Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostentragung für Gutachten nach § 109 SGG
Leitsatz (amtlich)
Die Kostenentscheidung in einem Beschwerdeverfahren wegen der Ablehnung der Übernahme von Kosten eines nach § 109 SGG eingeholten Gutachtens ergeht in entsprechender Anwendung von § 193 SGG, wobei im Falle einer Kostenerstattung die Staatskasse die außergerichtlichen Kosten des Klägers in entsprechender Anwendung von § 46 OWiG i.V.m. § 467 StPO zu tragen hat (Festhalten an LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 30.07.2008, L 10 U 3522/08 KO-B, Abweichung zu LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 30.10.2008, L 11 R 3757/08 KO-B).
Tenor
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 15.11.2005 aufgehoben.
Die Kosten des vom Sozialgericht gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten Gutachtens nebst ergänzender Stellungnahme von Dr. Sch., Kornwestheim, werden auf die Staatskasse übernommen.
Die Staatskasse hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Gründe
Die nach §§ 172, 173 SGG form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig und begründet.
Nach § 109 SGG muss auf Antrag des Versicherten ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden, wobei die Anhörung davon abhängig gemacht werden kann, dass der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt. Über diese endgültige Kostentragungspflicht entscheidet das Gericht nach Ermessen. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens geht die Befugnis zur Ausübung des Ermessens in vollem Umfang auf das Beschwerdegericht über.
Bei seiner Ermessensentscheidung berücksichtigt der Senat, ob das Gutachten für die verfahrensbeendende gerichtliche Entscheidung wesentliche Bedeutung gewann. Dies bejaht der Senat insbesondere dann, wenn das Gutachten die Aufklärung des Sachverhalts objektiv förderte. Es muss sich, gemessen am Prozessziel und angesichts des Verfahrensausgangs, um einen wesentlichen Beitrag gehandelt haben.
Nach diesen Grundsätzen sind die Kosten des vom Sozialgericht nach § 109 SGG eingeholten Gutachtens von Dr. Sch. einschließlich der erstinstanzlich eingeholten ergänzenden Stellungnahme des genannten Sachverständigen auf die Staatskasse zu übernehmen. Wie sich aus dem Urteil des Senats vom 19.02.2009 im Hauptsacheverfahren L 10 U 4834/05 ergibt, haben nämlich das Gutachten und die ergänzende Stellungnahme die Aufklärung insbesondere zur Frage der Gangstörung des Klägers objektiv gefördert.
Die Kostenentscheidung beruht - hinsichtlich der Frage, ob eine Erstattung außergerichtlicher Kosten erfolgt - auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und - hinsichtlich der Frage, wer zu erstatten hat - auf einer entsprechenden Anwendung des § 46 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) i.V.m. § 467 der Strafprozessordnung (StPO).
An dieser bereits in seinem Beschluss vom 30.07.2008 (L 10 U 3522/08 KO-B m.w.N.) vertretenen Rechtsauffassung hält der Senat nach nochmaliger Prüfung fest. Der Gegenauffassung des 11. Senats des LSG Baden-Württemberg im Beschluss vom 30.10.2008, L 11 R 3757/08 KO-B, wonach eine Kostenerstattung analog § 67 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 66 Abs. 8 Satz 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) ausgeschlossen sei, folgt er nicht. Der 11. Senat meint, § 17 GKG enthalte mit seiner Regelung über die Vorschusspflicht für Auslagen in Verfahren nach § 197a SGG eine dem § 109 SGG für Verfahren nach § 183 SGG vergleichbare Regelung (Auslagenvorschuss) und weist darauf hin, dass das jeweilige Verfahren der Beschwerde für Fälle des § 197a SGG in § 67 GKG, für Fälle des § 109 SGG dagegen in den §§ 172 ff SGG geregelt ist. Die Folgerung des 11. Senats, § 193 SGG sei in den Fällen des § 183 SGG nicht anwendbar, trifft jedoch nicht zu. Das Gegenteil ist der Fall: Eben weil die Beschwerde in den Fällen des § 183 SGG nach den Regeln des SGG durchgeführt wird, gilt (anders als bei § 197a SGG mit seiner Verweisung auf die Kostenregelungen der Verwaltungsgerichtsordnung) § 193 SGG als für das sozialgerichtliche Verfahren maßgebende Regelung über die Kostenerstattung.
Die vom 11. Senat angestellte Überlegung, das SGG enthalte keine Vorschrift über die Kostentragungspflicht der Staatskasse und es handele sich bei der Kostenbeschwerde nach § 109 SGG um ein “parteieinseitiges„ Verfahren, ist zwar richtig, der hieraus gezogene Schluss, die Regelungen des GKG (einschließlich des Ausschlusses einer Kostenerstattung im Beschwerdeverfahren) seien sachnäher als jene des OWiG und der StPO, jedoch nicht. Denn die beschriebene Überlegung betrifft nicht die zuerst zu entscheidende Frage, ob eine Kostenerstattung stattfindet, sondern die erst im Anschluss daran zu beantwortende Frage nach dem Schuldner dieser Erstattungspflicht:
Gerade weil es sich um ein “parteieinseitiges„ Verfahren handelt, kommt nicht der Klagegegner als Schuldner in Betracht, was - ähnlich den Fällen der Ordnungsgeldbeschwerde (vgl. BFH, Beschluss vom 10.01.198...