Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Streitgegenstand. Arbeitslosengeld II. Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung. isolierte Antragstellung und Ablehnung während des laufenden Bewilligungsabschnitts. Begrenzung auf den Bewilligungsabschnitt. Prozesserklärungen. Unwirksamkeit bei fehlender Übernahme der Verantwortung für den Inhalt

 

Leitsatz (amtlich)

1. Entscheidet die Behörde über einen während eines laufenden Bewilligungsabschnitts gestellten "isolierten" Antrag auf Gewährung eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs 5 SGB 2, so handelt es sich in der Sache um die Entscheidung über eine Änderung des dem jeweiligen Bewilligungsabschnitt zugrundeliegenden Leistungsbewilligungsbescheides nach §§ 44, 45, 48 SGB 10.

2. Der Regelungsumfang eines solchen Bescheides erstreckt sich grds alleine auf den jeweils bei "Antragstellung" laufenden Bewilligungsabschnitt, soweit nicht die Verwaltung im Bescheid etwas abweichendes bestimmt hat.

3. Erklärt der Kläger, die Verantwortung für den Inhalt von Prozesshandlungen und -erklärungen nicht zu übernehmen, sind diese Prozesshandlungen bzw -erklärungen unwirksam.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 26. Februar 2009 wird als unzulässig verworfen.

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung für die Zeit ab dem 1. Mai 2007 bis 30. September 2007 streitig.

Der 1952 geborene, verheiratete Kläger ist russischer Staatsangehöriger. Er verfügt über eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis und lebt mit seiner Ehefrau seit dem Jahr 2000 in Deutschland. Seit August 2005 bezieht er von der Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach den §§ 19 ff SGB II. Im März 2006 machte er wegen einer Hyperlipidämie bei Adipositas einen Mehrbedarf nach § 21 Abs. 5 SGB II geltend, den die Beklagte ihm bis zum 31. März 2007 gewährte.

Für die Zeit vom 1. April 2007 bis 30. September 2007 (Bescheid vom 6. März 2007) bewilligte die Beklagte dem Kläger weiterhin laufende Leistungen nach den §§ 19 ff SGB II unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 5 SGB II (35,79 Euro). Mit Änderungsbescheid vom 23. April 2007 stellte die Beklagte die Leistungen des Klägers und seiner Ehefrau neu fest und bewilligte dem Kläger für April 2007 Leistungen unter Einschluss des Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 5 SGB II, verzichtete aber auf die Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für den Zeitraum vom 1. Mai 2007 bis zum 30. September 2009. Auch die später ergangenen Änderungsbescheide (Bescheide vom 2. Juni 2007, 30. August 2007, 7. November 2007; ein weiterer Bescheid vom 30. August 2007 betrifft den Zeitraum vom 1. Oktober 2007 bis zum 31. März 2008 sowie vom 1. April 2008 bis 30. September 2008, auch ohne Berücksichtigung eines Mehrbedarfs) berücksichtigten ab dem 1. Mai 2007 keinen Mehrbedarfszuschlag mehr.

Am 26. April 2007 legte der Kläger einen Antrag auf Gewährung des Mehrbedarfs vor, den die Beklagte mit Bescheid vom 30. August 2007 ablehnte.

Am 9. Mai 2007 erhob der Kläger Widerspruch gegen den Änderungsbescheid vom 23. April 2007 und machte einen Mehrbedarf geltend. Mit Widerspruch vom 4. September 2007 wandte sich der Kläger gegen die Nichtberücksichtigung des Mehrbedarfs im Änderungsbescheid vom 30. August 2007.

Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 15. Oktober 2007 den Widerspruch des Klägers (gegen den Änderungsbescheid vom 23. April 2007) zurück. Zur Begründung teilte sie mit, dem Kläger stehe ab dem 1. Mai 2007 kein Anspruch auf Mehrbedarf mehr zu.

Die hiergegen am 13. November 2007 beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhobene Klage hat das SG mit Urteil vom 26. Februar 2009, das dem Kläger am 18. März 2009 zugestellt wurde, abgewiesen. Dem Kläger stehe in der Sache kein Anspruch auf Gewährung des Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 5 SGB II zu. Das SG belehrte den Kläger über das Rechtsmittel der Berufung.

Gegen das Urteil des SG hat der Kläger am 12. April 2009 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) “Berufung„ eingelegt und die Gewährung von Prozesskostenhilfe beantragt. Er macht weiterhin einen Anspruch auf Gewährung des Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 5 SGB II geltend.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 26. Februar 2009 sowie die Bescheide der Beklagten vom 23. April 2007 und 30. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Oktober 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm einen Mehrbedarf nach § 21 Abs. 5 SGB II in Höhe von 35,79 Euro zu gewähren sowie ihm zur Durchführung des Verfahrens Prozesskostenhilfe zu gewähren.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Berichterstatter hat mit Schreiben vom 16. Februar 2010 darauf hingewiesen, dass die Berufung unzulässig sein dürfte, da nach der Rechtsprechung des Senats sich die Ablehnung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Er...

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