, weil die einmonatige Frist zur Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde zum BSG (§ 160a Abs. 1 Satz 2 SGG), die die Rechtskraft gehemmt hätte (§ 160a Abs. 3 SGG), inzwischen verstrichen ist, ohne dass der Kläger Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt hat.
c) Jedoch hat der Kläger keinen denkbaren Nichtigkeits- oder Restitutionsgrund zulässigerweise geltend gemacht.
Soweit der Kläger rügt, der Beschluss des Senats vom 12.04.2011 beziehe sich auf “gefälschte Angaben„ der Beklagten, ist ein Restitutionsgrund nach § 580 Nr. 2 ZPO nicht ausreichend dargelegt. Der Kläger hätte insoweit eine konkrete Urkunde bezeichnen müssen, die angeblich gefälscht sei. Hinzu kommt, dass eine Restitutionsklage nach § 580 Nrn. 1 bis 5 ZPO nach § 581 ZPO nur dann zulässig ist, wenn die behauptete Urkundenfälschung in einem rechtskräftigen Strafurteil festgestellt worden ist ...