Entscheidungsstichwort (Thema)
Kranken- bzw Pflegeversicherung. freiwillige Mitgliedschaft. Berücksichtigung von Alters- sowie Kranken- und Pflegevorsorgeunterhaltsleistungen bei der Beitragsbemessung
Leitsatz (amtlich)
Alters- sowie Kranken- und Pflegevorsorgeunterhaltsleistungen gehören zum gesamten Lebensbedarf und sind deshalb bei freiwilligen Mitgliedern der Beitragsbemessung in der Kranken- und Pflegeversicherung zu Grunde zu legen.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 22. März 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung streitig, das heißt insbesondere, ob der Vorsorgeunterhalt als Einnahme zum Lebensunterhalt zu werten ist.
Die 1966 geborene Klägerin ist seit dem 25.10.1999 freiwilliges Mitglied der Beklagten. Durch gerichtlichen Vergleich vom 23.11.2000 beim Oberlandesgericht Stuttgart (Az.: 16 UF 316/00) verpflichtete sich ihr geschiedener Ehemann u.a., der Klägerin ab dem 01.11.2001 monatlich 2.500,-- DM Elementarunterhalt, 670,-- DM Altersvorsorgeunterhalt und 430,-- DM Kranken- und Pflegevorsorgeunterhalt zu gewähren.
Nachdem die Klägerin ihre Unterhaltsbezüge mitgeteilt hatte, berechnete die Beklagte mit Bescheid vom 10.12.2004 ihren Beitrag rückwirkend zum 01.06.2004 für die Kranken- und Pflegeversicherung neu, wobei als Berechnungsgrundlage 1.743,75 € angenommen wurden. Hieraus resultiere eine Beitragsforderung von 266,79 € (237,15 € Kranken- und 29,64 € Pflegeversicherung). Aus der Rückrechnung ergebe sich eine Nachzahlung von 456,85 €.
Mit ihrem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, für die Berechnung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge dürfe ausschließlich der Elementarunterhalt herangezogen werden. Die Beklagte sei an die unterhaltsrechtliche Ermittlung des Kranken- und Pflegeversicherungsbedarfs bei ihrer Beitragsfestsetzung gebunden. Sie könne daher die Beiträge nicht entgegen der unterhaltsrechtlichen Vorgaben anders ermitteln. Der Vorsorgeunterhalt sei mit den Versicherungsbeiträgen eines Nichtselbständigen gleichzusetzen, wobei die fiktiven Arbeitgeberbeiträge mit enthalten seien.
Mit Bescheid vom 10.05.2005 korrigierte die Beklagte die Berechnungsgrundlage basierend auf dem eingereichten Scheidungsvergleich auf eine Berechnungsgrundlage von 1.840,65 €, woraus ein monatlicher Beitrag ab April 2005 in Höhe von 276,10 € resultiere (244,81 € Kranken- und 31,29 € Pflegeversicherung). Der höhere Betrag müsse normalerweise rückwirkend ab dem 01.06.2004 berechnet werden. Die zu niedrige Beitragsbelastung resultiere aber aus einem Fehler im Berechnungsprogramm, so dass die laufenden Beiträge erst ab dem Fälligkeitsmonat April 2005 korrekt abgebucht würden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 08.07.2005 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, bei der Beitragsbemessung werde die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds zugrunde gelegt. Die Klägerin beziehe Unterhaltsleistungen in Höhe von insgesamt 1.840,65 € (Elementarunterhalt 1.278,29 €, Altersvorsorgeunterhalt 342,57 € und Kranken- und Pflegevorsorgeunterhalt 219,86 €). Hierbei werde der Kinderunterhalt nicht berücksichtigt. Die Vorsorgebeiträge seien ebenfalls beitragspflichtig. Dies habe das Bundessozialgericht (BSG) für die Übernahme der Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung durch das zuständige Sozialamt eines Sozialhilfeempfängers entschieden. Auch ein Arbeitnehmer (Nichtselbständiger) müsse zu allen Zweigen der Sozialversicherung aus seinem Bruttolohn Beiträge zur Sozialversicherung zahlen, wobei sich eventuelle steuerliche Abzüge nicht als Vergünstigung auswirkten. Die einzige Besonderheit bei der Klägerin bestehe darin, dass sie, da sie keinen Arbeitgeber besitze, keinen Anspruch auf den halben Beitrag (Arbeitgeberzuschuss) habe.
Mit ihrer dagegen beim Sozialgericht Konstanz (SG) erhobenen Klage machte die Klägerin geltend, es könne nicht sein, dass im Sozialrecht die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge anders berechnet würden als im Unterhaltsrecht. Außerdem sei der Vorsorgeunterhalt Teil des allgemeinen Lebensbedarfs und damit keine beitragspflichtige Einnahme.
Mit Urteil vom 22.03.2006, der klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 24.04.2006, wies das SG die Klage mit der Begründung ab, die Beklagte habe zu Recht den Altersvorsorgeunterhalt der Klägerin zusätzlich zu dem Elementarunterhalt als beitragspflichtig berücksichtigt. Selbst wenn ein Vorsorgeunterhalt zweckbestimmt geleistet werde, stehe er nämlich der Klägerin zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes zur Verfügung. Deswegen habe das BSG auch die Übernahme der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung durch den Sozialhilfeträger ebenfalls als beitragspflichtige Einnahmen zum Lebensunterhalt gewertet. Dass die Beitragspflicht aus Vorsorgeunterhalt rechtmäßig sei, werde auch dadurch bestätigt, dass b...