Entscheidungsstichwort (Thema)
Asylbewerberleistung. Anspruchseinschränkung. Befristung auf sechs Monate
Leitsatz (amtlich)
Der Bescheid über eine erstmalige Anspruchseinschränkung ist gem § 14 Abs 1 AsylbLG zwingend auf sechs Monate zu befristen. Soll bei einer fortbestehenden Pflichtverletzung nach Ablauf der Frist von sechs Monaten die Anspruchseinschränkung fortgesetzt werden, hat die Verwaltung nach § 14 Abs 2 AsylbLG im konkreten Einzelfall zu prüfen, ob eine Anspruchseinschränkung aufrechterhalten werden kann, und kann ggf. durch einen neuen Bescheid eine weitere zeitlich befristete Anspruchseinschränkung verfügen.
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 18. April 2018 abgeändert.
Die aufschiebende Wirkung der beim Sozialgericht Karlsruhe anhängigen Klage S 5 AY 1157/18 gegen den Bescheid vom 10. Januar 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Februar 2018 betreffend die verfügte Anspruchseinschränkung nach § 1a Abs. 1 AsylbLG wird mit Wirkung ab 14. März 2018 angeordnet.
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, an den Antragsteller vorläufig Leistungen zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens in Höhe von 99,00 € für die Zeit vom 9. April 2018 bis zum 30. April 2018, in Höhe von monatlich 135,00 € für die Zeit vom 1. Mai 2018 bis zum 30. Juni 2018 sowie in Höhe von 45,00 € für die Zeit vom 1. Juli 2018 bis zum 10. Juli 2018, längstens bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, zu zahlen.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Der Antragsgegner hat dem Antragsteller 3/4 der außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.
Dem Antragsteller wird für das Beschwerdeverfahren ab 12. Juni 2018 Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsanordnung bewilligt und Rechtsanwalt H., K., beigeordnet.
Gründe
Die nach §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Beschwerde des Antragstellers hat in der Sache teilweise Erfolg.
1. Gegenstand des am 9. April 2018 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) anhängig gemachten einstweiligen Rechtsschutzverfahrens ist in der Sache das Begehren des Antragstellers auf vorläufige Gewährung von Grundleistungen nach § 3 Abs. 2 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) in Form von Geldleistungen ab 9. April 2018 (Anbringung des einstweiligen Rechtsschutzgesuchs beim SG), nachdem der Antragsgegner durch Bescheid vom 10. Januar 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Februar 2018 (Gegenstand des beim SG anhängigen Klageverfahrens S 5 AY 1157/18) für die Zeit ab 14. September 2017 eine Anspruchseinschränkung nach § 1a Abs. 1 AsylbLG verfügt hatte und seither lediglich Leistungen zur Deckung des notwendigen Bedarfs i.S. des § 3 Abs. 2 Satz 1 AsylbLG als Sachleistungen gewährt. Dafür, dass der Antragsteller Grundleistungen nach § 3 Abs. 2 AsylbLG für die Zeit vor Anbringung seines einstweiligen Rechtsschutzgesuchs, mithin für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum, geltend macht, liegen keine Anhaltspunkte vor. Vielmehr erstrebt er erkennbar die Sicherstellung seines gegenwärtigen Existenzminimums (vgl. Schriftsatz des Bevollmächtigten vom 11. April 2018: “nun erstmals Grundleistungen ... zu zahlen sind„), zumal Leistungen nach dem AsylbLG keine rentenähnlichen Dauerleistungen darstellen. Das SG hat mit dem angefochtenen Beschluss vom 18. April 2018 das einstweilige Rechtsschutzgesuch abgelehnt. Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde und begehrt in der Sache für die Zeit ab Anbringung seines einstweiligen Rechtsschutzgesuchs am 9. April 2018 die Gewährung von Grundleistungen nach § 3 Abs. 2 AsylbLG als Geldleistungen.
Die Beschwerde des Antragstellers hat im tenorierten Umfang Erfolg.
2. Das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist in § 86b SGG geregelt, und zwar für Anfechtungssachen in Abs. 1, für Vornahmesachen in Abs. 2. Gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache ferner, soweit nicht ein Fall des § 86b Abs. 1 SGG vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.). Nach § 86b Abs. 3 SGG sind die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 schon vor Klageerhebung zulässig.
3. Vorliegend kommt zunächst die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 10. Januar 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Februar 2018 nach § 86b Abs. 1 Satz...