Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss von Grundsicherungsleistungen für einen slowakischen Staatsangehörigen
Orientierungssatz
1. Die Berechtigung ausländischer Hilfebedürftiger zu Leistungen des SGB 2 wird durch die Qualität des Aufenthaltsrechts und die rechtliche Möglichkeit der Beschäftigungsaufnahme bestimmt.
2. Ein slowakischer Staatsangehöriger bedarf als Bürger eines der sog. MOE-Staaten für die Aufnahme einer Beschäftigung der Genehmigung der Bundesagentur für Arbeit. Ist eine solche nicht erteilt, so ist bei Unionsbürgern, die in ihrer Arbeitnehmerfreizügigkeit beschränkt sind, eine Arbeitsmarktprüfung vorzunehmen. Stehen in erheblichem Umfang bevorrechtigte Arbeitnehmer zur Verfügung, so bestehen keine realistischen Aussichten auf Erteilung einer Arbeitsgenehmigung-EU.
3. Die Ausstellung einer Freizügigkeitsbescheinigung nach § 5 FreizügG ändert hieran nichts. Infolgedessen ist ein slowakischer Staatsangehöriger als Bürger eines MOE-Staates derzeit vom Bezug von Leistungen des SGB 2 ausgeschlossen.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 4. November 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Der Antrag, dem Antragsteller für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. G. zu bewilligen, wird abgelehnt.
Gründe
Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg.
Die Beschwerde ist statthaft (§ 172 Sozialgerichtsgesetz [SGG]), frist- und formgerecht eingelegt (§ 173 SGG) und damit zulässig.
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht Stuttgart (SG) hat den Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung des Inhalts, den Antragsgegner zu verpflichten, ihm Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch -Grundsicherung für Arbeitssuchende- (SGB II) zu gewähren, zu Recht abgelehnt.
Prozessuale Grundlage des im vorläufigen Rechtsschutz verfolgten Anspruchs ist § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung als Regelungsanordnung setzt einen jeweils glaubhaft zu machenden (vgl. § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung [ZPO]) Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch voraus. Die Dringlichkeit einer die Hauptsache vorweg nehmenden Eilentscheidung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG (Anordnungsgrund) ist dann gegeben, wenn es dem Antragsteller nicht zuzumuten ist, bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten, weil ansonsten schwere, schlechthin unzumutbare Nachteile entstehen (st. Rspr. des Senats, vgl. Beschluss vom 25. November 2005, Az.: L 13 AS 4106/05 ER-B). Ein Anordnungsanspruch ist gegeben, wenn ein materiell- rechtlicher Anspruch auf die begehrte Leistung glaubhaft, d.h. überwiegend wahrscheinlich, gemacht ist (vgl. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO). In Anlegung dieser Maßstäbe hat der Antragsteller auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II setzt die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II u.a. voraus, dass der die Leistung Begehrende erwerbsfähig ist. Erwerbsfähig ist gemäß § 8 Abs. 1 SGB II, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung aus absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Ausländer können im Sinne des Absatz 1 nur erwerbstätig sein, wenn ihnen die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt ist oder erlaubt werden könnte (§ 8 Abs. 2 SGB II). Von Leistungen nach dem SGB II sind (daneben) gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 (BGBl. I 1970) u.a. Ausländer ausgenommen, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmer oder Selbständige noch auf Grund des § 2 Abs. 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts (Nr. 1) und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt (Nr. 2).
Die Leistungsberechtigung ausländischer Hilfebedürftiger wird hiernach durch die Qualität des Aufenthaltsrechts (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II) und die rechtliche Möglichkeit der Beschäftigungsaufnahme (§ 8 Abs. 2 SGB II) bestimmt.
Bereits letzteres, die rechtliche Möglichkeit einer Beschäftigungsaufnahme steht vorliegend einer Leistungsgewährung nach dem SGB II entgegen. Gemäß § 284 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch -Arbeitsförderung- (SGB III) in der Fassung des Gesetzes zur Anpassung von Rechtsvorschriften des Bundes infolge des Beitritts der Republik Bulgarien und Rumäniens zur Europäischen Union vom 7. Dezember 2006 (BGBl. I 2814) dürfen Staatsangehörige der Staaten, die nach dem Vertrag vom 16. April 2003 über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland...